Rechtsvorschrift

Teilweise Nichtigkeit eines Bebauungsplans kann nur unter der Voraussetzung angenommen werden, dass infolge der Verletzung von Rechtsvorschriften lediglich einzelne Festsetzungen eines Bebauungsplans fehlerhaft werden, andere dagegen nicht. Leiden alle Festsetzungen unter dem Fehler, kommt eine Teilnichtigkeit von vornherein nicht in Betracht. Bei der Verletzung von Form- und Verfahrensvorschriften ist meist der gesamte Bebauungsplan fehlerhaft. Es ist nicht auszuschließen, dass die Gemeinde ohne den Fehler bei ihrer Planung insgesamt zu anderen Ergebnissen gekommen wäre. Insoweit wirkt sich der Verfahrensfehler auf das Ergebnis im ganzen aus. Der Fehler im Verfahren ergreift in der Regel das Plangelige als Ganzes. In Einzelfällen kann ein Verfahrensfehler aber auch nur eine einzelne Festsetzung oder einen bestimmten Teil eines Bebauungsplans betreffen und demzufolge ein möglicher Einfluß dieses Fehlers auf die übrigen Festsetzungen oder den Plan als Ganzes ausgeschlossen werden. Ein solcher Fall kann z. B. vorliegen, wenn bei einer Änderung des Planentwurfs nach Auslegung weder ein erneutes Auslegungsverfahren nach § 3 Abs. 2 noch ein beschränktes Beteiligungsverfahren nach § 3 Abs. 3 durchgeführt worden ist; ein solcher Fehler kann sich auf eine auch räumlich eng begrenzte Planänderung beziehen, durch welche die Planung im übrigen nicht berührt wird. Hier darf vermutet werden, dass die Planung in den anderen Teilen auch bei einem rechtmäßig durchgeführten Verfahren nicht zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Wird von einem formellen oder materiellen Fehler nur ein Teil der Festsetzungen oder ein in anderer Weise abgrenzbarer Teil des Bebauungsplans betroffen, so stellt sich daran anschließend die weitere Frage, ob der so festgestellte Fehler sich räumlich oder sachlich begrenzen lässt oder aber wegen des funktionellen Zusammenhangs mit den übrigen Festsetzungen den Bebauungsplan auch in seinen fehlerfreien Teilen infiziert und damit insgesamt zu Fall bringt. Die Planungsentscheidung muss teilbar sein, ohne ihren Sinn zu verlieren. Für die Entscheidung zwischen Teilnichtigkeit oder Gesamtnichtigkeit kommt es hiernach darauf an, ob der gültige Teil des Planes für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 gerecht werdende sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken kann oder ob die Festsetzungen gegensei- tig voneinander abhängig sind. Dabei sind die Festsetzungen in ihrer Bedeutung für den gesamten Plan zu würdigen. Teilbarkeit ist zu verneinen, wenn die betreffenden Festsetzungen das Plankonzept in seinem Kerngehalt betreffen, so dass nur noch ein Plantorso übrig bleiben würde. Ohne Belang ist, ob die - bei isolierter Betrachtung - fehlerfreien Festsetzungen für einzelne Grundstücke noch einen Sinn ergäben. Unter diesen Voraussetzungen können Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung nicht bestehen bleiben, wenn sich die Festsetzung über die Art der baulichen Nutzung als fehlerhaft erweist. Sind nur einzelne Festsetzungen fehlerhaft und stehen diese in keinem ] untrennbaren Regelungszusammenhang mit anderen, so ist in einem dritten Schritt zu prüfen, ob die Gemeinde im Zweifel auch einen Plan mit einem auf den fehlerhaften Teil beschränkten Inhalt beschlossen hätte. Entscheidend ist insoweit der mutmaßliche oder hypothetische Wille des Normgebers. Ob ein solcher Wille angenommen werden kann, ist an Hand der Umstände im konkreten Planverfahren zu entscheiden.

