Schadensminderung

Grundsätzlich führt die Bundesknappschaft die Maßnahmen der Rehabilitation in den ihr zur Verfügung stehenden Einrichtungen durch. Sie legt Ort, Beginn, Dauer und Art der Erfolg versprechenden Maßnahmen fest. Somit fiel es zumindest auch in den Aufgabenbereich der Kläger, die Initiative zu gebotenen Heilmaßnahmen ihres Versicherten zu ergreifen.

Diese der Kläger dem Verletzen gegenüber bestehende Pflicht hat sie aus Nachlässigkeit nicht erfüllt, denn die Entfernung des Nagels war bis 2 Jahre nach dessen Einsetzung aus medizinischer Sicht geboten und hätte aller Voraussicht nach zur vollständigen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Verletzten geführt.

Im vorliegenden Falle geht es allerdings nicht um die Pflichten der Kläger als Trägerin von Rehabilitationsmaßnahmen ihrem Versicherten gegenüber, die dem öffentlichen Recht angehören und auch vom ordentlichen Gericht nur als Vorfrage beurteilt werden dürfen. Anspruchsgrundlage ist vielmehr das bürgerlichrechtliche Schuldverhältnis zwischen dem Beklagte und der Kläger als Gläubigerin des Deliktsanspruchs kraft nach § 1542 RVO übergegangenen Rechts.

Der Zessionar eines Schadensersatzanspruches muss nun zwar nach den §§ 404, 412 BGB Einwendungen, die der Schädiger aus § 254 BGB gegen den Geschädigten hat, gegen sich gelten lassen. Wenn der Schuldner solche Einwendungen in der Regel gegen den Zessionar selbst nicht erheben kann, liegt dies daran, dass dieser kaum einmal eigene Möglichkeiten der Schadensabwendung oder auch Schadensminderung besitzt; er erwirbt mit dem Ersatzanspruch nur in den seltensten Fällen auch den rechtlichen und tatsächlichen Einfluss auf die Schadensentwicklung, die Grundlage für Obliegenheiten nach § 254II BGB ist.

Indessen ist hier, wie gezeigt, deshalb eine besondere Sachlage gegeben, weil durch das öffentlichrechtliche Versicherungsverhältnis die Zuständigkeit für die spätere Schadensminderung weitgehend auf die Kläger die gleichzeitig kraft § 1542 RVO Gläubigerin des im Streit befindlichen Ersatzanspruchs geworden war, verlagert war, was die Eigenverantwortung des Verletzten in entsprechendem Umfang mindern konnte. Diese Sachlage hätte der Gesetzgeber - hätte er sie zu bedenken gehabt - nicht anders regeln können als in der in § 254II BGB zum Ausdruck gekommenen Weise. Der Senat sieht sich daher zu einer ergänzenden Gesetzesauslegung um so mehr befugt, als die Vorschrift des § 254 BGB anerkanntermaßen nur eine besondere Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes des § 242 BGB ist und überdies die im vorliegenden Falle gegebenen Umstände der in § 254 BGB geregelten Rechtssituation in besonderem Maße nahe kommen.

Die Kläger kann billigerweise den auf sie übergegangenen Ersatzanspruch insoweit nicht geltend machen, als er darauf beruht, dass sie selbst eine in ihre Zuständigkeit fallende, mögliche Maßnahme der Schadensminderung verabsäumt hat. Der Umstand, dass die Kläger mit dieser Schadensminderung zugleich ihrer öffentlichrechtlichen Pflicht gegenüber dem Verletzten nachgekommen wäre, ist in dem hier gegebenen Zusammenhang nur insofern von Bedeutung, als sie deutlich macht, dass diese Schadensminderung nicht unzumutbar war. Denn es geht hier, ebenso wie im eigentlichen Falle des § 254 BGB, nicht etwa um eine echte Pflicht des Gläubigers gegenüber dem Schuldner, sondern nur um eine Verantwortung mit Obliegenheitscharakter, die gegebenenfalls dazu führt, dass sich der Gläubiger eine Minderung seines Anspruchs gefallen lassen muss. In diesem begrenzten Umfange kann auch das ordentliche Gericht bei seiner Entscheidung die Säumnis der Kläger bei der Erfüllung ihrer öffentlichrechtlichen Pflicht berücksichtigen. Andererseits geht es auch nur darum, dass diese sich im Rahmen eines bürgerlichrechtlichen Schuldverhältnisses, also im fiskalischen Bereich, die Nachlässigkeiten der für sie tätig gewordenen Personen zurechnen lassen muss, woran Zweifel nicht ersichtlich sind. Darauf, ob deren persönliche Haftung aus § 839 BGB den dieser Vorschrift eigenen Beschränkungen unterläge, kommt es im Streitfall nicht an.

Es ist revisionsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass das Berufsgericht den Schadensverursachungsbeitrag der Kläger als so wesentlich ansieht, dass es deren Rückgriffsansprüche ab 1972 vollständig versagt; in der Tat ist der gesamte geltend gemachte Schaden auf die Nichtentfernung des Nagels zurückzuführen.