Prospekthaftung

Zur Abgrenzung der Prospekthaftung von der allgemeinen Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen.

Zum Sachverhalt: Die Kläger sind Kommanditisten der G-KG, einer Publikumsgesellschaft mit mehr als 450 Kommanditisten und einem Kommanditkapital von über 30 Mio. DM. Die Kläger übernahm durch Beitrittserklärung vom 18. 6. 1971 eine Einlage von 300000 DM, der Kläger durch Beitrittserklärungen vom 14. 5. und 9. 6. 1971 Einlagen von 550000 DM und 150000 DM. Beide zahlten diese Beiträge und ein Agio von 5%. Mit der Begründung, sie seien durch unrichtige Prospektangaben, für die der Beklagten verantwortlich sei, zum Beitritt veranlasst worden, machen sie gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche von zunächst 120000 DM und 35000 DM geltend. Der Beklagten bestreitet seine Verantwortlichkeit und erhebt die Einrede der Verjährung.

Die Vorinstanzen haben den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: Das Berufsgericht hält den Beklagten wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen zum Ersatz des geltend gemachten Schadens verpflichtet.

Der dem Beitritt der Kläger zugrunde liegende Emissionsprospekt sei in wesentlichen Punkten falsch gewesen. Hierfür habe der Beklagten gegenüber den Kläger einzustehen. Er sei an der Gestaltung des Projekts Kurhotel W - auf dessen Bau und Betrieb die G-KG gerichtet war - in entscheidender Weise beteiligt gewesen und habe demgemäß auch die Geschicke der Gesellschaft selbst wesentlich mitbestimmt. An der Entstehung und Gestaltung des Emissionsprospekts habe er mitgewirkt, dieser sei auch mit seiner Kenntnis und Zustimmung in Verkehr gebracht worden. Die von dem Beklagten erhobene Einrede der Verjährung weist das Berufsgericht mit der Begründung zurück, es handle sich um einen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss, der der regelmäßigen Verjährungsfrist von 30Jahren unterliege.

Die Revision wendet sich dagegen, dass das Berufsgericht die Verjährungseinrede des Beklagten zurückgewiesen hat. Sie hat damit Erfolg.

Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen verjähren zwar grundsätzlich in 30 Jahren. Nach den Feststellungen des Berufsgerichts kommt jedoch keine Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen, sondern nach den Grundsätzen in Betracht, die der erkennende Senat zur bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung aufgestellt hat. Für die Prospekthaftung - die nicht an persönliches, sondern an typisiertes Vertrauen anknüpft - hat der erkennende Senat in seinem nach Erlass des Berufungsurteil ergangenen Urteil vom 22. 3. 1982 in Anlehnung an die gesetzlich geregelte Haftung für unrichtige Prospekte ausgesprochen, dass die daraus abgeleiteten Ansprüche in einer kürzeren Frist verjähren. Aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen haftet allerdings nicht nur, wer Vertragspartner ist oder werden soll, sondern auch ein für ihn auftretender Vertreter oder Beauftragter, sofern er für seine Person Vertrauen in Anspruch genommen und die Vertragsverhandlungen beeinflusst hat. Eine Haftung unter diesem Blickpunkt scheidet hier schon deshalb aus, weil der Beklagten die Kläger nicht persönlich geworben hat und auch sonst nicht - unmittelbar oder mittelbar - an den Verhandlungen beteiligt war, die zum Eintritt der Kläger in die G-KG geführt haben. Er ist demgemäß nicht mit einem persönlichen Anspruch auf Vertrauen hervorgetreten.

Der Senat zitiert die vom Berufsgericht getroffenen Feststellungen und führt sodann unter 2 aus: All das spricht nur dafür, dass der Beklagten unter dem Blickpunkt der Prospekthaftung zum Ersatz des den Kläger entstandenen Schadens verpflichtet ist.

Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats begründet die auf dem freien Kapitalmarkt erfolgende Werbung von Kommanditisten durch unrichtige, unvollständige oder irreführende Emmissionsprospekte eine Haftung für die Initiatoren, Gründer und Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Management bilden oder beherrschen, und für die Personen, die hinter der Anlagegesellschaft und ihrer Komplementär-GmbH stehen und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss ausüben und deshalb Mitverantwortung tragen. Diese Voraussetzungen, die das Berufsgericht ersichtlich auch allein feststellen wollte, sind hier gegeben.

Dagegen kann den Feststellungen des Berufsgericht nichts dafür entnommen werden, dass die Voraussetzungen vorliegen, die nach der hergebrachten Rechtsprechung zum Verschulden bei Vertragsverhandlungen einen Anspruch gegen den Beklagten begründen können..

Scheidet sonach eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen aus und kommt nur die Prospekthaftung in Betracht, so sind hinsichtlich der von dem Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung die Grundsätze anzuwenden, die der erkennende Senat in seinem Urteil vom 22. 3. 1982 ausgesprochen hat. Prospekthaftungsansprüche verjähren danach in 6 Monaten seit dem Zeitpunkt, in dem der Gesellschafter von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts Kenntnis erlangt, spätestens jedoch in 3Jahren seit dem Beitritt zur Gesellschaft.

Bei Zugrundelegung der Feststellungen des Berufsgerichts bedeutet dies, dass die Einrede der Verjährung durchgreift. Die Kläger ist durch Erklärung vom 18. 6. 1971 der GAG beigetreten, hat aber erst im Jahre 1976 einen Zahlungsbefehl erwirkt und im Jahre 1979 Klage erhoben. Der Kläger ist am 14./ 18. 5. 1971 der GAG beigetreten und hat durch Beitrittserklärung vom 9. 6. 1971 seine Kommanditeinlage um 150000 DM erhöht; seine dem Beklagten am 25. 6. 1974 zugestellte Klageschrift vom 7. 6. 1974 ist jedoch erst am 11. 6. 1974 bei Gericht eingereicht worden.

Eine abschließende Entscheidung ist dem erkennenden Senat verwehrt, weil die Kläger ihren Anspruch auch auf unerlaubte Handlung gestützt haben, die anderen Verjährungsgrundsätzen unterliegt; das Landgericht hat ihn im Falle des Kläger unter diesem Gesichtspunkt auch zugesprochen. Außerdem müssen die Kläger in die Lage versetzt werden, ihr Vorbringen unter dem Gesichtspunkt der Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen zu ergänzen; sie haben ihren Sachvortrag vor dem Berufsgericht an den bis dahin geltenden Grundsätzen ausgerichtet, dass Prospekthaftungsansprüche in gleicher Weise verjähren wie Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufsgericht zurückzuverweisen. Bei der erneuten Verhandlung wird der Kläger gegebenenfalls Gelegenheit haben darzutun, dass jedenfalls der am 9. 6. 1971 erklärte Beitritt erst später wirksam geworden ist und deshalb der Prospekthaftungsanspruch wegen der Erhöhung seiner Einlage bei Einreichung der Klageschrift am 11. 6. 1974 noch nicht verjährt war.