positiven Vertragsverletzung
Auch beim Mietvertrag bleibt es grundsätzlich dabei, dass der Mieter, der aus einer positiven Vertragsverletzung des Vermieters Schadensersatzansprüche herleitet, die Beweislast für die Ursächlichkeit der behaupteten Pflichtwidrigkeit des Vermieters trägt und dieser sich nur hinsichtlich seines Verschuldens entlasten muss (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 16.10. 1963 - VIII ZR 28/62 = LM § 536 BGB Nr. 6a).
Zum Sachverhalt: Mit Vertrag vom März 1970 vermietete der Erst- beklagte der Firma E den Mittelteil und den nördlichen Teil seiner Garage zur Lagerung von Baumwolle. Der südliche Teil der Garage war als Werkstatt eingerichtet, die der Beklagte zu 1 benutzte. Werkstatt und Mittelteil der Ga- rage waren durch keine Trennwand, sondern nur durch Pfeiler getrennt. An die von der Firma E in den ihr vermieteten Teilen der Garage eingelagerten Baumwollballen, die mit Zwischenräumen von 10 cm bis zu 3,70 m hoch gestapelt waren, waren als Abgrenzung zur Werkstatt Pressholzplatten angelegt, welche die Baumwolle aber nicht in der gesamten Höhe abdeckten. Bei einem Brand im Juli 1970 wurden in der Garage eingelagerte 639 Ballen Baumwolle vernichtet. Den Gesamtschaden der Firma E erstattete ihr die Kläger als ihr Versicherer. Mit der Klage fordert die Kläger die Hälfte des von ihr an die Firma E gezahlten Entschädigungsbetrages mit der Begründung, ihre Versicherungsnehmerin habe unter Berücksichtigung des ihr anzulastenden Mitverschuldens einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte in Höhe der Hälfte des Gesamtschadens erworben, der auf sie nach § 67 VVG übergegangen sei. Sie rechtfertigt ihre Forderung mit der Behauptung, der Brand sei entweder dadurch entstanden, dass Funken der Schleifhexe, die der Drittbeklagte benutzte, als er an der Werkbank der Werkstatt in einen 2,20 m von der Baumwolle entfernten Schraubstock eingespannte Rohre und Rundeisen für das Plangestell eines Lkw-Anhängers des Erstbeklagte herrichtete, auf die Baumwolle gesprüht seien, oder dadurch, dass der Drittbeklagte oder der Zweitbeklagte beim Rauchen Zigarettenstummel achtlos weggeworfen hätten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Auch die Revision der Kläger hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: 1. Das Berufungsgericht meint, die Beklagte hätten für den der Firma E entstandenen Schaden nicht einzustehen. Der Erstbeklagte hafte weder aus dem Mietvertrag noch aus unerlaubter Handlung. Auch wenn man ihm als Pflichtverletzung anlasten wolle, die Arbeiten mit der Schleifhexe und das Rauchen in der Werkstatt nicht unterbunden zu haben, könne seine Schadensersatzpflicht nicht festgestellt werden. Die Kläger habe nämlich den ihr obliegenden Nachweis der Ursächlichkeit zwischen Pflichtwidrigkeit und Schaden nicht erbracht. Der Beweis des ersten Anscheins spreche nicht dafür, dass der Brand auf den Gebrauch der Schleifhexe oder das Rauchen in der Werkstatt zurückzuführen sei. Eine Beweislastumkehr sei nicht gerechtfertigt. § 282 BGB sei nur bei der sich hier nicht stellenden Frage des Verschuldens anwendbar. Auch gegen den Zweitbeklagte und den Drittbekl., gegen die eine Haftung nur aus unerlaubter Handlung in Betracht kommen könne, sei die Klage nicht begründet, weil nicht bewiesen sei, dass sie den Brand verursacht hätten.
2. a) Der Beweis des ersten Anscheins greift nur bei typischen Geschehensabläufen ein, d. h. in den Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand feststeht, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist (vgl. Stein-Jonas-Schumann-Leipold, ZPO, 19. Aufl., § 282 Anm. IV 7a aa; Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO, 35. Aufl., Anh. § 282 Anm. 3 B je m. Nachw. aus der Rspr. des BGH). Wer bei solcher Sachlage einen vom gewöhnlichen Verlauf abweichenden Geschehensablauf behauptet, hat Tatsachen darzutun und zu beweisen, aus denen sich die Möglichkeit eines anderen als des erfahrungsgemäßen Verlaufs ergibt. Gelingt der Beweis für eine solche ernsthafte Möglichkeit, dann ist für den Anscheinsbeweis kein Raum mehr und der Beweispflichtige muss den ihm obliegenden Beweis in anderer Weise führen (BGHZ 8, 239 [240] = LM § 286 [C] ZPO Nr. 8 = NJW 1953, 584 m. Nachw.). Das hat das Berufungsgericht nicht verkannt.
