Rechtsanwaltskosten

Zur Frage der Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten für eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung im Namen eines Fachverbandes.

Zum Sachverhalt: Der Kläger ist ein Verband zur Förderung der gewerblichen Interessen des Sportartikelfachhandels mit etwa 950 Mitgliedern. Er befasst sich vorwiegend mit der betriebswirtschaftlichen Beratung seiner Mitgliedsfirmen sowie der Organisation von Fortbildungsveranstaltungen und vertritt die politischen Interessen des Sportartikeleinzelhandels. Er unterhält in M. und W. je eine Geschäftsstelle; juristisch geschulte Fachkräfte, insbesondere auf das Wettbewerbsrecht spezialisierte Mitarbeiter, sind bei ihm nicht angestellt. Der Kläger verfolgt auch Wettbewerbsverstöße; in den Jahren 1980 und 1981 hat er unter Einschaltung von Rechtsanwälten jährlich etwa 260 Wettbewerbsverstöße abmahnen und in 25% der Fälle gerichtliche Verfahren einleiten lassen. Die Beklagte, die den Einzelhandel mit Sportartikeln betreibt, hatte in einem Zeitungsinserat vom 6. 8. 1980 für bestimmte Skier und Ski-Bindungen geworben, ohne auf die Tatsache hinzuweisen, dass es sich um Modelle einer ausgelaufenen Kollektion handelte. Wegen dieser Werbung ließ der Kläger die Beklagte durch seine Rechtsanwälte abmahnen. Die Beklagte gab daraufhin eine - inhaltlich modifizierte - strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, die der Kläger annahm. Der Kt verlangte von der Beklagte die Erstattung der ihm durch die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten von 838,69 DM; die Beklagte weigerte sich, diese Kosten zu zahlen. Mit der Klage verlangte der Kläger die Bezahlung der Anwaltskosten.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Sprungrevision der Beklagte hatte Erfolg.

Aus den Gründen: I. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Kläger könne die Rechtsanwaltskosten für die begründete und erfolgreiche Abmahnung der Beklagte nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzt verlangen. Er sei berechtigt gewesen, schon bei der ersten Abmahnung einen Rechtsanwalt beizuziehen. Es sei ihm nicht zuzumuten, hierfür eigenes, juristisch geschultes Personal einzustellen, da dies bei 260 Abmahnungen pro Jahr nicht gerechtfertigt sei und keine Kostensenkung bewirken würde. Die Beratung durch einen Anwalt sei auch sachlich geboten und unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit notwendig gewesen, da, wie der Kläger gewusst habe, die Beklagte sich stets von einem Spezialanwalt beraten lasse.

II. Die hiergegen gerichtete Revision hat Erfolg. Der Kläger ist ein Verband i. S. von § 13I UWG, da er satzungsgemäß die gewerblichen Interessen des Sportartikelfachhandels vertritt. Dazu gehören auch die Beobachtung des Wettbewerbs und die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen in dieser Branche. Der Kläger war deshalb befugt, die Beklagte wegen ihrer irreführenden Werbung abzumahnen. Der Kläger ist jedoch entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht berechtigt, die Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Abmahnung der Beklagte von dieser ersetzt zu verlangen. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß den §§ 683, 670 BGB. Geht man davon aus, dass die Abmahnung auch eine Geschäftsführung für die Beklagte i. S. von § 683 BGB darstellt und nicht nur der Erfüllung der eigenen Aufgabe des Klägers diente, Wettbewerbsverstöße auf seinem Fachgebiet zu verfolgen, so folgt daraus noch nicht, dass auch die hierfür aufgewendeten Anwaltskosten nach § 670 BGB zu erstatten sind; im vorliegenden Fall ist nämlich nicht dargetan, dass diese Kosten zu den erstattungsfähigen Aufwendungen gehören.

