Sauenstall

Zum Umfang der Planungs- und Belehrungspflicht des Architekten, wenn er erkennen muss, dass eine von ihm nicht selbst geplante Maßnahme seines Auftraggebers zu einer Gefährdung des Bauvorhabens führen kann.

Zum Sachverhalt: Mit Einheits-Architektenvertrag vom 25. 2. 1976 betraute der Beklage den Kläger mit Planung und Bauführung für den Umbau seiner Wirtschaftsgebäude zu Schweineställen. Während der Umbauarbeiten beauftragte der Beklage den Bauunternehmer F, der die Maurerarbeiten auszuführen hatte, mit der Herstellung einer Verblendschale nebst Wärmedämmung für den Sauenstall. Der Kläger war während dieser Arbeiten mehrfach auf der Baustelle; er sah, wie sie erledigt wurden. Der Kläger behauptet, dass er noch zwei zusätzliche allerdings nur mündlich erteilte, vom Beklagten später gekündigte Planungsaufträge erhalten habe. Mit der Klage hat er 8268 DM als restliches Honorar aus dem Vertrage vom 25. 2. 1976 sowie als Vergütung der Planung verlangt, die er bis zur Kündigung für die beiden anderen Aufträge erbracht habe. Der Beklagten hat Grund und Betrag der Klageforderung bestritten und mit einem diese Forderung übersteigenden Anspruch auf Schadensersatz aufgerechnet, weil Verblendschale und Wärmedämmung nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden seien und einen Schaden am Sauenstall verursacht hätten.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie ganz abgewiesen. Die - zugelassene - Revision des Klägers hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: I. Das Berufsgericht hat die Revision zugelassen, soweit sie die Rechtsfrage der positiven Forderungsverletzung durch den Kläger betrifft. Es sei, so führt es aus, von grundsätzlicher Bedeutung, ob der Kläger den Beklagten darauf hätte hinweisen müssen, dass die Firma F Verblendschale und Wärmedämmung des umgebauten Wirtschaftsgebäudes bauphysikalisch grob fehlerhaft herstelle. Die Revision hält diese Beschränkung der Zulassung für unwirksam; sie greift das Urteil uneingeschränkt an. Das ist indessen nicht statthaft.

Richtig ist allerdings, dass die Zulassung nicht auf die Klärung einer einzelnen Rechtsfrage begrenzt werden kann; sie muss sich auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen, also abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs beziehen. Hier konnte die Zulassung der Revision daher allenfalls auf die vom Beklagten zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzforderung beschränkt werden. Die vom Berufsgericht für die beschränkte Zulassung der Revision für maßgeblich gehaltene Frage, ob dem Kläger eine positive Vertragsverletzung vorzuwerfen sei, lässt sich bei deren Bejahung nicht von der zweiten Frage trennen, ob der Kläger den Beklagten auf die in den Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Architektenvertrag erwähnte subsidiäre Haftung verweisen könne, sowie - sofern das zu verneinen ist - von der dritten Frage, ob dann das dort vorgesehene Aufrechnungsverbot eingreift.

In diesem Umfange ist die Zulassungsbeschränkung jedoch wirksam

Soweit die Revision zulässig ist, bleibt sie erfolglos. Zwar ist davon auszugehen, dass der Kläger zunächst noch 7011 DM restliches Honorar verlangen konnte. Sein Anspruch ist aber, wie das Berufsgericht zutreffend annimmt, durch Aufrechnung mit einer Schadensersatzforderung des Beklagtens erloschen. Was die Revision dem entgegenhält, greift nicht durch.

Die Außenwand des in einen Sauenstall umgebauten Wirtschaftsgebäudes ist unstreitig mangelhaft.

Für diesen Schaden ist der Kläger verantwortlich.

Das Berufsgericht geht davon aus, dass die Planung der vom Beklagten unmittelbar in Auftrag gegebenen Verblendschale einschließlich Wärmedämmung nicht zu den Aufgaben gehörte, die der Kläger im Architektenvertrag übernommen hatte. Es lässt auch offen, ob der Kläger, wie der Beklage behauptet, dem Bauunternehmer F bei der Ausführung dieser Arbeiten Anweisungen erteilt hat. Nach Auffassung des Berufsgerichts hätte der Kläger gleichwohl auf die fehlerhafte Konstruktion des Wandaufbaus hinweisen müssen, weil sich hieraus negative Auswirkungen auf sein eigenes Architektenwerk ergeben konnten. Da er das unterlassen habe, sei er wegen positiver Vertragsverletzung zum Schadensersatz verpflichtet.