Schlichte Rechtswidrigkeit - Leidet ein Bebauungsplan an einem unbeachtlichen Rechtsfehler, so ist er rechtswidrig, da eine Heilung nicht eintritt. Dennoch darf der Fehler weder von Verwaltungsbehörden und Gerichten zur Kenntnis genommen noch in Verfahren geltend gemacht werden, er muss vielmehr wie ein fehlerfreier Bebauungsplan beachtet werden. Damit stellt sich die Frage, wie ein solcher Plan in die herkömmliche Fehlertypologie einzuordnen ist. Einige sehen in der Unbeachtlichkeit lediglich ein verfahrensrechtliches Verbot, die Fehler des Bebauungsplans zu beachten. Hiernach bleibt der Plan materiell unwirksam oder nichtig, doch darf diese Rechtsfolge verfahrensrechtlich nicht mehr zur Kenntnis genommen werden. Dieser bloß verfahrensrechtlichen Interpretation der Unbeachtlichkeit steht der Wortlaut der §§ 214f entgegen, der insoweit von dem der Ø 155 afl: BBauG 1979 abweicht. Die Überschrift des betreffenden Abschnitts lautettWirksamkeitsvoraussetzungen. Damit hat der Gesetzgeber auf die materiell-rechtliche Bedeutung der in §§ 214ff. getroffenen Regelung hingewiesen. Dies wird in § 216 bestätigt, wonach die Verletzung bestimmter Vorschriften nach §§ 214 und 215 sich nicht auf die Rechtswirksamkeit eines Flächennutzungsplans oder eines Bebauungsplans auswirkt. Hinzu kommt, dass von Nichtigkeit im herkömmlichen Sinne dort nicht mehr gesprochen werden kann, wo ein wesentlicher Bestandteil der Nichtigkeitsfolge fehlt, nämlich die Möglichkeit, diese zeitlich uneingeschränkt geltend machen zu können. Durch die Vorschriften der §§ 214 bis 216 wird die Rechtsfolge der Nichtigkeit formell und materiell unter bestimmten Voraussetzungen und von bestimmten Zeitpunkten an abgeschnitten. Der Bebauungsplan ist unter diesen Voraussetzungen nur schlicht rechtswidrig. Es besteht eine ähnliche Lage wie bei einem rechtswidrigen, aber bestandskräftigen Verwaltungsakt. Zur rechtlichen Bedeutung der Unbeachtlichkeit Ossenbühl NJW 1986. Im Schrifttum wird gelegentlich angenommen, dass ein unbeachtlicher Fehler als nicht geschehen gilt, so dass ein solcher Bebauungsplan letztlich als geheilt und damit fehlerfrei angesehen werden müßte. Diese Auffassung ist jedoch mit § 216 nicht vereinbar.

Schlicht rechtswidrig sind Bebauungspläne, deren Fehler

- nach Abschluss des aufsichtlichen Verfahrens;

- nach rügelosem Ablauf der Ein-Jahres-Frist oder

- nach rügelosem Ablauf der Sieben-Jahres-Frist unbeachtlich geworden sind.

Zeitlich begrenzte Nichtigkeit - Umstritten ist, wie ein mit einem rügefähigen Fehler behafteter Plan während der Rügefrist beurteilt werden soll, solange eine Rüge nicht vorliegt. Einige nehmen an, dass die Geltung des Plans erst mit Ablauf der Rügefrist einsetzt; der Bebauungsplan wäre hiernach aufschiebend bedingt. Aufschiebend bedingte Bebauungspläne sind jedoch dem BauGB fremd. Würde man dennoch diese Folge annehmen, so dürfte ein solcher Plan im übrigen erst nach Ablauf der Rügefrist angewendet werden können. Eine solche Konsequenz ist, soweit ersichtlich, bisher von niemandem gezogen worden; sie zumindest wäre im Hinblick auf die Sieben-Jahres-Frist bei Abwägungsfehlern nicht praktikabel. Andere sehen in der Rüge einen Akt der Normvernichtung, so dass der Plan während der Rügefrist als wirksam, jedoch vernichtbar zu qualifizieren wäre. Hiergegen spricht, dass eine Normvernichtung nur von einer dazu berufenen Instanz, nicht aber von jedermann vorgenommen werden kann. Durch diese Auffassung würde letztlich die Figur der rechtswidrigen, aber vernichtbaren Rechtsnorm in die Rechtsordnung eingeführt. Eine derart weitgehende Abweichung von der herkömmlichen Fehlerlehre hätte einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung oder doch einer dahingehenden Absichtserklärung des Gesetzgebers bedurft, zumal die Probleme beim Erlass des BauGB bekannt waren. Wiederum andere betrachten die Rüge als Bestandteil einer verfahrensrechtlichen Regelung. Sie begreifen die Unbeachtlichkeit lediglich als ein verfahrensrechtliches Verbot, vorhandene Fehler des Bebauungsplan zu beachten. Die Rüge ist folgerichtig ebenfalls rein verfahrensrechtlicher Natur, da sie das verfahrensrechtliche Hindernis der Unbeachtlichkeit ausschaltet. Diese Auffassung ist aus den oben genannten Erwägungen nicht haltbar.