Nach § 670 BGB kann ein Geschäftsführer nur solche Aufwendungen ersetzt verlangen, die er zur Ausführung des Auftrags machte und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Folglich scheidet dann, wenn die Geschäftsführung sowohl eigenen wie fremden Interessen diente, ein Erstattungsanspruch aus, soweit mit den Aufwendungen nur eigene Belange gewahrt wurden (vgl. RGZ 149, 205 [209]). Soweit die Aufwendungen auch im Fremdinteresse erfolgten, können sie nur bis zur sachlich gebotenen Höhe als erforderlich angesehen werden. Bei einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung, die auch der Vermeidung hoher Rechtsverfolgungskosten dienen soll, ist es daher geboten, die Aufwendungen möglichst niedrig zu halten; die Kosten für die Einschaltung eines Rechtsanwalts sind daher nur erstattungsfähig, wenn diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war (vgl. BGHZ 52, 393 [400] = LM § 13 UWG Nr. 23 = NJW 1970, 243 - Fotowettbewerb). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

Der Kläger ist ein Fachverband und hat es zu seinen Aufgaben gemacht, die in seinem Gebiet auftretenden Wettbewerbsverstöße zu verfolgen. Er müsste sich daher zur Erfüllung seines Verbandszwecks selbst mit den hierfür notwendigen Mitteln versehen; zumindest müsste er so ausgestattet sein, dass er typische und durchschnittlich schwer zu verfolgende Wettbewerbsverstöße selbst erkennen und abmahnen kann. Damit wird er auch nicht überfordert, da er als Fachverband die hierfür maßgeblichen Kriterien, insbesondere Branchenübung und Verkehrsauffassung, aus eigener Sachkunde beurteilen kann und der Erwerb der übrigen erforderlichen Sachkenntnis ihm angesichts des Umfangs seiner Abmahntätigkeit zuzumuten ist. Bei einer solchen Ausstattung des Klägers würde sich bei typischen und durchschnittlich schwierigen Abmahnungen die Einschaltung eines Rechtsanwalts erübrigen und wäre daher nicht zur Wahrung der Interessen des Abgemahnten erforderlich. Dem Kläger steht es allerdings frei, auch in solchen Fällen statt eigener Kräfte einen Rechtsanwalt zu beauftragen; auch dies dient dann der Erfüllung seines Verbandszwecks. Der Rechtsanwalt wird dann mit Rücksicht auf die eigenen Belange eingeschaltet, während er zur sachgerechten Wahrung der Interessen des Abgemahnten in diesem Falle ebenso wenig erforderlich ist, wie wenn sich der Kläger eigener Kräfte bediente (vgl. Oberlandesgericht München, JurBüro 1969, 464; WRP 1970, 36f.; Oberlandesgericht Köln, WRP 1970, 365 [366]; Oberlandesgericht Koblenz, WRP 1979, 387 [391]).

Danach steht dem Kläger im vorliegenden Fall kein Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten für die Abmahnung der Beklagte zu. Die Wettbewerbswidrigkeit des abgemahnten Verhaltens, nämlich der Werbung für Auslaufmodelle von Skiern und Ski-Bindungen ohne entsprechende Kenntlichmachung, war rechtlich nicht schwierig zu beurteilen. Die maßgebliche Frage, ob der Verkehr bei solchen Artikeln die Kenntlichmachung als Auslaufmodelle erwartet, konnte ohnehin eher vom IG. als Fachverband als von einem Rechtsanwalt beantwortet werden. Bei einer Ausstattung des Klägers mit den gebotenen Kräften, für die dieser selbst aufzukommen hat, wäre daher die Beauftragung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich gewesen.

Es sind auch keine besonderen Umstände erkennbar, die es unabhängig von der Ausstattung des Klägers gerechtfertigt hätten, auch zur Besorgung der Interessen der Beklagte einen Rechtsanwalt einzuschalten. Dies ist entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht deshalb anzunehmen, weil, wie der Kläger wusste, die Beklagte sich in jedem Einzelfall von einem Spezialanwalt beraten ließ. Hieraus hätte der Kläger im Gegenteil schließen müssen, dass die Beklagte nicht zusätzlich einer anwaltlichen Belehrung durch den Rechtsanwalt des Klägers bedurfte.