Schadensersatzrenten als Einkommen

Hat der Geschädigte die Schadensersatzrenten als Einkommen zu versteuern, so muss der Schädiger ihm diese Steuer ersetzen. Nicht zu ersetzen ist ein durch Aufhebung der Lebensgemeinschaft entstandener steuerlicher Nachteil (Verlust des Splitting-Tarifs, Verringerung der Höchst- und Pauschalbeträge für Werbungskosten und Sonderausgaben).

Zum Sachverhalt: Der Beklagte ist den Kläger aus einem von ihm verschuldeten Verkehrsunfall vom 28. 10. 1969, bei dem die Ehefrau des Erstklägers (im folgenden Kläger) und Mutter der Zweit- und Drittkl. (im folgenden Kläger) getötet wurde, schadensersatzpflichtig. Der Rechtsstreit wird nur noch um die Höhe der nach § 844 II BGB wegen Verlust des Rechts auf Unterhalt zu zahlenden Renten geführt. Die 1932 geborene, damals also 37 Jahre alte Getötete führte den Haushalt der Familie; sie war nicht berufstätig. Die beiden Kläger (das jüngste 6 Jahre alte Kind kam beim Unfall ebenfalls ums Leben) waren seinerzeit 15 und 14 Jahre alt; sie besuchten das Gymnasium. Die Zweitkl. studierte seit dem Wintersemester 1973 zuerst an der Universität M. und seit Oktober 1974 außerhalb ihres Wohnortes. Zur gleichen Zeit hat auch die Drittkl. auswärts ein Studium aufgenommen. Der 1927 geborene Kläger war und ist Maschinenbauingenieur mit einem Bruttoverdienst von jährlich seinerzeit etwa 36000 DM und im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung von rd. 46000 DM. Die Familie wohnte und wohnt in einem von ihm geerbten Haus, bestehend aus zwei Stockwerken: Im unteren mit drei Zimmern, Küche und Bad und im oberen mit vier Zimmern und Bad. Um das Haus liegt ein Garten von etwa 400 qm; ferner gehörte dem Kläger ein weiterer Garten von etwa 1000 qm; beide Gärten dienten vorwiegend als Nutzgärten. Die Kläger haben für die Zeit vom Unfall Tag (28. 10. 1969) bis zur Klageeinreichung am 28. 7. 1971 monatliche Renten von 750 DM (davon 400 DM für den Kläger und je 175 DM für die Kläger) geltend gemacht. Ab 28. 7. 1971 haben sie unter Zugrundelegung der für die seitdem eingestellte Haushälterin aufzuwendenden Unkosten von monatlich rd. 1290 DM diesen Betrag beansprucht, und zwar für den Kläger monatlich 800 DM (bis zu seiner Wiederverheiratung, längstens bis zu dem Tag, an dem die Getötete ihr 75. Lebensjahr vollendet haben würde) und für die beiden Kläger in Höhe von monatlich je 245 DM (jeweils bis zur Vollendung ihrer Berufsausbildung). Hierauf hat der Haftpflichtversicherer des Beklagten monatlich 200 DM für den Kläger und je 50 DM für die beiden Kläger gezahlt. Im Übrigen hat der Beklagte Klageabweisung begehrt.

Das Landgericht hat den Rentenansprüchen im Wesentlichen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Renten erheblich gekürzt. Gegen dieses Urteil haben sowohl die Kläger als auch der Beklagte Revision eingelegt. Die Revision der Kläger führte zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, die Revision des Beklagten hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Das Berufungsgericht schätzt die nach § 844 II BGB geschuldeten Renten nach der gesetzlich geschuldeten Unterhaltspflicht der Getöteten (§ 1360 bzw. § 1601 BGB) und läßt eine möglicherweise darüber hinaus tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung außer Betracht. Ausgehend von der großen Arbeitslast, die durch die Versorgung der 5köpfigen Familie (darunter ein Kind von 6 Jahren) im eigenen Haus angefallen sei, hält es die Getötete nicht für verpflichtet, zusätzlich auch noch durch umfangreiche Arbeiten im Garten für billige Nahrung zu sorgen. Ferner legt es nicht den tatsächlich vorhandenen älteren Zuschnitt des Haushalts der Familie zugrunde, sondern geht in Anbetracht der guten wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers davon aus, dass die Getötete nur verpflichtet war, einen Haushalt mit modernen arbeitssparenden Geräten (wie Waschmaschine, Bügelmaschine, Geschirrspülautomat) zu versorgen. Bei der Schätzung des Umfangs des Unterhaltsbedarfs geht es von der Arbeitsleistung aus, die die seit Januar 1972 eingestellte Ersatzkraft erbracht hat. Unter Berücksichtigung einer Mitarbeitspflicht der beiden Kläger von einer Stunde wöchentlich (das Berufungsgericht verneint eine solche des Klägers vor seinem 65. Lebensjahr) und der zumutbaren Ausstattung des Haushalts mit modernen Geräten schätzt es den Arbeitszeitbedarf auf zunächst wöchentlich 28 Stunden und ab 1.10. 1974 für den Kläger allein auf 20 Wochenstunden. Auf die errechneten Beträge müsse der Kläger sich im Wege der Vorteilsausgleichung den für seine Ehefrau ersparten Unterhalt anrechnen lassen. Dabei berücksichtigt es, dass die Getötete nach dem unwiderlegten Vortrag der Kläger besonders fleißig und sparsam gewesen sei, durch Bearbeitung des Gartens billige Nahrungsmittel beschafft und durch eigene Strick- und Näharbeiten für Kleidung gesorgt habe. Es entspreche der Billigkeit, für ersparte Aufwendungen monatlich bis zum 31. 12. 1973 je 300 DM und abl. 1. 1974 je 350 DM einzusetzen. Eine Herabsetzung dieses Betrages zum Ausgleich der angeblich durch den Tod seiner Ehefrau bedingten steuerlichen Nachteile sei nicht gerechtfertigt. Die Revision der Kläger führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht Die Revision des Beklagten ist zurückzuweisen.

I. Zur Revision der Kläger Die Revision macht geltend, die geschätzten Einsatzbeträge für die Renten seien zu niedrig, die Beträge für die Vorteilsausgleichung dagegen zu hoch bemessen. Sie hat im Ergebnis Erfolg.

1. Unbeachtlich ist allerdings die Rüge, das Berufungsgericht habe auch die Gartenarbeiten der von der Getöteten geschuldeten Unterhaltspflicht zurechnen müssen. Zwar ist die Begründung dieser an sich im Rahmen tatrichterlichen Ermessensspielraums liegenden Zuordnung insoweit widersprüchlich, als das Berufungsgericht einerseits verneint, dass die Getötete wegen ihrer großen Arbeitsbelastung verpflichtet gewesen sei, auch noch die beiden Gärten zu bearbeiten, andererseits aber zum Ausgleich dieser großen Belastung nur einen Arbeitszeitbedarf von zunächst 28, später sogar nur 20 Wochenstunden festsetzt, also von einer Arbeitsleistung der getöteten Ehefrau und Mutter ausgeht, die weit unter der Mindestarbeitszeit jeder durchschnittlichen Berufstätigkeit liegt. Da das Berufungsurteil hinsichtlich dieses (zu niedrig) bewerteten Arbeitszeitbedarfs jedoch keinen Bestand hat, das Berufungsgericht zudem die von der Getöteten über den geschuldeten Unterhalt hinausgehende zusätzliche Arbeitsleistung zulässigerweise bei der Vorteilsausgleichung berücksichtigt (vgl. III 1), hat sich dieser Widerspruch nicht zu Lasten der Kläger ausgewirkt.

Die Revision meint ferner, der vom Berufungsgericht für von der Getöteten geschuldeten Unterhalt geschätzte Arbeitszeitbedarf von zunächst 28, später 20 Wochenstunden werde dem Umfang der in einem (durch den Tod der Ehefrau reduzierten) 4-Personen-Haushalt des vorliegenden gehobenen Zuschnitts anfallenden Arbeiten nicht gerecht. Diese Rüge greift durch. Zwar obliegt es grundsätzlich dem Tatrichter, den gemäß § 844 II BGB zum Ausgleich der durch den Tod einer Ehefrau und Mutter ausgefallenen (geschuldeten) Unterhaltsleistungen erforderlichen Betrag zu schätzen (§ 287 ZPO). Das RevGer. ist nur (ausnahmsweise) berechtigt, diese Schätzung zu überprüfen, wenn das Berufungsurteil auf grundsätzlich falschen Erwägungen beruht oder entscheidungserhebliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat. Im Streitfall hat das Berufungsgericht jedoch den Arbeitszeitbedarf so erheblich unterbewertet, dass die diesbezügliche Rüge revisionsrechtlich beachtlich ist.