Prozessvergleich

Zum Sachverhalt: Die Parteien streiten um die Abänderung eines Prozessvergleichs über den nachehelichen Unterhalt. In diesem Vergleich, den die Parteien am 12. 6. 1979 im Zuge des Verbundverfahrens über die Scheidung ihrer Ehe schlossen, verpflichtete sich der Kläger, ab Rechtskraft der Scheidung einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 470 DM an die Beklagte zu entrichten. Dabei gingen die Parteien von einem monatlichen Nettoverdienst des Klägers von 1700 DM aus. Durch Urteil vom 26. 6. 1979 wurde die Ehe der Parteien geschieden. Zugleich wurde die elterliche Sorge für die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder A und S auf den Kläger und für K auf die Beklagte übertragen. Dieser wurde außerdem die elterliche Sorge für die während der Ehezeit geborenen Kinder I und J zugesprochen, die jedoch nicht vom Kläger abstammen. Ihre Nichtehelichkeit wurde durch ein seit 28. 12. 1979 rechtskräftigen Urteil festgestellt. Vater dieser Kinder ist der Gastwirt H, mit dem die Beklagte seit Anfang 1979 zusammenlebt. Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger den Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung aus dem Prozessvergleich begehrt. Das AG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht den Prozessvergleich dahin geändert, dass der Kläger ab April 1980 nur noch 200 DM Unterhalt monatlich an die Beklagte zu zahlen hat.

Die - zugelassene - Revision der Kläger hatte Erfolg.

Aus den Gründen: Das Rechtsmittel führt - im Umfang der Anfechtung - zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht

Das Oberlandesgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Parteien in dem Prozessvergleich vom 12. 6. 1979 den auf § 1570 BGB beruhenden Unterhaltsanspruch der Beklagte vertraglich ausgestaltet haben, ohne dass er dadurch die Eigenschaft eines gesetzlichen Anspruchs verloren hat.

Das Berufungsgericht hat eine wesentliche Veränderung der für die Vereinbarung maßgeblichen Verhältnisse in einer Verringerung des zu berücksichtigenden Unterhaltsbedarfs der Beklagte gesehen. Es hat ausgeführt, seitdem im Dezember 1979 die Nichtehelichkeit der beiden Kinder I und J festgestellt worden sei, könne sich die Beklagte nicht mehr darauf berufen, dass sie wegen der Erziehung dreier gemeinschaftlicher Kinder keiner Erwerbstätigkeit nachgehen könne. Die Betreuung der bereits 15 Jahre alten K hindere sie nicht daran, einen Teil ihres Lebensunterhalts selbst zu verdienen. Im Verhältnis zum Kläger müsse ihr zugemutet werden, eine Halbtagsbeschäftigung anzunehmen. Eine solche Tätigkeit, die die erst 35jährige Beklagte auch finden könne, ermögliche es ihr, monatlich 600 DM netto zu verdienen. Damit schulde ihr der Kläger nur noch einen Unterhaltsbetrag in Höhe der Differenz zwischen diesem Verdienst und ihrem mit 800 DM monatlich anzunehmenden Mindestbedarf. Diesen Betrag sei der Kläger auch zu leisten imstande. Zwar verbleibe ihm nach Abzug des Unterhalts für die Beklagte und die drei gemeinschaftlichen Kinder nur noch ein Betrag von rund 980 DM, der ebenso wie der der Beklagte zur Verfügung stehende Unterhaltsbetrag von 800 DM unter dem angemessenen Bedarf liege. Das entspreche jedoch der im Vergleich vom 12. 6. 1979 getroffenen Regelung, nach der beide Parteien erheblich weniger als den angemessenen Unterhalt zur Verfügung gehabt hätten.

Gegen diese Beurteilung bestehen Bedenken.

Das Berufungsgericht hat die Abänderung vorgenommen, ohne der Frage näher zu treten, ob die Erwerbstätigkeit, welcher der - bisher offensichtlich nicht wieder verheiratete - Kläger neben der Betreuung der bei ihm lebenden, im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung 8 und 13 Jahre alten gemeinschaftlichen Kinder nachgeht, über das unterhaltsrechtlich gebotene Maß des Arbeitseinsatzes hinausgeht. Von der Beantwortung dieser Frage hängt indessen ab, ob das Erwerbseinkommen des Klägers ohne weiteres in vollem Umfang berücksichtigt werden kann oder ob die Anrechnung - wie bei Einkünften des Unterhaltspflichtigen aus unzumutbarer Tätigkeit geboten - hinsichtlich des Mehreinkommens nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu erfolgen hat.

Der Prüfung dieser Frage war das Berufungsgericht nicht dadurch enthoben, dass die Parteien das Einkommen des Klägers im Prozessvergleich vom 12. 6. 1979 in voller Höhe der Unterhaltsbestimmung zugrunde gelegt hatten. Allerdings ist für die Neubemessung des Unterhalts im Rahmen der Abänderungsentscheidung der in dem abzuändernden gerichtlichen Vergleich zum Ausdruck kommende Wille der Parteien weiterhin verbindlich. Im vorliegenden Fall lässt sich indessen ein Parteiwille, der die uneingeschränkte Anrechnung des Erwerbseinkommens des Klägers generell vorsähe, weder dem Inhalt des Vergleichs noch den sonstigen bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts entnehmen. Wie es zutreffend angenommen hat, konnte sich die Beklagte bei Vergleichsabschluss darauf berufen, drei eheliche Kinder versorgen zu müssen, von denen sich zwei noch im Kleinkindesalter befanden. Zwar war zwischen den Parteien außer Streit, dass das jüngste Kind nicht vom Kläger abstammte; dennoch war rechtlich unsicher, ob sich die Beklagte für ihr auf § 1570 BGB gestütztes Unterhaltsverlangen nicht auch auf die Betreuung dieses Kindes berufen konnte, solange dessen Ehelichkeit nicht erfolgreich angefochten war. Damit musste es von vornherein wenig aussichtsreich erscheinen, die Beklagte auf eigene Erwerbseinkünfte zu verweisen. Unter diesen Umständen kann aus der Tatsache, dass die Parteien der damaligen Unterhaltsregelung das volle Einkommen des Klägers zugrunde gelegt haben, nicht auf ein Übereinkommen geschlossen werden, auch bei späteren Unterhaltsbemessungen, insbesondere bei einer Abänderung, die durch den Eintritt einer Erwerbsobliegenheit der Beklagte veranlasst würde, ohne Rücksicht auf den Umfang der unterhaltsrechtlichen Erwerbsobliegenheit des Klägers weiterhin von dem uneingeschränkten Einsatz seines Erwerbseinkommens auszugehen. Damit kann nach dem bisher feststehenden Sachverhalt nicht ausgeschlossen werden, dass die Frage, ob und inwieweit es sich bei den Einkünften des Klägers um solche aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit handelt, im vorliegenden Abänderungsverfahren uneingeschränkt und ohne eine Bindung durch den Prozessvergleich zur Prüfung steht.