Ob dem in jeder Beziehung zuzustimmen ist, kann fraglich sein. Näher liegt es, dass der Kläger wegen eines Planungsverschuldens nach § 635 BGB haftet. Dass Verblendschale und Wärmedämmung zu dem ihm übertragenen Umbau des Wirtschaftsgebäudes gehörten, hat er selbst angenommen, als er die Schlussrechnung des Bauunternehmers F vom 20. 10. 1976 prüfte und dabei die Kosten dieser Arbeiten von 29191 DM auf 26112 DM zurückführte. Bis zuletzt hat er ferner betont, dass er seine Vergütung eigentlich nach den Gesamtkosten von 227490 DM hätte berechnen dürfen. Doch das mag dahinstehen. Dass der Kläger den Schaden hätte verhindern müssen, ist jedenfalls richtig.

Der Architekt darf in seiner Planung nur eine Konstruktion vorsehen, von der er völlig sicher ist, dass sie den an sie zu stellenden Anforderungen genügt. Er würde schuldhaft handeln, wenn er darüber Zweifel hegen müsste und sich dennoch nicht vergewisserte, ob der von ihm verfolgte Zweck auch zu erreichen ist.

Das gilt nicht nur für die ursprüngliche Planung. Werden während ihrer Ausführung Umstände erkennbar, die der Architekt nicht von vornherein zu berücksichtigen brauchte, etwa spätere Wünsche des Bauherrn, so muss er prüfen, ob und inwieweit diese Umstände mit der bisherigen Planung vereinbar sind und ob sie deren Ergänzung oder Änderung erforderlich machen. Eines zusätzlichen Auftrags bedarf es dazu nicht Entscheidend ist stets, dass das Bauwerk bei seiner Fertigstellung keine Mängel aufweist, die der Architekt noch hätte vermeiden können.

Als der Kläger während der von ihm beaufsichtigten Umbauarbeiten feststellte, dass die Firma F eine von ihm nicht vorgesehene Verblendschale mit Wärmedämmung zu errichten begann, hätte er deshalb sogleich prüfen müssen, ob sich hieraus nachteilige Auswirkungen für das Stallgebäude ergeben könnten. Bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte er dann erkannt, dass die Wärmedämmschicht vor Kondenswasser nicht geschützt war und damit das zweischalig gewordene Mauerwerk insgesamt, also auch im Bereich seiner eigenen Planung mangelhaft werden musste. Auch ungefragt hätte er daraufhin den Beklagten belehren und für eine ordnungsgemäße Planung sorgen müssen. Dass der Kläger über die hierzu nötigen bauphysikalischen Kenntnisse verfügen musste, stellt, das Berufsgericht zutreffend fest. Die Revision bringt dagegen auch nichts vor.

Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufsgericht auch an, dass der Kläger den Beklagten nicht auf eine nur subsidiäre Haftung verweisen kann.

Die zum Architektenvertrag gehörenden Allgemeinen Vertragsbestimmungen lauten, soweit sie hier von Interesse sind: § 6. Haftung des Architekten

Wird der Architekt wegen nachweislich ungenügender Aufsicht und Prüfung oder aus anderen Gründen für fehlerhafte Bauausführung in Anspruch genommen, so haftet er nur, wenn von dem Unternehmer Ersatz nicht zu verlangen ist und auch nicht zu erlangen gewesen wäre, wenn der Bauherr seine Rechte unverzüglich wahrgenommen hätte...

Ausgehend von seiner Auffassung, dass dem Kläger nur die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht zur Last zu legen sei, weil er nicht auf die fehlerhafte Planung hingewiesen habe, meint das Berufsgericht, dass diese Vertragsbestimmung schon nach ihrem Wortlaut nicht für die hier in Rede stehende Vertragsverletzung gelte.

Das ist nicht zu beanstanden und gilt umso mehr, falls den Kläger der Vorwurf eigenen Planungsverschuldens trifft. Derartige die Haftung einschränkende Klauseln sind eng auszulegen. Sie greifen nicht ein, wenn dem Architekten fehlerhafte Planung oder eine positive Vertragsverletzung vorzuwerfen ist, die inhaltlich einem Planungsfehler - also nicht einem Ausführungsmangel gleichkommt.

Zutreffend führt das Berufsgericht schließlich aus, dass das in § 5 Nr. 2 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen vorgesehene Aufrechnungsverbot hier nicht zum Zuge kommt. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH verstößt die Berufung auf eine derartige Vereinbarung gegen Treu und Glauben, wenn die Gegenforderung erwiesen oder sogar unstreitig ist. Das ist hier der Fall.