Rechtsverletzung

Von vornherein unbeachtliche Rechtsverletzungen - Von vornherein unbeachtlich sind Verletzungen von nicht zwingenden Vorschriften, insbesondere von Ordnungsvorschriften bzw. Soll-Vorschriften. Ihre Verletzung ist schon nach allgemeinen Grundsätzen unbeachtlich, so dass es keiner Regelung in § 214 bedarf. Die Verletzung nicht zwingender Vorschriften kann auch im Genehmigungs- bzw. Anzeigeverfahren von der Aufsichtsbehörde nicht geltend gemacht werden.

Ob eine Vorschrift zu den Ordnungsvorschriften gehört, ist von Fall zu Fall zu ermitteln. Lediglich Ordnungscharakter haben:

- die Benachrichtungspflicht der Träger öffentlicher Belange nach § 3 Abs. 2 Satz 3;

- die Bestimmung einer Frist fair die Stellungnahme der Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1;

- die Kennzeichnungspflicht nach § 9 Abs. 5;

- die Pflicht zur nachrichtlichen Übernahme von Festsetzungen nach anderen Vorschriften sowie von Denkmälern;

Weitere Ordnungsvorschriften ergeben sich aus dem Kommunalverfassungsrecht. Nicht in diesen Zusammenhang gehören die nach § 214 unbeachtlichen Fehler, denn ihre Verletzung ist nach § 216 im Genehmigungs- und Anzeigeverfahren zu prüfen.

Nach Abschluss des aufsichtlichen Verfahrens unbeachtliche Rechtsverletzungen - Neben den von vornherein unbeachtlichen Rechtsverletzungen gibt es solche, die erst dann unbeachtlich werden, wenn das aufsichtliche Verfahren gemäß § 11 positiv abgeschlossen worden ist. Diese Rechtsverletzungen sind nach § 216 im aufsichtlichen Verfahren zu prüfen. Die Genehmigung des Bebauungsplans ist gegebenenfalls ganz oder teilweise zu versagen oder nur mit Einschränkungen zu erteilen. Bei anzeigebedürftigen Bebauungsplänen muss der Fehler geltend gemacht werden. Hierdurch wird ein Bekanntmachungsverbot ausgelöst. Wird der Bebauungsplan dennoch in Kraft gesetzt, so liegt ein stets beachtlicher Fehler vor. Hat der Bebauungsplan das außichtliche Verfahren dagegen durchlaufen, ohne dass der Fehler bemerkt oder geltend gemacht worden ist, so ist er von diesem Zeitpunkt an unbeachtlich. Der Richter darf einen solchen Fehler weder im Normenkontrollverfahren noch bei einer Inzidentprüfung des Bebauungsplans beachten. Eine Verwerfung des Bebauungsplans durch Verwaltungsbehörden ist ebenfalls ausgeschlossen.

Zu den nach Abschluss des aufsichtlichen Verfahrens unbeachtlichen Fehlern gehören:

- die Verletzung der in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 nicht erwähnten Verfahrens- und Formvorschriften bundesrechtlicher Art: In § 214 Abs. 1 werden die Verfahrens- und Formvorschriften abschließend aufgezählt, deren Verletzung für die Rechtswirksamkeit von Bebauungsplänen beachtlich ist;

- die Nichtbeteiligung einzelner Träger öffentlicher Belange;

- die Verkennung der Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach § 3 Abs. 3 Satz 2;

- die Verkennung der Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach § 13;

- die Unvollständigkeit der Entwurfsbegründung oder der Planbegründung;

- Verstöße gegen Vorschriften über das Verhältnis des Bebauungsplans zum Flächennutzungsplan;

- Mängel im Abwägungsvorgang, die auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluß gewesen sind;

- die Verletzung von Anforderungen nach dem BauGB-MaßnahmenG.

c) Nach Fristablauf von einem Jahr unbeachtliche Rechtsverletzungen - Die in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 Halbsatz 1 und Nr. 2 Halbsatz 2 ] genannten Verletzungen von Verfahrens- und Formvorschriften sind unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb der Frist von einem Jahr seit Inkrafttreten des Bebauungsplans schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden sind; dabei ist der Sachverhalt, der die Verletzung begründen soll, darzulegen. Voraussetzung ist dabei, dass bei Inkraftsetzung des Bebauungsplans auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung der betreffenden Vorschriften sowie die Rechtsfolgen hingewiesen worden ist.

Unbeachtlich ist nach Maßgabe der genannten Vorschriften nach Ablauf der Rügefrist von einem Jahr die Verletzung von Vorschriften über

- die Beteiligung der Bürger gemäß § 3 Abs. 2 und 3 bzw. § 13 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2;

- die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 bzw. § 13 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2;

- die Entwurfsbegründung bzw. die Planbegründung gemäß § 3 Abs. 2 bzw. § 9 Abs. B.

