Schadensersatzansprüche
Zur Abgrenzung der Schadensersatzansprüche aus § 635 BGB und aus positiver Vertragsverletzung (im Anschluss an BGHZ 58, 85 = LM vorstehend Nr. 27 und BGHZ 67, 1 = LM .§ 638 BGB Nr. 30).
Zum Sachverhalt: Der IG. ist Gastwirt. Ende Mai 1974 verlegte er seinen Betrieb. Den Abbau, den Transport und die Neuaufstellung seiner Schankeinrichtung führte die Beisp. aus. Dabei hatte sie auch ein Regal über dem Rückbüfett an der Wand zu befestigen. Am 29. 3. 1975 stürzte das Regal herab. Nach der Behauptung des Klägers wurden dabei das Regal, das Rückbüfett, der Tresen und eine Schatzvitrine sowie das zwischen Tresen und Rückbüfett verlegte Linoleum beschädigt. Mit seiner der Beklagte am 24. 5. 1976 zugestellten Klage hat der Kläger hierfür Schadensersatz verlangt. Der Beklagte hat sich u. a. auf Verjährung berufen.
LG und KG haben die Klage abgewiesen. Die - zugelassene - Revision des Klägers führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Aus den Gründen: I. Das Berufungsgericht hält die Klageforderung für verjährt. Bei der Montage der Schankeinrichtung habe es sich nicht um Arbeiten an einem Grundstück oder bei Bauwerken gehandelt; die sich aus dem Werkvertrag ergebenden Gewährleistungsansprüche seien deshalb nach sechs Monaten seit Abnahme (31. 5. 1974) verjährt (§ 638 BGB). Diese Frist greife hier ein, weil der eingeklagte Anspruch nach der Darstellung des Klägers seinen Grund in einer mangelhaften Werkleistung habe und der Schaden in einem engen, unmittelbaren Zusammenhang mit dem Gegenstand der Werkleistung stehe. Das gelte auch für den Schaden am Fußbodenbelag, und zwar gleichgültig, ob das Linoleum dem Kläger oder dessen Vermieterin gehöre. Das rügt die Revision mit Erfolg.
1. Zutreffend nimmt das BerGer, allerdings an, dass etwaige Gewährleistungsansprüche schon nach sechs Monaten, also seit Ende November 1974 verjährt sind. Die Revision greift das auch nicht an.
2. Mit Recht geht das Berufungsgericht ferner davon aus, dass der Kläger nicht einen den Vorschriften der §§ 635, 638 BGB ohne weiteres unterworfenen Mange/schaden geltend macht, dass er vielmehr Ersatz von Mangelfolgeschäden verlangt. Dem hat es aber nicht hinreichend Rechnung getragen.
a) Der Senat hat allerdings im Interesse einer zweckgerechten Anwendung des § 638 BGB gewisse Mangelfolgeschäden in die Gewährleistungshaftung nach § 635 BGB einbezogen, für diese Schäden die nach § 195 BGB regelmäßig geltende dreißigjährige Verjährungsfrist also ausgeschlossen. Außer beim entgangenen Gewinn i. S. des § 252 BGB (seit BGHZ 35, 130 [133] = LIVI § 638 BGB Nr. 3 -= NJW 1961, 1256, st. Rspr.; zuletzt BGHZ 72, 31 [33] = LM vorstehend Nr. 47 -= NJW 1978, 1626) hat er eine Erweiterung des Schadensbegriffs dort für erforderlich gehalten, wo der Folgeschaden mit dem Werkmangel eng zusammenhing. Das war vor allem in den Fällen notwendig, in denen das Werk nur darauf gerichtet war, in der Hand des Bestellers seine Verkörperung in einem weiteren Werk zu finden, so dass sich Fehler des ersten Werks zwangsläufig auf das zweite übertragen mussten, ja dort erst wirksam wurden (BGHZ 58, 85 [89] = LM vorstehend Nr. 27 = NJW 1972, 625). Fehler bei der Planung des Architekten, den Berechnungen des Statikers oder dem Werk des Vermessungsingenieurs hat der Senat deshalb wie Fehler des Bauwerks behandelt, bei denen sie in Erscheinung traten, und zwar auch dann, wenn der Schaden sich nur in einem merkantilen Minderwert äußerte (BGHZ 58, 225 [229] = LM vorstehend Nr. 28 = NJW 1972, 