Ruhegeld

Zum Sachverhalt: Der 1897 geborene Kläger war Vorstandsmitglied der U-AG; aus deren Diensten schied er im beiderseitigen Einverständnis am 31. 12. 1953 aus. Er war dann bis zu seiner Pensionierung am 1. 9. 1962 für die S-GmbH tätig.

Die zwischen dem Kläger und der U-AG am 19. 12. 1953 abgeschlossene Vereinbarung gab ihm eine Versorgungszusage bei Dienstunfähigkeit und nach Vollendung des 65. Lebensjahres mit jährlichen Steigerungsraten und mit einem Witwengeld von 60% der jeweiligen Höhe.

Aufgrund dieser Vereinbarung zahlte die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der U-AG dem Kläger von Januar 1962 an monatlich 1000 DM. Außerdem erhielt der Kläger seit. September 1962: von der S-GmbH ein Ruhegeld von monatlich 500 DM. 1964 trat der Kläger vergeblich wegen einer Erhöhung seines Ruhegehalts an die Beklagte heran. 1973 verlangte er abermals eine Anpassung des Ruhegeldes an die gestiegenen Lebenshaltungskosten. Diesmal erklärte sich die Beklagte bereit, dem Kläger für 1973 eine einmalige Beihilfe von 1000 DM und vom 1. 1. 1974 an ein Ruhegeld von monatlich 1362 DM und ab 1.10. 1974 monatlich 1453 DM zu zahlen. Der Kläger verlangt monatlich 1775 DM ab 1. 1. 1974.

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1204 DM und vom 1. 12. 1974 an über die bereits gezahlten 1453 DM hinaus einen Mehrbetrag von monatlich 35 DM zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Kläger die Beklagte verurteilt, 8225 DM sowie vom 1. 12. 1975 an auf Lebenszeit zusätzlich 322 DM monatlich zu zahlen. Die Revision der Beklagte hat keinen Erfolg.

Aus den Gründen: 1. Soweit der Kläger die Erhöhung der ihm durch Vertrag von 1953 versprochenen Bezüge für die Zeit vom 1. 1. 1974 bis zum Inkrafttreten des § 16 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. 12. 1974 am 22. 12. 1974 verlangt, ist noch nach den Grundsätzen zu entscheiden, die der Senat in seinem Urteil BGHZ 61, 31 = NJW 1973, 1599 LM vorstehend Nr. 67 MDR 1973, 833 = BB 1973, 996 im Anschluss an die neuere Rechtsprechung des BAG zur Anpassung vertraglicher Versorgungsbezüge an die gestiegenen Lebenshaltungskosten aufgestellt hat. Das setzt allerdings voraus, dass es sich bei den Bezügen um eine Versorgungsleistung handelt.

Dazu stellt das Berufsgericht fest, der Kläger habe nach jenem Vertrag Anspruch auf ein echtes Ruhegehalt und nicht lediglich, wie die Beklagte meint, auf einen in Raten zahlbaren Kapitalbetrag. Dafür spreche nicht nur das im Vertrag gebrauchte Wort Versorgungszusage, sondern auch der Inhalt dieser Zusage. So seien bestimmte Bezüge aus anderen Kassen anzurechnen; nach dem Tode des Kläger sei nur noch eine verminderte Rente als Witwengeld zu zahlen, und auch das nur zu Lebzeiten oder bis zu einer erneuten Heirat der Witwe; schließlich könne die Zahlung aus wichtigem Grund unterbleiben oder eingestellt werden. Bei verständiger Würdigung ergebe sich als Ziel aller dieser Regelungen, die Altersversorgung des Kläger, der seine bisherige Stellung aufgegeben habe, und die seiner Ehefrau zu sichern. Dem stehe nicht entgegen, dass die Vertragsparteien nach der Darstellung der Beklagte davon ausgegangen sei, dem Kläger sollten insgesamt etwa 100000 DM zufließen. Dieser Betrag sei lediglich ein rechnerisches Hilfsmittel gewesen, um die Höhe der monatlich zu entrichtenden Beträge zu, bestimmen. Das werde durch die Staffelung des Ruhegelds auf versicherungsmathematischer Grundlage noch unterstrichen.

