Schadensbemessung bei Urlaub

Zur Schadensbemessung bei vertanem Urlaub vor Inkrafttreten des § 651 f 11 BGB.

Zum Sachverhalt: Die Kläger buchte im Januar 1979 zusammen mit drei anderen Reisenden ebenso wie eine Gruppe von vier weiteren Personen bei der Beklagte einen Bungalow auf Korsika. Der Preis betrug für die Zeit vom 2. bis 23. 8. 1979 pro Person 516 DM. Die achtköpfige Reisegesellschaft wurde am Urlaubsort in einem Steinbungalow untergebracht, der zwei durch eine Wand getrennte Räume für je vier Personen enthält. Aufgrund der Angaben im Reisekatalog der Beklagte hatten die Reisenden erwartet, in zwei Bungalows mit je zwei Räumen untergebracht zu werden. Die Kläger und ein weiterer Reisender reisten vorzeitig wieder ab. Die Kläger hat - auch für die 7 Mitreisenden, die ihre Ansprüche an sie abgetreten haben - von der Beklagte die Erstattung eines Teils der Unterkünfts- und Reisekosten (insgesamt 3316,58 DM) sowie Schadensersatz für vertanen Urlaub (insgesamt 5460,24 DM) verlangt.

Das Landgericht hat der Kläger6047 DM zuerkannt, davon 3200 DM für vertanen Urlaub, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht (NJW 1981, 827) hat die Berufung und die - im Wesentlichen gegen die Bemessung des Schadens durch vertanen Urlaub gerichtete - Anschlussberufung der K.1. zurückgewiesen und die Revision hinsichtlich der Anschlussberufung zugelassen. Die Revision der Kläger hatte teilweise Erfolg, die Anschlussrevision der Beklagte war unzulässig.

Aus den Gründen: 1. Die von der Beklagte eingelegte Anschlussrevision ist unzulässig. Zwar hat bei beschränkter Zulassung der Revision eine Partei das Recht, sich innerhalb des Klageanspruchs, der infolge Zulassung und Einlegung der Revision dem Berufungsgericht angefallen ist, dem Rechtsmittel des Gegners anzuschließen (BGH, NJW 1968, 1476 [1477]). Diese Voraussetzung ist hier aber nicht erfüllt.

Die Anschlussberufung der Kläger hinsichtlich deren die Revision zugelassen worden ist, betraf nur die Höhe des Schadensersatzanspruchs wegen vertanen Urlaubs. Das Berufungsgericht hat daher die Zulassung der Revision ersichtlich auf den Betrag dieses Anspruchs beschränkt. Das durfte es auch, weil es insoweit in einem gesonderten Verfahrensabschnitt hätte entscheiden können. Dass es tatsächlich kein Grundurteil gemäß § 304 ZPO erlassen hat, ist unerheblich (BGHZ 76, 397 [399] = LM § 546 ZPO Nr. 97 [L] = NJW 1980, 1579; BGH, NJW 1981, 287 Nr. 15). Die Beklagte wendet sich mit der Anschlussrevision ausschließlich gegen den Grund des Schadensersatzanspruchs und will die volle Abweisung dieses Teils der Klage erreichen. Das ist bei einer - wie hier - auf den Betrag beschränkten Zulassung der Revision nicht statthaft.

2. Die von der Kläger eingelegte Revision ist unzulässig, soweit sie sich nicht gegen die vermeintlich zu geringe Bemessung des Schadensersatzes für vertanen Urlaub richtet. Das betrifft einen Betrag von 549,58 DM, den das Landgericht der Kläger als Fahrtkostenersatz versagt und die Kläger mit ihrer Anschlussberufung als weitere Minderung geltend gemacht hat. Das Berufungsgericht hat die mit der Klage verlangte und vom Landgericht zuerkannte Minderung der Unterkunftskosten um die Hälfte für ausreichend erachtet. Die Revision begründet nicht, warum dies nicht richtig sein soll. Sie ist daher insoweit gemäß §§ 554a, 554 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Ob die beschränkte Zulassung der Revision diesen Streitpunkt überhaupt umfassen sollte, kann dahinstehen.

