Restforderung

Die Kläger macht die ihr abgetretene Restforderung aus einem Kaufvertrag geltend, den die Beklagte am 26. 4. 1956 mit dem Architekten R. geschlossen haben. Danach verpflichtete sich R. u. a. auf dem von den Beklagten gleichzeitig erworbenen Grundstück in W. ein sog. Atriumhaus zu errichten und das Bauwerk bis spätestens 15. 9. 1965 fertigzustellen. Die Beklagte konnten jedoch das Haus erst am 20. 8. 1966 beziehen. Sie haben den vereinbarten Preis von 82 800 DM bis auf restliche 14 730 DM bezahlt. Davon hat die Kläger 9 730 DM eingeklagt.

Die Beklagte rechnen gegen den gesamten noch offenstehenden Betrag mit Gegenforderungen in Höhe von insgesamt 17 799,78 DM auf. Darunter befindet sich eine Vertragsstrafe von 6 200 DM, die die Beklagte aus einer nach ihrer Behauptung mit R. am 9. 9. 1965 mündlich getroffenen besonderen Vereinbarung herleiten. Diese Absprache ist von den damaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagte unter dem 18. 11. 1965 dahin bestätigt worden, dass sich R. zur Fertigstellung des Bauwerks nunmehr bis spätestens 15. 1. 1966 und zur Leistung einer Vertragsstrafe von 200 DM für jede angefangene Woche -ab 16. 1. verpflichtet habe, die sofort mit dem Abbruch der ersten und jeder weiteren Woche fällig werde.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat Gegenansprüche der Beklagte in einer Gesamthöhe von 9 775,37 DM (darunter eine Vertragsstrafe von 4 200 DM) bejaht, die die Klageforderung übersteigen. Das Oberlandesgericht hat die dagegen von der Kläger erhobene Berufung durch Teilurteil hinsichtlich eines Betrags von 4639,39 DM zurückgewiesen. Es hält bis jetzt Gegenansprüche der Beklagten von insgesamt 9639,39 DM (darunter eine Vertragsstrafe von 6 200 DM) für gerechtfertigt, von denen es aber 5 000 DM auf den nicht eingeklagten Teil der unstreitig noch offenstehenden, auf die Kläger übergegangenen Restforderung R. gegen die Beklagte verrechnet.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Rev. greift die Kläger dieses Urteil nur insoweit an, als die von der Beklagte geltend gemachte Vertragsstrafe in Höhe von 4 200 DM in Frage steht. Die Rev. führte insoweit zur Aufhebung einer Zurückverweisung.

Aus den Gründen: . . . II. 1. Das Berufungsgericht spricht den Beklagten die von ihnen geltend gemachte Vertragsstrafe in voller Höhe von 6200 DM zu. Es geht davon aus, dass die Beklagte mit der Inbesitznahme des Hauses die Leistung des Architekten R. als Erfüllung angenommen haben. Die Beklagte hätten aber nichts dafür vorgetragen, dass sie sich bei der Annahme den Anspruch auf die Vertragsstrafe vorbehalten hätten. Das Berufungsgericht legt die von den Beklagten mit R. getroffene Abrede jedoch dahin aus, dass ein ausdrücklicher Vorbehalt unmittelbar bei Erfüllungsannahme nach dem Willen der Vertragsschließenden nicht erforderlich sein sollte, um den Beklagten den Anspruch auf die verfallene Vertragsstrafe zu erhalten. Dies schließt das Berufungsgericht allein daraus, dass dies Vertragspartner bestimmt hätten, die Vertragsstrafe von 200 DM pro Woche solle sofort mit dem Abbruch der ersten und jeder weiteren Woche fällig sein. Im übrigen sei die Vertragsstrafe verwirkt ohne Rücksicht darauf, ob R. die weitere Verzögerung der Fertigstellung des Hauses zu vertreten habe.

