Schäden-Waschanlage

Zur Haftung für Schäden beim Betriebe einer vollautomatischen Waschanlage für Kraftfahrzeuge.

Die Beklagte betreibt eine vollautomatische Waschanlage für Pkw. An der Einfahrt der Anlage hat sie Schilder aufgestellt, die folgenden gut lesbaren Hinweis enthalten:

Motor laufen lassen

Nicht lenken oder bremsen

Achtung während des Waschvorgangs.

Nach dem Waschen gelangt das Fahrzeug zu einem durch Lichtschranken gesteuerten Teleskopdüsenkasten, der sich entsprechend den Umrissen des Fahrzeugs hebt und senkt und mit hohem Druck Trockenluft auf die Oberfläche des Wagens bläst.

Im Oktober 1971 fuhr der Kläger seinen mit einer Automatik ausgestatteten Pkw in diese Anlage. Der Wagen stieß gegen den Teleskopdüsenkasten und wurde beschädigt. Die anschließend durchgeführte Testwaschung eines anderen Fahrzeugs verlief ohne Störung.

Der Kläger hat mit der Klage Schadensersatz gefordert. Er hat behauptet, er habe den Motor abgestellt und den Leerlauf eingelegt gehabt. Die Beklagte hat demgegenüber vorgetragen, dass die Anlage bis zu jenem Tage etwa 100000 Fahrzeuge einwandfrei gewaschen und auch seitdem ordnungsgemäß gearbeitet habe. Da sie sich bei der geringsten Störung ausschalte, müsse der Kläger sein Fahrzeug weisungswidrig in Gang gesetzt haben.

LG und Oberlandesgericht haben der Klage stattgeben. Die zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Das Berufungsgericht lässt offen, ob der Schaden auf Verschulden der Beklagten oder ihres Personals zurückzuführen ist. Die Beklagte hafte auch dann, wenn ihr ein Verschulden nicht zur Last gelegt werden könne. Sie habe nämlich stillschweigend die Garantie dafür übernommen, dass das Fahrzeug in ihrer vollautomatischen Anlage nicht beschädigt werde. Voraussetzung sei lediglich gewesen, dass der Kläger den aus den Schildern an der Einfahrtstraße ersichtlichen Weisungen folgte. Außerdem trage die Beklagte das Beweisrisiko hinsichtlich des für den Schaden kausalen Fehlers. Demgemäß obliege ihr der Beweis dafür, dass der Kläger ihre Anordnungen missachtet und dadurch den Schaden verursacht habe.

Der Revision ist zuzugeben, dass die Auslegung, die das Berufungsgericht dem Verhalten der Parteien bei Vertragsschluss hat zuteil werden lassen, von Rechtsfehlern beeinflusst ist und nicht aufrechterhalten werden kann. Seine Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme, dass die Beklagte für die Erfüllung ihrer aus dem Werkvertrage sich ergebenden Obhutspflichten auch ohne Verschulden habe einstehen sollen.

Eine Verpflichtung zum Schadensersatz besteht in der Regel nur bei Verschulden des Schädigers. Dieser allgemeine Grundsatz des Haftungsrechts gilt auch für Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung; er wird nicht dadurch beseitigt, dass das Gesetz in Einzelfällen hiervon abweicht. Schon aus diesem Grund kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts für die Auslegung nicht darauf an, dass der Vermieter wegen eines schon bei Vertragsschluss vorhandenen Mangels der Mietsache nach § 538 I BGB auch ohne Verschulden Schadensersatz zu leisten hat. Die Vereinbarung, dass der Unternehmer für den Erfolg seiner Leistung unbedingt und damit auch ohne Verschulden einstehen soll, bildet auch für vertragliche Nebenpflichten eine Ausnahme. Ist sie nicht ausdrücklich getroffen worden, wird sie nur unter Anlegung eines strengen Maßstabes angenommen werden können.