b) Mit Recht hat das Berufungsgericht aus dem Umstand, dass der Zweitbeklagte und der Drittbeklagte in der Werkstatt geraucht haben, einen Anscheinsbeweis für das Entstehen des Brandes nicht hergeleitet. Allerdings kann in diesem Verhalten der Beklagte möglicherweise in Verstoß gegen § 8 I Nr. 1 der Bayerischen Landesverordnung über die Verhütung von Bränden vom 21. 4. 1961 (BayGVB1 S. 136) i. d. F. der Verordnung vom 16. 12. 1971 (BayGVB1 S. 516) gesehen werden, wonach das Rauchen u. a. an Orten, an denen leicht entzündbare Stoffe gelagert werden, verboten ist. Der BGH hat für den Fall der Verletzung von Brandverhütungsvorschriften, die den Ausschluß einer bestimmten Gefahr bezwecken, die Auffassung vertreten, es spreche eine Vermutung dafür, dass die Verletzung der Vorschrift ursächlich für die Entstehung des Brandes gewesen sei (vgl. BGH, VersR 1963, 835 = BB 1963, 536; für den Fall der Verletzung von Unfallverhütungsvorschriften vgl. BGH, VersR 1961, 160). Die Kläger lastet den Beklagten als Ursache für den Brand aber nicht das Rauchen als solches, sondern das Wegwerfen brennender Zigarettenstummel und damit eine Verletzung des § 8 II der Bayerischen Landesverordnung über die Verhütung von Bränden an, wonach brennende Zigarren oder Zigaretten oder Pfeifenglut nicht so weggelegt oder weggeworfen werden dürfen, dass eine Brandgefahr entstehen kann. Nicht die Übertretung des Rauchverbots, sondern die Verletzung des § 8 II der Bayerischen Landesverordnung über die Verhütung von Bränden ist deshalb nach dem Vorbringen der Kläger der Anknüpfungspunkt, der für einen Anscheinsbeweis in Betracht kommen könnte. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift ist aber nicht festgestellt. Unstreitig waren an die Baumwollballen Pressholzplatten angelegt, die diese gegen die Werkstatt abgrenzten. Aus dem Zusammenhang der Ausführungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass weggeworfene Zigarettenstummel einen Brand nur unter der Voraussetzung verursachen konnten, dass sie über die Abgrenzung hinaus in die Baumwolle hineingeworfen wurden. Das der Zweitbeklagte oder der Drittbeklagte das getan haben, ist aber nicht festgestellt.
c) Ohne Erfolg rügt die Revision, dass das Berufungsgericht angenommen hat, der Beweis des ersten Anscheins spreche auch nicht dafür, dass der Brand durch die Arbeiten mit der Schleifhexe verursacht wurde.
aa) Eine Vorschrift, welche die Verwendung von Schleifhexen unter bestimmten Voraussetzungen verbieten würde, enthält die Bayerische Landesverordnung über die Verhütung von Bränden nicht. § 13 dieser Verordnung erfasst nur Schneidbrenner, Schweiß- und Lötgeräte und damit Werk- zeuge, die wegen des hohen Hitzegrades, der bei ihrer Anwendung erreicht wird, Schleifhexen nicht gleichgestellt werden können.
bb) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Würdigung der Tatumstände ist möglich und ist deshalb vom RevGer. hinzunehmen. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht einen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang zwischen den Arbeiten des Drittbeklagte und dem Brand verneint und deshalb annimmt, es entspreche nicht der Lebenserfahrung, dass das Arbeiten mit der Schleifhexe als Brandursache anzusehen sei. Es durfte dabei, ohne dass ein Rechtsverstoß angenommen werden könnte, insbesondere darauf abstellen, dass der Brand 10 bis 12 m entfernt von der Stelle ausgebrochen war, an der der Drittbeklagte die Schleifhexe verwendete. Bei dieser Sachlage ist auch seine Annahme nicht zu beanstanden, dass andere Brandursachen, insbesondere Brandstiftung, nicht ausgeschlossen werden können.