In diesen Zusammenhang gehört auch die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften nach Landesrecht, soweit das Landesrecht die Rügefähigkeit auf ein Jahr oder auf eine andere Frist begrenzt. Dahingehende Regelungen finden sich in verschiedenen Gemeindeordnungen. Allerdings weichen die Voraussetzungen und die Rechtswirkungen der Verfristung in den einzelnen Landesvorschriften zum Teil voneinander ab. Den §§ 214 und 215 entsprechen weitgehend Vorschriften in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. §6 Abs. 5 NdsGO und § 24 Abs. 6 RPfGO erklären eine Verletzung von Verfahrensvorschriften unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres geltend gemacht wird. Gemäß § 22 Abs. 5 Sch1HGO ist die Verletzung des Mitwirkungsverbots nach Ablauf eines Jahres nicht mehr erheblich, es sei denn, dass vorher aus diesem Grund der Bürgermeister widersprochen oder die Kommunalaufsichtsbehörde beanstandet oder jemand einen förmlichen Rechtsbegriff eingelegt hat. Nach § 4 Abs. 6 NWGO kann die Verletzung von Verfahrensvorschriften nach rügelosem Ablauf eines Jahres nicht mehr geltend gemacht werden.

Die genannten Fehler sind umgekehrt beachtlich, wenn sie innerhalb der gesetzten Frist ordnungsgemäß geltend gemacht werden; sie können darum auch als rügeabhängige Fehler bezeichnet werden. Die ordnungsgemäße Rüge wirkt zugunsten von jedermann. Ein solcher Fehler bleibt damit fair alle Zeiten und mit Wirkung gegenüber jedermann beachtlich. Das gleiche gilt, wenn der nach § 215 Abs. 2 erforderliche Hinweis unterblieben ist. Das Fehlen des Hinweises stellt keinen Bekanntmachungsfehler dar.

Nach Fristablauf von sieben Jahren unbeachtliche Rechtsverletzungen - Bestimmte Fehler der Abwägung sind unbeachtlich, wenn sie nicht binnen sieben Jahren nach Bekanntmachung des Bebauungsplans gemäß § 215 Abs. 1 geltend gemacht worden sind. Hierzu gehören

- Mängel im Abwägungsvorgang, die auf das Ergebnis von Einfluß gewesen sind;

- Mängel im Abwägungsergebnis, soweit sie nicht zugleich eine Verletzung von Verfassungsrecht darstellen.

Diese Fehler sind andererseits beachtlich, wenn eine ordnungsgemäße Rüge erfolgt oder wenn der nach § 215 Abs. 2 erforderliche Hinweis unterblieben ist. Zu den Rechtsfolgen der Beachtlichkeit Rn. 130ff.

Stets beachtliche Rechtsverletzungen

Stets beachtlich sind die folgenden, in § 214 Abs. 1 Nr. 3 genannten: Rechtsverletzungen:

- Fehlen des Satzungsbeschlusses, gegebenenfalls des Beitrittsbeschlusses;

- Fehlen einer erforderlichen Genehmigung bei genehmigungsbedürftigen Bebauungsplänen;

- Nichtdurchführung des erforderlichen Anzeigeverfahrens bei anzeigebedürftigen Bebauungsplänen;

- Bekanntmachung des Bebauungsplans entgegen der Vorschrift des § 11 Abs. 3 Satz 2;

- Fehlen einer Bekanntmachung nach § 12;

- Nichterreichen des mit der Bekanntmachung verfolgten Hinweiszwecks.

Stets beachtlich sind die folgenden, in § 214 Abs. 1 Nr. 3 genannten: Rechtsverletzungen:

- Fehlen des Satzungsbeschlusses, gegebenenfalls des Beitrittsbeschlusses;

- Fehlen einer erforderlichen Genehmigung bei genehmigungsbedürftigen Bebauungsplänen;

- Nichtdurchführung des erforderlichen Anzeigeverfahrens bei anzeigebedürftigen Bebauungsplänen;

- Bekanntmachung des Bebauungsplans entgegen der Vorschrift des § 11 Abs. 3 Satz 2;

- Fehlen einer Bekanntmachung nach § 12;

- Nichterreichen des mit der Bekanntmachung verfolgten Hinweiszwecks.

Stets beachtlich sind daneben auch die in §§ 214 und 215 nicht genannten materiellen bzw. inhaltlichen Fehler des Bebauungsplans. Hierzu gehören

- die Verletzung des Erforderlichkeitsmaßstabs nach § 1 Abs. 3 und von Vorschriften, die das Vorliegen besonderer städtebaulicher Gründe für bestimmte Festsetzungen verlangen;

- die fehlende Anpassung an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung gemäß § 1 Abs. 4;

- die Verletzung von § 9 Abs. 1 bis 3 und § 9 Abs. 4;

- die Nichteinhaltung von Anforderungen der BauNVO z.B. an die Ausweisung von Sondergebieten, an Gliederung von Baugebieten, an die Zulassung oder an den Ausschluss von Nutzungen oder Anlagen oder an die Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung.