Rückabwicklung

Zur Rückabwicklung eines Kaufvertrages, den der Käufer wegen arglistiger Täuschung erfolgreich angefochten hat, nachdem das gekaufte Kraftfahrzeug durch einen von ihm selbst allein verschuldeten Unfall zerstört worden war (Fortführung von BGHZ 53, 144 Nr. 15 zu §,818 Abs.3 BGB).

Anmerkung: Die Erstbeklagte verkaufte durch ihren Angestellten K. (Zweitbekl.) an den Kläger einen gebrauchten PKW um 7 370 DM. K., für den sie gemäß den §§ 278 und 831 BGB einzustehen hatte, verschwieg dabei, dass dieser Wagen bereits 2 Unfälle hinter sich hatte (Reparaturkosten von 2 300 DM und 445 DM). Dabei war allerdings hinsichtlich des ersten Unfalls nicht festzustellen, dass die 13ekl. oder K. hiervon beim Verkauf wussten. Der Wagen wurde bar bezahlt und dem Kläger übereignet. Etwa 4 Wochen später erlitt das Fahrzeug durch einen von dem Kläger allein verschuldeten Unfall einen Totalschaden. Erst nach diesem Unfall erfuhr der Kläger von den beiden früheren Unfällen. Er focht daraufhin den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer geringen Nutzungsentschädigung.

Das Oberlandesgericht hatte dem Kläger lediglich einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 100 DM zugebilligt (merkantiler Minderwert aus dem 2. Unfall) und gegen die beklagte Firma einen Bereicherungsanspruch von weiteren 700 DM (merkantiler Minderwert aus dem 1. Unfall).

Die Rev. des Klägers hatte Erfolg.

1. Anspruch aus unerlaubter Handlung:

Das Oberlandesgericht ging zutreffend davon aus, dass der Kläger, der auf keinen Fall einen Unfallwagen erwerben wollte, nur das negative Interesse beanspruchen kann, d. h. so gestellt zu werden, als ob er keinen Kaufvertrag abgeschlossen hätte (vgl u. a. Nr. 18 zu § 123 BGB; Nr. 4 zu § 249 [Ca] BGB; Nr. 12 zu § 818 Abs. 3 BGB mit weiteren Nachweisen). Des Oberlandesgericht, das dein Kläger nur den Minderwert des Wagens aus dem 2. Unfall vor Abschluss des Kaufvertrags in Höhe von 100 DM zugebilligt hat, hat nach Auff. des BGH jedoch nicht die weitere Entwicklung des Schadens, d. h. den Schaden aus dem hier zur Entscheidung stehenden Unfall berücksichtigt. Auch für diesen haben die Beklagte voll einzustehen, wenn und soweit dieser Unfall noch in adäquatem Ursachenzusammenhang mit der Täuschungshandlung der Beklagte steht.

Der BGH hat einen solchen adäquaten Ursachenzusammenhang bejaht. Wäre der von dem Kläger schuldhaft verursachte Unfall auf den von den Beklagten verschwiegenen Mangel zurückzuführen, so könnte die Adäquanz unbedenklich bejaht werden. Der BGH geht aber einen Schritt weiter. Er ist der Auff., es liege nicht ganz außerhalb des zu erwartenden Verlaufs der Dinge, dass der Käufer bei der Benutzung des PKW einen Unfall, erleidet. Ist also jemand durch arglistige Täuschung veranlasst worden, sieh ein unfallbehaftetes Fahrzeug anzuschaffen, das er bei Kenntnis des Sachverhalts nicht erworben hätte, so ist auch ein adäquater Zusammenhang zwischen dem Erwerb des Fahrzeugs und einem mit diesem erlittenen Unfall gegeben. Denn es besteht in einem solchen Fall ein Rechtswidrigkeitszusammenhang, wenn sich der Schaden innerhalb des Schutzbereichs der verletzten Norm verwirklicht, der innere Zusammenhang also nicht nur auf einer zufälligen Verbindung besteht (BGHZ 27, 137 = Nr. 11 zu § 823 [F] BGB; 37, 311 = Nr. 33 zu § 7 StVG;.Nr. 26 zu § 823 [F] BGB = NIW 1968, 2287). Die Ansicht des BGH läuft also darauf hinaus, dass jede Überlassung eines Kraftfahrzeugs mit dem Risiko eines möglichen späteren Unfalls behaftet ist, sie also mit letzterem in adäquatem Zusammenhang steht, der für die bei der Überlassung des Fahrzeugs begangene Täuschungshandlung Schadensersatzpflichtige dennoch die volle Gefahr des Umgangs der der Verschlechterung der Kaufsache trägt; das allerdings mit der Einschränkung, dass das nur für Sachschäden, nicht für Personenschäden zu gelten hat, da diese nicht mehr innerhalb des Schutzbereichs der verletzten Norm (hier § 263 StGB) liegen.

Damit hat der BGH aber auch den Weg zu einer Schadensteilung gemäß § 254 BGB eröffnet. Eine Anwendung des § 254 BGB ist im vorliegenden Fall nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Bekl, vorsätzlich, der Klägernur fahrlässig gehandelt hat (Nr. 27 zu § 254 [Da] BGB, ferner das Urteil des VII. ZS vom 28. 2. 1966 - VII ZR 125/65 - = WM 1966, 491, 495). Das gilt gerade für einen Fall wie hier, wo das Schwergewicht der Ursächlichkeit ganz überwiegend beim Kläger liegt und überdies die Erstbeklagte nur über den § 831 BGB zur Verantwortung gezogen werden kann.

2. Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung:

Ein Bereicherungsanspruch kommt nur gegenüber der Erstbeklagte in Betracht, da der Zweitbeklagte K. den Kaufpreis nicht erhalten hat. Insoweit hat das Oberlandesgericht einen Bereicherungsanspruch gegen die Beklagte nur in Höhe des merkantilen Minderwerts aus beiden vorangegangenen Unfällen bejaht (100 + 700 = 800 DM).

Dem ist der BGH nicht gefolgt. Er knüpft dabei an das Urteil des erk. Senats in BGHZ 53, 144 = Nr. 15 zu § 818 Abs. 3 BGB an, dessen Sachverhalt allerdings anders liegt, als den Käufer damals an dem späteren Unfall kein Verschulden traf. Hier wie dort rückt aber der BGH von der Saldo-Theorie ab und schließt sich angesichts der besonderen Fallgestaltung der älteren Zweikondiktionentheorie an (vgl. auch Nr. 18 zu § 123 BGB). Wer einen anderen arglistig täuscht, ist nicht schutzbedürftig. Das kann sich auch im Bereicherungsrecht auswirken (BGHZ 55, 128, 135ff. Nr. 3 zu § 819 BGB). Denn es würde nach Ansicht des BGH nicht der Billigkeit entsprechen, wenn ein betrügerischer Verkäufer bei der Rückabwicklung nach erfolgreicher Anfechtung des Kaufvertrags frei ausgeht und der Käufer die Unmöglichkeit der Rückgabe voll zu vertreten hat. Deshalb ist in einem solchen Fall die Saldotheorie - gleichviel, ob der Käufer schuldhaft gehandelt hat oder nicht - unanwendbar. Es ist vielmehr von der Zweikondiktionentheorie auszugehen, wonach die Bereicherung des Verkäufers in dem Empfang des Kaufpreises besteht ohne Rücksicht auf das weitere Schicksal der Kaufsache. Das ergibt sich auch aus dem Zusammenhang der Vorschriften des §§ 818, 819 BGB. Die Saldotheorie findet ihre Begründung in dem von den Parteien gewollten Austauschverhältnis. Damit sind aber auch ihre Grenzen festgelegt, nämlich dort, wo § 818 Abs. 4 BGB von vornherein nicht zur Anwendung kommt, der Bereicherungsschuldner also nach dem Willen des Gesetzgebers nicht gegen jeden Wegfall der Bereicherung geschützt ist, sondern gemäß den §§ 818 Abs. 4, 819, 292, 987ff. BGB nach den allgemeinen Vorschriften, also im wesentlichen nicht mehr nach Bereicherungsregeln haftet (vgl. Weintraud, Die Saldotheorie S. 72 ff. ; Larenz, Schuldrecht [9.] Bd. 1 § 25 II b).

Der BGH hatte im vorliegenden Fall keine Veranlassung, sich mit der Frage zu befassen, ob die Saldo-Theorie überhaupt aufgegeben werden muss (vgl. Flume,NJW 1970, 1161; Weitnauer, NJW 1970, 637; Diesselhorst, JZ 1970, 418; Lieb, NJW 1971, 1289). Immerhin scheint sich in der vorliegenden Entscheidung die Neigung anzudeuten, wieder allgemein zur Zweikondiktionentheorie zurückzukehren.

Aus der Anwendung der Zweikondiktionentheorie für den folgenden Fall ergibt sich grundsätzlich die Rechtsverpflichtung der Beklagte, den Kaufpreis voll zurückzuzahlen und sich mit dem Schrottwert des Fahrzeugs zu begnügen.

Die Bestimmung des § 254 BGB ist auf Bereicherungsansprüche nicht anwendbar (BGHZ 14, 7, 10 Nr. 5 zu § 818 Abs. 3 BGB; 37, 363, 370 Nr. 41 zu § 134 BGB). Das schließt aber nicht aus, dass auch Bereicherungsansprüche dem allgemeinen Grundsatz des § 242 BGB unterliegen, von dem der § 254 BGB nur eine gesetzlich besonders geregelte Ausprägung ist (BGH aaO; vgl. auch BGHZ 50, 112 - Nr. 1 zu § 50 HGB; Nr. 3 zu § 640 RVO; ferner BGH Urteil vom 1. 7. 1971 - VII ZR 224/69).

Die besondere Eigenart des Falls liegt hier darin, dass der Kläger den Unfall durch grobe Fahrlässigkeit verursacht hat, dass er die Anfechtung erst nach dem Unfall erklärt hat und dass die arglistige Täuschung hier nur einen relativ wenig bedeutsamen Punkt (es ist insoweit ja nur der 2. frühere Unfall zu berücksichtigen) betrifft. Bei einer solchen Sachlage kann es durchaus so liegen, dass der Kläger die ihm aus seiner Anfechtung zugefallenen Ansprüche im Übermaß ausübt, wenn er die Gefahr des Untergangs der Kaufsache voll der Beklagte aufbürdet. Deshalb kann hier gemäß § 242 BGB eine Abwägung vorgenommen werden mit Folge, dass der Verlust des Kfz der Beklagte nicht allein auferlegt wird. 3. Da die Abwägung nach dem zu 1 und 2 Ausgeführten Sache des Tatrichters ist, musste die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen werden.