3.Zur Höhe des Schadensersatzes für vertanen Urlaub meint das Berufungsgericht, es komme entgegen BGHZ 77, 116 (120) = LM § 249 (A) BGB Nr. 55 = NJW 1980, 1947 nicht auf den Verdienstausfall bei Wiederholung des Urlaubs an, sondern auf den Betrag, den der Reisende in den fehlgeschlagenen Urlaub investiert habe. Der Verdienstausfall sei nur eine vage Richtgröße für den Aufwand zur Verschaffung zusätzlichen Urlaubs; der Wert des Urlaubs für Erholung und Lebensfreude könne nicht allein am Einkommen des Reisenden gemessen werden. Welche Aufwendungen zur physischen und psychischen Erholung für erforderlich gehalten würden, habe sich in den konkreten Kosten für den Reisevertrag objektiviert. Es sei daher angemessen, jedem der 8 Reiseteilnehmer ohne Rücksicht auf ihr unterschiedliches Einkommen den gleichen Schadensersatz für vertanen Urlaub, nämlich 400 DM, zuzuerkennen. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

a) Das Berufungsgericht läßt außer acht, dass der von ihm zugrunde gelegte Aufwand des Reisenden für die ganz oder teilweise fehlgeschlagene Reise zumeist - wie auch hier - bereits Bezugsgröße für Minderung des Reisepreises und für Erstattung zusätzlicher Kosten ist. Solange sich jedoch die Pflicht zum Schadensersatz für vertanen Urlaub nur damit begründen lässt, dass insoweit ein Vermögensschaden entstanden ist, muss Richtgröße für die Bemessung des Schadensersatzes in erster Linie der mutmaßliche Aufwand für die Verschaffung zusätzlichen (Ersatz-)Urlaubs sein (vgl. BGHZ 63, 98 [105] = LM § 249 [A] BGB Nr. 37 = NJW 1975, 40; BGHZ 77, 116 [123, 125] = LM § 249 [A] BGB Nr. 55 = NJW 1980, 1947; BGHZ 80, 366 [368] = NJW 1981, 1833; BGHZ 82, 219 = NJW 1982, 377).

b) Unstatthaft erscheint dem Senat ein Vorgriff auf das erst am 1. 10. 1979 in Kraft getretene Recht des Reisevertrags (§ 651 f II BGB), wonach bei Vereitelung oder erheblicher Beeinträchtigung der Reise eine angemessene Entschädigung schlechthin wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit verlangt werden kann. Dadurch wird der Richter bei der Bemessung der Entschädigung wesentlich freier gestellt, als das nach der bisherigen Rechtsprechung möglich war. Für das Vertragsverhältnis der Parteien gilt aber das Recht des Werkvertrags ohne das neue Reisevertragsrecht, so dass die Kläger ihren Anspruch wegen vertanen Urlaubs allein auf § 635 BGB stützen kann. Überdies könnte § 651 f II BGB zumindest unmittelbar nicht auf einen Vertrag angewendet werden, nach dem keine Gesamtheit von Reiseleistungen (Reise) zu erbringen (§ 651 a I BGB), sondern nur Unterkünfte zur Verfügung zu stellen waren. Solange und soweit es jedoch nicht möglich ist, auf die Regelung des § 651 f II BGB wenigstens in entsprechender Anwendung zurückzugreifen, bleibt der Senat bei seiner bisherigen Rechtsprechung zum vertanen Urlaub (BGHZ 77, 116 [121] = LM § 249 [A] BGB Nr. 55 = NJW 1980, 1947; BGHZ 80, 366 [368] = NJW 1981, 1833).

c) Richtgröße für die Bemessung des Schadensersatzes ist also auch hier der mutmaßliche Aufwand eines jeden Reisenden für einen Ersatzurlaub. Angesichts der erheblichen Einkommensunterschiede bei den Reiseteilnehmern erscheint es selbst unter zulässiger Berücksichtigung anderer Umstände nicht gerechtfertigt, allen denselben Betrag und den 7 Mitreisenden der Kläger nicht mehr als ihr zuzuerkennen, die für sich die geringste Summe, nämlich nur 406 DM gefordert hat. Dem Umstand, dass alle 8 Reiseteilnehmer den gleichen Reisepreis gezahlt und das gleiche Risiko des Fehlschlags in Kauf genommen haben, ist bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihnen die gleiche Minderung des Reisepreises zuerkannt worden ist. Für eine mögliche Verschaffung zusätzlichen Urlaubs können aber die Aufwendungen nicht gleich sein. Der Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der ganzen Reisegruppe darf deshalb für den Tatrichter nicht maßgeblich sein. Das bedeutet keineswegs - wie das Berufungsgericht meint -, dass bei jedem Reisenden die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu prüfen wären. Der Tatrichter hat insofern einen weiten Raum für seine freie Überzeugungsbildung (§ 287 ZPO). Er darf dabei nur nicht falsche Richtgrößen zugrundelegen.

4. Das Berufungsurteil kann daher nicht aufrechterhalten werden, soweit der Kläger weiterer Schadensersatz für vertanen Urlaub versagt worden ist.