Planformen

Ist eine Fachplanung durch Bebauungsplan ausdrücklich zugelassen, so 4 stellt sich die Frage, ob die betreffenden Fachplanungen generell oder nur unter bestimmten Voraussetzungen durch Bebauungsplanung festgesetzt werden dürfen. Die überwiegende Meinung geht, soweit nicht die Gegebenheiten im 4 Einzelfall etwas anderes erfordern, von einem uneingeschränkten Wahlrecht aus. Eine hiervon abweichende Meinung will dagegen eine Planung durch Bebauungsplan dort nicht zulassen, wo eine Straße aufgrund ihrer Begriffsmerkmale und ihrer funktionalen Bedeutung nicht der städtebaulichen Gesamtplanung, sondern der überörtlichen Planung zuzuordnen sei. Damit wird jedoch der besondere Regelungswille und der entsprechenden Vorschriften in den Landesgesetzen in Frage gestellt und damit eine Fachplanung durch Bebauungsplan im Ergebnis ausgeschlossen. Aus rechtlicher Sicht ist daher am Prinzip der Wahlfreiheit festzuhalten.

Grundsatz der Erforderlichkeit als Maßstab - Geht man prinzipiell von der Wahlfreiheit aus, so stellt sich die weitere Frage, welche Planform im konkreten Fall gewählt werden kann. Dies ist, was die Bebauungsplanung betrifft, anhand des Erforderlichkeitsgrundsatzes nach § 1 Abs. 3 zu entscheiden. Hierbei sind die Unterschiede der Planformen und ihre Eignung zur Bewältigung der konkreten Probleme zu berücksichtigen. Die fachgesetzliche Planfeststellung erschöpft sich in der Festlegung einer Straßentrasse mit den zum Straßenbau erforderlichen Anlagen. Zwar muss sie auch städtebauliche und sonstige Belange und Verhältnisse in die fachplanerische Abwägung einbeziehen, ihr ist jedoch verwehrt, die Umgebung der geplanten Straße oder Anlage planerisch zu gestalten. Liegt die betreffende Straße im Außenbereich, wird dies in der Regel auch nicht erforderlich sein. Die gegebenenfalls erforderliche Einbindung der Straße in die Landschaft kann auch im Planfeststellungsverfahren vorgenommen werden. Bei der Planung von Straßen innerhalb geschlossener Ortslagen oder in der Nachbarschaft von Siedlungen oder sonstigen schutzbedürftigen Nutzungen ist es in vielen Fällen erforderlich, die Nachbarschaft in die Planung einzubeziehen, z.B. durch Aufhebung oder Änderung der vorhandenen Nutzung. Dies ist in der Weise möglich, dass entweder die straßenrechtliche Planfeststellung durch einen flankierenden Bebauungsplan der Gemeinde begleitet wird oder dass der gesamte Bereich einschließlich der Straße durch Bebauungsplan geplant wird. Die soeben dargestellte Problematik darf nicht - was häufig geschieht - mit der Frage verwechselt werden, ob im Bebauungsplan eine Straße isoliert festgesetzt werden kann. Bei dieser Frage geht es nicht um die Wahl der Planformen, sondern um die Abgrenzung des Geltungsbereichs für den Bebauungsplan, nachdem die Wahl zugunsten des Bebauungsplans als zweckmäßige Planform getroffen worden ist.

Zeitliche Rangfolgen der verschiedenen Planformen - Eine Planfeststellung durch Bebauungsplan ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn bereits ein bestandskräftiger Planfeststellungsbeschluss vorliegt. Dieser kann durch einen Bebauungsplan nicht ersetzt werden. Ausnahmsweise hat das BVerwG die Aufstellung eines Bebauungsplans für eine Alternativstraße zu einer bereits planfestgestellten Bundesstraße für zulässig gehalten, wenn wegen der Linienführung noch Streit besteht und deshalb eine Alternativplanung Aussicht auf Verwirklichung hat. Liegt eine Fachplanung durch Bebauungsplan vor, so ist ein nachfolgendes Planfeststellungsverfahren grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Das PBefG und die Straßengesetze lassen ausdrücklich eine ergänzende Planfeststellung zu. Nach den Straßengesetzen kann die nachfolgende Planfeststellung vom Bebauungsplan sogar abweichen. Einschränkungen ergeben sich aus § 7 und dem Gewicht des Bebauungsplans als Belang bei der fachplanerischen Abwägung. Soll ein Bebauungsplanverfahren gleichzeitig mit einem Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden, so ist die Erforderlichkeit nach § 1 Abs. 3 besonders sorgfältig zu prüfen. Es ist nicht ohne weiteres zu rechtfertigen, beide Planungsverfahren zugleich zu beginnen und gleichsam in einem Wettlauf durchzuführen. Etwas anderes gilt, wenn das betreffende Planfeststellungsverfahren abgebrochen oder zum Ruhen gebracht wird. Ein generelles Verbot für eine zum Planfeststellungsverfahren parallel laufende Bebauungsplanung besteht aber nicht. So kann ein derartiges Parallelverfahren z.B. dann sinnvoll sein, wenn planfestzustellende Straßen gemeindliche Straßen kreuzen. Werden die Planverfahren nebeneinander durchgeführt, so sind die 4 Wirkungen im Hinblick auf die Veränderungssperre unterschiedlich. Die straßenrechtliche Veränderungssperre oder nach den Straßengesetzen der Länder wird mit Auslegung der Planunterlagen im Planfeststellungsverfahren wirksam. Dagegen wird mit der Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens eine baurechtliche Veränderungssperre noch nicht automatisch ausgelöst; sie müsste gesondert erlassen werden und würde dann die straßenrechtliche Veränderungssperre überlagern.