901). Entsprechendes hat der Senat für Isolierungsarbeiten angenommen, die zur Fertigstellung eines Bauwerks beitragen sollten und infolge mangelhafter Ausführung einen Schaden am Bauwerk selbst verursachten (LM VOB Teil B Nr. 37 -= NJW 1970, 421 [423]), für fehlerhafte Befestigung eines Doppelachsaggregats an den Längsträgem eines Pritschensattelauflegers, die Risse an den Trägern verursachte und dadurch das Fahrzeug entwertete (NJW 1971, 1131, insoweit in BGHZ 55, 392 = LM § 638 BGB Nr. 17, nicht abgedruckt) sowie für die Beschädigung von Saphirnadeln, die bei Verpackungsarbeiten nicht - wie nach dem Vertrage erforderlich - sachgemäß aus den Tonköpfen von Plattenspielern entfernt worden waren (Urt. vom 5. 7. 1971 - VII ZR 28/70). Den engen Zusammenhang hat er ferner dort bejaht, wo es um Aufwendungen ging, welche den Kosten der Mängel-, nicht der Mängelfolgebeseitigung gleichzuachten waren (BGHZ 54, 352 [358] = LIVI VOB Teil B Nr. 43 = NJW 1971, 99; BGH, LM § 638 BGB Nr. 11 -= NJW 1969, 1710 [1711]).
b) Der Senat hat andererseits aber auch berücksichtigt, dass gerade im Bereich des Werkvertrages nicht selten noch nach Ablauf der kurzen Verjährung Mängelfolgen auftreten, die in ihren Wirkungen unverhältnismäßig schwer sind. Das kann insbesondere bei Unfällen oder sonstigen ein fremdes Rechtsgut schädigenden Ereignissen der Fall sein, die zwar auf Mängeln an Bauwerken, beweglichen Sachen oder unkörperlichen Werken beruhen, die der Gesetzgeber aber bei seinen Erwägungen zu den §§ 635, 638 BGB nicht vor Augen gehabt hatte. Solche Folgen dürfen bei zweckgerechter Auslegung dieser Bestimmungen nicht unter deren Geltungsbereich gebracht werden (BGHZ 58, 85 [91] = LM vorstehend Nr. 27 = NJW 1972, 625). Als entfernten, mithin der dreißigjährigen Verjährung unterliegenden Mangelfolgeschaden hat er deshalb einen Brandschaden beurteilt, der erst vier Jahre nach der Umstellung zweier Schachtöfen von Gas- auf Ölfeuerung entstand, weil ein vom beklagte Unternehmer montiertes Ölzuleitungsrohr gebrochen war (BGHZ 58, 305 = LM vorstehend Nr. 30 = NJW 1972, 1195). In gleichem Sinne hat er entschieden, als ein Wertgutachten sich sechs Jahre nach seiner Erstattung als mangelhaft erwies (BGHZ 67, 1 = LM § 638 BGB Nr. 30 = NJW 1976; 1502). Auch unabhängig vom Zeitablauf hat der Senat wiederholt Sachverhalte als Fälle positiver Vertragsverletzung gewürdigt, die ihrer Art nach denen nahekamen, welche gewöhnlich bei Verletzung von Obhutspflichten entstehen (vgl. auch Schlenger, Ztschr. f. BergR 1978, 9). Außer dem bereits erwähnten Brandschaden (BGHZ 58, 305 = LM vorstehend Nr. 30 = NJW 1972, 1195) gehörten hierzu Brandschäden, die im Zusammenhang mit Schweiß- bzw. Isolierungsarbeiten verursacht worden waren (VersR 1963, 195; 1966, 1154), und Wasserschäden, die nach einer von einem Dritten durchgeführten Probeheizung auftraten, weil ein von dem damaligen Beklagte montierter Heizkörper zu dünnwandig war und daher dem Wasserdruck der von dem Dritten installierten Heizanlage nicht standhielt (VersR 1962, 460). Entsprechendes galt für Schäden, die auslaufendes Öl nur deshalb verursachte, weil der Unternehmer bestimmte Rohrteile nicht ordnungsgemäß verschlossen bzw. nur mangelhaft angeschweißt hatte (BauR 1972, 127 [128], insoweit in BGHZ 57, 242 = LM § 263 ZPO Nr. 13 -= NJW 1972, 450, nicht abgedruckt; LM vorstehend Nr. 25), sowie schließlich für den Schaden, den ein mit der Demontage einer Kranbrücke beauftragter Unternehmer an Kranbahn und Kranbrücke verursacht hatte (NJW 1969, 838).
