Rückblick auf die Entwicklung

Auch im deutschen Raum wird die Entwicklung des Baurechts aus kleinräumiger Ortsbezogenzeit zu großräumigeren Regelungen sehr deutlich. Schon den frühen Stadtgründungen des Mittelalters lagen Pläne zugrunde, die aus der Autorität des Stadtgründers und Grundherrn flossen; sie treten in den Kernen dieser Städte noch heute in Erscheinung. Die Bauparzellen wurden nur an Bauwillige und zunächst nur als Bodenlehen vergeben, das sich erst allmählich zu echtem Eigentum wandelte. Schon früh gab es Funktionstrennungen durch die Verweisung bestimmter Handwerke in ihnen vorbehaltene Stadtgebiete; in den Straßennamen findet dies oft noch heute Ausdruck. Die zum Schutz der Bevölkerung und zur Verteidigung notwendige Ummauerung machte den Boden in der Stadt knapp, was zu sehr dichter Bebauung, zur Baupflicht und, falls dieser nicht genügt wurde, zur Enteignung führte. Die wachsende Bevölkerung führte zu planmäßigen Stadterweiterungen, die oft ebenfalls mit einem Mauerring umgeben wurden. Vor allem im Interesse der Feuersicherheit, aber auch im stadtgestalterischen Interesse wurden zahlreiche Einzelvorschriften erlassen. Jedes Bauen war erlaubnispflichtig. Mit wachsendem Erstarken der Bürgerschaften und dem Entstehen der freien Reichsstädte ging die Regelungsbefugnis für das Bauen auf die Stadtobrigkeiten über. Schon im 15. Jahrhundert entstanden in einigen Städten Bauordnungen und um 1500 sog. Stadtreformationen als erste Baurechtskodifikationen. Aber bereits im 16.Jahrhundert mussten sich die Städte gegen die wachsende Macht der Partikularftirsten wehren und viele von ihnen verloren diesen Kampf. Nach dem dreißigjährigen Krieg und dem Erstarken des absolutistischen Fürstentums war der Städtebau von der Theorie des Wohlfahrtsstaats mit seiner uneingeschränkten Fürsorge für den Staatsbürger, die zugleich dessen Bevormundung bedeutete, beherrscht; er geriet aber auch zusehends zum Instrument des dynastischen Repräsentationsbedürfnisses und des Festungsbaus. In dieser Zeit wiederaufgebaute oder neu gegründete Städte oder Stadtteile legen davon Zeugnis ab. Beispiele für den Städtebau dieser Epoche sind die 1606 neu gegründete und seit 1699 mit streng quadratischen Straßengevierten wieder aufgebaute Stadt Mannheim, das 1715 vom Markgrafen Karl Wilhelm von Baden-Durlach gegründete Karlsruhe mit seinem strahlenförmig auf das Schloss bezogenen Stadtgrundriss, die 1676 von dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm vor den Toren Berlins geschaffene Dorotheenstadt und die sich südlich anschließende Friedrichstadt, die 1695 von dem brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III., dem späteren ersten preußischen König Friedrich I. ins Leben gerufen wurde. Dabei kamen sehr modern anmutende Methoden der Städtebauförderung zur Anwendung wie die kostenlose Zuweisung von Bauland und das Zur-Verfügung-Stellen von Baumaterialien durch den Staat, Zuschüsse und Darlehen sowie Steuervergünstigungen. Die Siedlungs- und Bevölkerungspolitik wirkt sich jedoch nicht nur in Stadtgründungen oder Stadterweiterungen aus, sondern auch im ländlichen Bereich; so wurden z. B. in Preußen unter Friedrich dem Großen insbesondere durch die Trockenlegung der Oder-, Warthe- und Netzebrüche planmäßig 900 Dörfer mit über 300000 Neusiedlern geschaffen.