Bebauungsplanrechtliche Besonderheiten der Fachplanung durch Bebauungsplan - Für die Fachplanung durch Bebauungsplan gelten grundsätzlich die materiellen und formellen Anforderungen des Bebauungsplan rechts; die Fachplanung ist hier den Regeln unterworfen, die auch sonst für Bebauungspläne maßgebend sind. Dies ist eine notwendige Folge davon, dass hier die Fachplanung in einer für sie fremden Planform vorgenommen wird. Die Auswirkungen dieser Regelung erscheinen auf den ersten Blick auch nicht gravierend, weil wesentliche Anforderungen beider Planformen einander angenähert worden sind. Die Rspr. hat wesentliche Grundsätze der Bauleitplanung, insbesondere zur Abwägung auf die Fachplanung übertragen und umgekehrt. Bei näherer Betrachtung zeigen sich Unterschiede, die in der Andersartigkeit der fachgesetzlichen Planfeststellung einerseits und der Bebauungsplanung andererseits begründet sind. Spezifische Eigenarten der fachgesetzlichen Planung bleiben auch dann erhalten, wenn die Fachplanung durch Bebauungsplan festgesetzt wird. Sie färben gleichsam auf den Bebauungsplan ab und verleihen den betreffenden Festsetzungen ein eigenes Aussehen. Der Bebauungsplan übernimmt insoweit - obwohl eigentlich ein Instrument der Gesamtplanung - Eigenarten der Projektplanung.

Anders als bei den autonomen Festsetzungen gehört bei den hier interessierenden Fachplanungen der Gegenstand der Planung nicht zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinden, sondern ist aus diesem herausgenommen. Die Gemeinde besitzt lediglich eine formelle Wahrnehmungszuständigkeit für die Planung; sie nimmt mit den Festsetzungen im Bebauungsplan fremde Aufgaben wahr. Hieraus folgt eine Einschränkung des Planungsermessens. Während die Gemeinde bei autonomen Planungen selbst schöpferisch und gestaltend tätig wird, ist sie bei der Fachplanung durch Bebauungsplan mehr auf die Funktion einer Prüfungsinstanz für vorgelegte Planentwürfe beschränkt, die vom Träger der Straßenbaulast vorbereitet oder mit ihm abgestimmt worden sind. Ihre Funktion entspricht insoweit der der Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsverfahren. Das Gewicht der für den Straßenbau zuständigen Baulastträger geht über das eines Trägers öffentlicher Belange im Normalfall hinaus. Die Ersetzung der Planfeststellung durch Bebauungsplan kann im Regelfall nur im Einvernehmen mit dem Träger der Straßenbaulast bzw. nur unter dessen Mitwirkung erfolgen. Die Gemeinde ist bei der Planung von Bundesstraßen durch Bebauungsplan auch an die Planungs- und Trassenentscheidung des Bundesministers für Verkehr gebunden; diese ist nur entbehrlich, wenn die Trasse im Flächennutzungsplan dargestellt ist und der Bundesminister dem Plan zugestimmt hat. Die Fachplanung durch Bebauungsplan bezieht ihre erforderliche Rechtfertigung in erster Linie aus fachspezifischen Gesichtspunkten, nicht so sehr dagegen aus städtebaulichen Erwägungen. Die Planung von klassifizierten Straßen bedarf nach den vom BVerwG entwickelten Grundsätzen einer auch vor Art. 14 GG standhaltenden Rechtfertigung. Eine straßenrechtliche Planung für eine Bundesstraße ist hiernach dann gerechtfertigt, wenn für das mit ihr beabsichtigte Vorhaben nach Maßgabe der vom Bundesfernstraßengesetz allgemein verfolgten Ziele ein Bedürfnis besteht, die mit ihr geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also objektiv erforderlich ist. Die Erforderlichkeit setzt nicht voraus, dass das Vorhaben unausweichlich ist; es reicht aus, wenn es vernünftigerweise geboten ist.

Als Gründe für die Planung klassifizierter Straßen sind von der Rspr. anerkannt worden:

- Verbesserung der Verkehrsverbindungen;

- verkehrsmäßige Erschließung eines unterentwickelten Raumes;

- Vervollständigung des Netzes von Bundesstraßen;

- Lenkung und Beeinflussung der Verkehrsströme;

- Beseitigung von Gefahrenquellen;

- Aufhebung von schienengleichen Bahnübergängen;

- Entlastung der innerörtlichen Verkehrsverhältnisse.

Nur ein Teil dieser Gründe ist auch städtebaulicher Art i. S. von § 1 Abs. 3. Dennoch können sie zur Rechtfertigung einer Fachplanung von Straßen im Bebauungsplan herangezogen werden.