3. Hier ist auch eine aus § 282 BGB abzuleitende Umkehr der Beweislast entgegen der Meinung der Revision nicht gerechtfertigt. Eine solche könnte im Verhältnis zwischen der Kläger und dem Erstbeklagte unter der Voraussetzung in Betracht kommen, dass er als Vermieter es objektiv pflichtwidrig unterlassen hat, die Benutzung der Schleifhexe in der Werkstatt und das Wegwerfen von Zigarettenstummeln zu unterbinden.
a) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass der Anspruchsteller, der wie hier aus positiver Vertragsverletzung einen Schadensersatzanspruch herleitet, grundsätzlich nicht nur die Pflichtverletzung, sondern auch deren Ursächlichkeit für den Schadenseintritt zu beweisen hat (vgl. BGHZ 61, 118 [120] = LM § 282 BGB Nr. 20 = NJW 1973, 1688; BGH, LM § 282 BGB Nr. 18 = MDR 1969, 652; RGRK, 12. Aufl., § 276 Rdnr. 144). Erst wenn die Ursächlichkeit bewiesen ist, greift für die Verschuldensfrage die analog anzuwendende Regelung des § 282 BGB ein unter der Voraussetzung, dass die Schadensursache aus einem Gefahrenbereich hervorgegangen ist, für den der in Anspruch Genommene im Zweifel die Verantwortung trägt (vgl. BGHZ 61, 118 [120] = LM § 282 BGB Nr. 20 = NJW 1973, 1688; BGH, LM § 282 BGB Nr. 18). Eine Umkehr der Beweislast für die Ursächlichkeit wird allerdings angenommen, wenn ein Arzt einen groben Behandlungsfehler begangen hat, der geeignet war, einen Schaden herbeizuführen, wie er tatsächlich eingetreten ist, oder wenn sonstige Berufspflichten grob verletzt werden, die ähnlich wie beim Arztberuf auf die Bewahrung anderer vor Gefahren für Körper und Gesundheit gerichtet sind (vgl. die in BGHZ 61, 118 [120, 121] = LM § 282 BGB Nr. 20, zitierten BGH-Urteile). Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt hier aber nicht vor. Der I. Zivilsenat hat allerdings in seinem Urteil vom 18. 12. 1968 (NJW 1968, 2240 = WM 1968, 1251= LM § 282 BGB Nr. 16) die Auffassung vertreten, bei Dienst-, Werk-, Gastaufnahme- und Mietverträgen sei dem in Anspruch Genommenen, wenn die Schadensursache in seinem Gefahrenbereich liege, die Beweislast auch dafür aufzubürden, dass sein vertragswidriges Verhalten den Schaden nicht verursacht habe. Es handelte sich dort aber, worauf bereits der HL Zivilsenat in seinem Urteil vom 13. 2. 1969 (LM § 282 BGB Nr. 18) hingewiesen hat, um einen besonders gelagerten Fall, in dem überdies der Beweis des ursächlichen Zusammenhangs nach den Regeln des Anscheinsbeweises als erbracht angesehen werden konnte. Das Urteil des erkennenden Senats vom 16. 10. 1963 (NJW 1964, 33 = LM § 536 BGB Nr. 6a = WM 1964, 1327) hält an dem Grundsatz, dass für die Frage der Ursächlichkeit eine Umkehr der Beweislast im allgemeinen nicht anzunehmen ist, fest. Auch in dem dort entschiedenen Fall lagen aber Besonderheiten vor, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen. Dort stand nämlich fest, dass die Gefahr für die Beschädigung der Mietsache aus einem dem Einblick und der Einwirkungsmöglichkeit des Mieters entzogenen Gefahrenbereich kam, für den der Vermieter einzustehen hatte. Hier hatte der Mieter, der die Gefahren kannte, welche die Lagerung der Baumwolle neben der praktisch nicht abgegrenzten Werkstatt mit sich brachte, aber sowohl eine Einwirkungsmöglichkeit als auch Einblicksmöglichkeiten. Er hätte den Abschluss des Mietvertrages ohne Zusicherung ausreichender Schutzmaßnahmen ablehnen können. Er wusste auch, dass in der Werkstatt Arbeiten vorgenommen wurden, die eine Gefährdung der Baumwolle mit sich brachten. Hier besteht deshalb kein Anlass, von dem Grundsatz abzuweichen, dass der Mieter außer der (objektiven) Pflichtverletzung auch deren Ursächlichkeit für den Schaden zu beweisen hat.
b) Bei dieser Sachlage kann es dahingestellt bleiben, ob nicht angesichts der Kenntnis der Mieterin von der Gefährdung des eingelagerten Gutes die Annahme gerechtfertigt wäre, dass die Obhutspflichten des Vermieters abbedungen worden sind oder jedenfalls die Haftung des Vermieters wegen Verletzung solcher Pflichten dahin eingeschränkt worden ist, dass er nur für nachgewiesenes Verschulden einzutreten hat.