2. Die gegen diese Ausführungen gerichteten Angriffe der Rev. haben im Ergebnis Erfolg.

a) Allerdings geht die Rüge der Rev. fehl, das Berufungsgericht habe den Vertrag vom 9. 11. 1965 nicht dahin auslegen dürfen, dass R. die Vertragsstrafe für jede Terminsüberschreitung schulden sollte, also auch im Falle höherer Gewalt, jedenfalls soweit solche in schlechtem Wetter bestehen würde. Diese vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung ist vielmehr aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Wie in der Rechtsprechung seit langem anerkannt ist, können Vertragsparteien abweichend von der Vorschrift des § 339 BGB vereinbaren, dass eine Vertragsstrafe auch dann verwirkt sein soll, wenn die Leistung des Schuldners aus Gründen unterbleibt, die von seinem Willen unabhängig sind oder die ihm nicht zum Verschulden zuzurechnen sind (BGH, NJW 58, 1483; BG, HRR 34 Nr. 1349; BGZ 85, 100, 103). Eine solche Vertragsstrafe hat eine garantieähnliche Funktion (BGH, aa0), das ist der Rev. zuzugeben. Deshalb wird eine derartige Vereinbarung nur anzunehmen sein, wenn die besondere Interessenlage der Vertragspartner eine solche Vertragsgestaltung nahelegen.

Dass das im vorliegenden Falle zutrifft, hat das Berufungsgericht aber hinreichend dargetan: R. hatte bei Abschluss des Vertrags vom 9. 11. 1965 den ursprünglich für die Fertigstellung des Hauses versprochenen Termin bereits um 8 Wochen überschritten. Er ließ sich auf den verhältnismäßig kurzen weiteren Zeitraum bis 15. 1. 1966 ein, in dem erfahrungsgemäß mit Frost und schlechtem Wetter zu rechnen war. Dabei musste er als Architekt und allein Verantwortlicher für das gesamte Bauvorhaben den besten Überblick über den Umfang der noch auszuführenden Arbeiten haben. Unter diesen Umständen durfte das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß annehmen, R. habe die Vertragsstrafe auch für den Fall versprochen, dass er die neu festgelegte Frist aus Witterungsgründen nicht einzuhalten vermag.

b) Zu Recht wendet sich die Rev. jedoch gegen die Auff. des Berufungsgerichts, dass nach dem Willen der Vertragsschließenden ein unmittelbar bei Erfüllungsannahme zu erklärender Vorbehalt nicht erforderlich sein sollte, um den Beklagten den Anspruch auf die verfallene Vertragsstrafe zu erhalten.

Nach dem vom erkennenden Senat im Anschluss an die ständige Rechtsprechung des BG erlassenen Urteil vom 3. 11. 1960 (BGHZ 33, 236, 237 = vorstehend Nr. 1 und Nr. 1 zu § 279a ZPO = NJW 61, 115) ist die Vorschrift des § 341 Abs. 3 BGB, wonach der Gläubiger die Vertragsstrafe nur verlangen kann, wenn er sich das Recht dazu bei der Annahme vorbehält, eng auszulegen. Das bedeutet, dass Vorbehalte, die nicht bei der Annahme der Leistung selbst, sondern früher oder später erklärt wurden, nicht genügen, um den mangels eines Vorbehalts kraft Gesetzes eintretenden Verlust des Anspruchs auf die Vertragsstrafe zu verhindern. Diese Auslegung der angeführten Vorschrift wird nicht nur aus ihrer Entstehungsgeschichte hergeleitet. Sie findet ihre Rechtfertigung außerdem in dem Zweck der Vertragsstrafe, den Schuldner zur gehörigen, insbesondere fristgerechten Erfüllung anzuhalten. Die Vertragsstrafe soll als Druckmittel aber auch noch dann dienen, wenn sie ganz oder teilweise schon verfallen ist. Dabei soll der Schuldner die Aussicht behalten, dass der Gläubiger unter dem Eindruck einer - wenn auch verspäteten - so doch nachgeholten Erfüllung von seinem Recht, die Vertragsstrafe zu verlangen, keinen Gebrauch machen wird. Gerade darauf zielt die Vorschrift des § 341 Abs. 3 BGB ab (BOHZ 33, 236, 238 vorstehend Nr. 1 und Nr. 1 zu § 279 a ZPO NJW 61, 115). Das gilt für Fälle, in denen - wie hier - die Vertragsstrafe mit der Dauer des Verzugs immer höher wird, in gleichem Maße, wie wenn die Strafe bereits mit der Nichterfüllung bei Fälligkeit der geschuldeten Leistung in voller Höhe verwirkt ist. Daran hält der erkennende Senat fest.

Nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum, kann die Bestimmung des § 341 Abs. 3 BGB allerdings abbedungen werden (EG, HRR 34 Nr. 1349; Recht 17 Nr. 1597; WarnRspr. 14 Nr. 329; Staudinger-Werner, 9. Aufl., Anm. IV; Soergel-Sehmidt, 10. Aufl., Anm. 3; RGRK, 11. Aufl., Anm. 5 je zu § 341 BGB). Auch der erkennende Senat hat das bereits zum Ausdruck gebracht (Senatsurteile VII ZR 156/59 vom 29. 9. 1960; VII ZR 30/61 vom 20. 9. 1962).

Wenn nun aber das Berufungsgericht im vorliegenden Falle eine solche abweichende Vereinbarung allein in der von den Beklagten und R. getroffenen Abrede über die sofortige Fälligkeit der allwöchentlich verfallenden einzelnen Vertragsstufen sehen will, so kann dem nicht gefolgt werden. Diese Annahme ist mit den Auslegungsgrundsätzen der §§ 133, 157 BGB nicht in Einklang zu bringen, was im Revisionsrechtszug auch dann überprüfbar ist, wenn es sich - wie hier - um eine Individualvereinbarung handelt (BGH, LM Nr. 5 zu § 550 ZPO).

Nach § 339 Satz 1 BGB ist eine Vertragsstrafe, die vom Schuldner für den Fall versprochen worden ist, dass er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, verwirkt und damit fällig, sobald er in Verzug kommt. Schon von der Säumnis des Schudners an kann der Gläubiger also die Vertragsstrafe verlangen (notfalls einklagen) und Weht erst - wie das Berufungsgericht zu glauben scheint, nachdem der Schuldner schließlich doch noch, wenn auch verspätet, die von ihm zu erbringende Leistung bewirkt.

Mit der Vereinbarung der sofortigen Fälligkeit der ab 16. 1. 1966 bei Anbruch der ersten und jeder weiteren Woche etwa verfallenden Vertragsstrafen haben R. und die Beklagte deshalb gar nichts Besonderes, vom Gesetz Abweichendes verabredet; sie haben vielmehr im Grunde nur die Vorschrift des § 339 Satz 1 BGB präzisiert, soweit es um die Verwirklichung der Vertragsstrafe ging. Dann aber kann nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§§ 133, 157 BGB) der Bestimmung über die Fälligkeit der einzelnen Vertragsstrafen allein keine zusätzliche Vereinbarung der Vertragspartner entnommen werden, wonach sie die Vorschrift des § 341 Abs. 3 BGB ganz oder teilweise abbedingen wollten. Denn diese gesetzliche Bestimmung stellt ja gerade auf den Regelfall ab, denn auch R. und die Beklagte der Abmachung vom 9. 11. 1965 zugrunde gelegt haben. Auf die von ihnen vereinbarte, mit der Säumnis R s allwöchentlich sofort fällige Vertragsstrafe treffen zudem - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - durchweg die oben wiedergegebenen Erwägungen zu, die den erkennenden Senat zu der schon vom BG vorgenommenen engen Auslegung des § 341 Abs. 3 BGB bewogen haben (BGHZ 33, 236, 237 = vorstehend Nr. 1 und Nr.1 zu § 279a ZPO NJW 61, 115). Wäre die Auff. des Berufungsgerichts richtig, so wäre die Vorschrift des § 341 Abs. 3 BGB für die ganz überwiegenden Fälle der im Einklang mit den §§ 339ff. BGB getroffenen Vereinbarungen über eine Vertragsstrafe gegenstandslos, ohne dass in ihnen die Frage des Vorbehalts bei Annahme der Erfüllung überhaupt berührt zu werden brauchte. Dieses Ergebnis kann vom Gesetz nicht gewollt sein.

Wenn deshalb die Partner eines Vertragsstrafenversprechens die Fälligkeit der Vertragsstrafe an die bloße Säumnis des Schuldners mit der von ihm zu erbringenden Leistung geknüpft haben, wie es auch der Vorschrift des § 339 BGB entspricht, so kann daraus allein nicht gefolgert werden, dass sie von der gesetzlichen Regelung des § 341 Abs. 3 BGB haben abweichen wollen. Vielmehr müssen, falls insoweit keine ausdrücklichen weiteren. Abreden getroffen wurden, zumindest besondere Umstände vorliegen, die eine solche Annahme rechtfertigen. Derartige Umstände hat das Berufungsgericht nicht dargelegt; sie sind auch weder sonst ersichtlich, noch haben dazu die Parteien bisher etwas vorgetragen.