3. Diesen als positive Vertragsverletzungen beurteilten Beispielen ist der vorliegende Fall vergleichbar. Von der Rechtsprechung des Senats bereits anerkannte Umstände, die ausnahmsweise für eine Erweiterung des engen Schadensbegriffes sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Ebenso wie bei den vorstehend zu 2b erwähnten Fällen handelt es sich nach der dem Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Darstellung des Klägers hier vielmehr um einen Sachverhalt, der einer Verletzung von Obhutspflichten ähnlich ist. Ohne weiteres deutlich wäre das, wenn der Schaden sich schon während der Montage ereignet hätte: Wer seine Pflicht versäumt, sich bei der Abwicklung des Schuldverhältnisses so zu verhalten, dass Person, Eigentum und sonstige Rechtsgüter des anderen Teils nicht verletzt werden, begeht eine positive Vertragsverletzung (vgl. z.B. Palandt-Heinrichs, BGB, 38. Aufl., § 276 Anm. 7c bb m. Nachw.). Dass der Schaden nicht sogleich, sondern erst später eingetreten ist, vermag die rechtliche Beurteilung der Vertragsverletzung nicht zu beeinflussen. Zu einer Einbeziehung der sich hieraus ergebenden Ansprüche in die Gewährleistungshaftung besteht kein hinreichender Grund, weil sie - wie gerade auch der vorliegende Fall wieder zeigt - dann häufig schon vor ihrer Entstehung verjährt wären. Der im neueren Schrifttum (z. B. Peters, VersR 1979, 111) vertretenen Auffassung, die Gewährleistungsfrist nicht schon mit der Abnahme (§,638 I2 BGB), sondern in analoger Anwendung des § 852 BGB erst mit der Kenntnis von Schaden und Ersatzpflichtigen beginnen zu lassen vermag der Senat aus schon früher dargelegten Gründen (BGHZ 67, 1 [7] = LM § 638 BGB Nr. 3 =NJW 1976, 1502) nicht zu folgen. Entsprechendes gilt für die Ansicht von Medicus (Unmittelbarer und mittelbarer Schaden, 1977, S. 22 m. Fußn. 61), wonach es bei dem späteren Beginn der Verjährung nur um die Berücksichtigung des durch Auslegung ermittelten Vertragszwecks gehe: Im Recht des Werkvertrages hat die Abnahme nicht nur für den Beginn der Verjährung, vielmehr auch sonst eine diesen Vertragstyp bestimmende Bedeutung (vgl. §§ 640II, 641, 644f. BGB).
II. Die Klageforderung ist nach alledem nicht verjährt. Auf die von der Revision mit Recht erhobene Rüge, dass das Berufungsgericht die hier auf der Hand liegenden Ansprüche aus unerlaubter Handlung nicht geprüft. hat (.vgl. z. B. BGHZ 55, 392 = LM § 638 BGB Nr. 17 =NJW 1971, 1131; LM vorstehend Nr. 25), kommt es somit nicht mehr an.