Diese vom Gesamtinhalt und Zusammenhang der Vertragsbestimmungen getragene Auslegung kann die Revision nicht durch eine abweichende Sicht ersetzen. Denn als Abfindung anlässlich der einverständlichen Auflösung des Dienstverhältnisses kann auch eine. Altersversorgung vereinbart werden. Eine Abfindung wegen Aufhebung des Dienstvertrags vereinigt im Allgemeinen mehrere Elemente in sich: Neben der Entschädigung für entgangene Arbeitsvergütung und der Abgeltung sozialer Besitzstände kommt vielfach auch eine Pauschalabfindung für den etwaigen Verlust einer - bereits erworbenen oder bei Fortdauer des Dienstverhältnisses zu erwartenden - Ruhegeldanwartschaft in Betracht. Es steht den Vertragsparteien frei, von diesen möglichen Zweckbestimmungen durch eine Ruhegeldabrede die Versorgung des ausscheidenden Betriebsangehörigen im Alter oder bei vorzeitiger Arbeitsunfähigkeit in den Vordergrund zu stellen. Die Wahl dieser aus damaliger Sicht für den Kläger steuerlich günstigsten rechtlichen Gestaltung lässt auch nicht auf ein nur zum Schein abgeschlossenes Rechtsgeschäft schließen. Ein Scheingeschäft liegt nur vor, wenn den Vertragschließenden der Wille fehlt, die erklärte Rechtsfolge wirklich herbeizuführen. Hier zeigt aber schon die langjährige tatsächliche Durchführung des Vertrags, dass die vereinbarte Pensionsregelung so, wie sie lautet, ernstlich gewollt war. Die dem Kläger versprochene Rente gehört demnach zu den Bezügen, die nach der Rechtsprechung des Senats schon vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung bei einer bestimmten Teuerungsrate angemessen zu erhöhen waren. Denn der tragende Grund für diese Rechtsprechung liegt darin, dass ein Ruhegehalt dem Berechtigten bei Eintritt des Versorgungsfalles allein oder zusammen mit anderen Bezügen eine angemessen Lebenshaltung sichern soll. Eine solche vertragliche Zweckbestimmung hat das BerGer: auch hier festgestellt. Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Revision weder auf Anlass und Zeitpunkt der Vereinbarung noch darauf an, ob der Dienstherr den ausschlaggebenden Grund für Erteilung und Höhe seiner Pensionszusage in seiner Fürsorgepflicht und der Bedürftigkeit des Empfängers sieht. Gerade auch bei Pensionsverträgen mit Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern spielt die Höhe des an Art und Dauer der aktiven Dienstleistungen ausgerichteten Gehalts meist eine wesentliche Rolle, ohne dass hierdurch der Versorgungszweck der Leistung in Frage gestellt wird. Dass die Parteien für die Leistungen der Beklagte einen bestimmten Kapitalwert eingesetzt und nach ihm die vereinbarte Staffelung des Betrags nach dem Zeitpunkt des Zahlungsbeginns errechnet haben sollen, nimmt diesen. Leistungen ebenfalls nicht die Eigenschaft eines Ruhegeldes, als das sie im Vertrag ausdrücklich bezeichnet sind. Das Berufsgericht hat hierin rechtlich fehlerfrei nur einen rechnerischen Anhaltspunkt für die Ermittlung der einzelnen Rentenbeträge, aber keinen den Charakter der Leistung bestimmenden Vertragsbestandteil gesehen. Für die Richtigkeit dieser Beurteilung spricht schon der von ihm zutreffend hervorgehobene Umstand, dass die Ansprüche aus dem Vertrag nicht vererblich, sondern von der Lebensdauer der Berechtigten abhängig sind, die Summe der tatsächlichen Leistungen also sowohl höher als auch -niedriger als 100000 DM sein kann. Allerdings ist bei der vorliegenden Ruhegeldvereinbarung der Gedanke, die Betriebstreue des Dienstverpflichteten zu stärken oder zu belohnen, nicht so deutlich hervorgetreten, wie es bei typischen Pensionszusagen sonst vielfach der Fall ist. Aber der Entgeltcharakter des Ruhegehalts in Verbindung mit den in der Vergangenheit für das Unternehmen geleisteten Diensten, der neben dem Versorgungszweck die Notwendigkeit einer -Anpassung wegen Geldentwertung begründet, ist auch hier unverkennbar gegeben. -

Eine Teuerung von solchem Ausmaß, wie sie vor Inkrafttreten des BetrAVG Voraussetzung für eine vertraglich nicht geregelte Pensionsanpassung war, liegt hier zum 1. 1. 1974 eindeutig vor, gleichviel, ob man vom Zeitpunkt des Pensionsversprechens oder vom Eintritt des Versorgungsfalles ausgeht. Das würde selbst dann gelten, wenn man entgegen der Rechtsprechung des Senats die Stillhaltegrenze nicht bei 334%, sondern mit dem BAG erst bei 40% ansetzen wollte. Da die Beklagte eine Erhöhung des Ruhegeldes über die von ihr seit dem 1. 1. 1974 gezahlten monatlichen Zusatzbeträge hinaus ablehnt und der Kläger die Billigkeit dieser Bestimmung bezweifelt, haben sich die Vorinstanzen mit Recht zu einer Entscheidung nach § 315 BGB für befugt angesehen.