Das hat das Berufungsgericht nicht bedacht. Seine Auffassung, es sei Sache der Beklagten gewesen, die Risikoübernahme unmissverständlich auszuschließen, ist mit jenem Grundsatz der Verschuldenshaftung nicht vereinbar. Die von ihm angeführten Gründe sind für die Frage, welche Bedeutung der Kläger dem Verhalten der Beklagten nach der Verkehrssitte und den Gesamtumständen beimessen durfte, nicht erheblich.

Eine Garantiezusage lässt sich nicht schon daraus herleiten, dass die Beklagte eine vollautomatische Leistung angeboten hat Mit Recht hebt die Revision hervor, dass es keinen Unterschied machen kann, ob ein Fahrzeug mit der Hand, unter teilweisem Einsatz von Maschinen oder vollautomatisch gewaschen wird. Auch bei einer vollautomatischen Anlage ist menschliches Versagen denkbar. Während des Waschvorgangs selbst mag es zwar kaum eine Rolle spielen; vorher - etwa bei. der Wartung - kommt ein Verschulden des Bedienungspersonals jedoch durchaus in Betracht. Im Übrigen kann ein Schaden auch dadurch verschuldet werden, dass die Anlage trotz eines erkannten oder jedenfalls erkennbaren Konstruktionsmangels betrieben wird. Ein Beispiel dafür bietet der Sachverhalt, der dem Urteil des Oberlandesgerichts München, NJW 1974, 1143 zugrunde lag. Dort waren - wie der Unternehmer wusste - weder Vorkehrungen gegen einen Auffahrunfall getroffen, noch gab es eine die Anlage rechtzeitig ausschaltende Sicherung.

Der vom Berufungsgericht sodann gewürdigte Umstand, dass der Kläger das mit der Benutzung der Anlage verbundene Risiko nicht habe überschauen können, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Sie wäre nur geboten, wenn der Kläger nach der Verkehrssitte hätte damit rechnen können, dass die Beklagte aus diesem Grunde mit einer vom Verschulden unabhängigen Haftung einverstanden sei.

Dahingehende Feststellungen hat das Berufungsgericht jedoch nicht getroffen; sie würden zudem der Lebenserfahrung widersprechen, weil Unternehmer sich regelmäßig vor Schadensersatzansprüchen zu schützen suchen, die in ihren Auswirkungen unübersehbar sind, sich einer wirtschaftlich vertretbaren Risikodeckung entziehen und über den Wert der Gegenleistung weit hinausgehen. So hat denn auch der Senat in vergleichbaren Fällen, in denen der Besteller dem Unternehmer Gegenstände von erheblichem Wert anvertraut hatte, nur eine Verschuldens-, nicht eine Garantiehaftung angenommen. Soweit die Frage nach dem Verschulden in Rede steht, ist den schutzwürdigen Interessen des Bestellers hinreichend damit gedient, dass der Unternehmer den Beweis für seine Schuldlosigkeit zu führen, hat, sofern nur die Schadensursache in seinem Organisations- und Gefahrenbereich liegt.

Nicht zutreffend ist schließlich die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die Beklagte auch deshalb ohne Verschulden haften müsse, weil sie den Marktvorteil des günstigen Leistungsangebots genieße. Auch hieraus folgt noch nicht ein stillschweigend zum Ausdruck gebrachter Wille zur Übernahme einer weitergehenden Haftung. Auf die von der Revision gestellte Frage, ob der mit dem vorteilhaften Angebot verbundene Nutzen des Kunden nicht eher zugunsten der Beklagten spreche, kommt es danach nicht mehr an.

Andere Umstände, die eine Garantiehaftung der Beklagten begründen könnten, sind nicht ersichtlich.

Für eine ergänzende Vertragsauslegung bei der die Erwägungen des Berufungsgerichts eine Rolle spielen könnten, ist schon deshalb kein Raum, weil der Vertrag keine Lücke enthält. Die Parteien haben zwar im Hinblick auf die Haftung keine besondere Vereinbarung getroffen; insoweit greifen aber die gesetzlichen Vorschriften ein. Von einer im Wege richterlicher Vertragsergänzung auszufüllenden Lücke kann nur ausgegangen werden, wenn die Beteiligten ein Rechtsverhältnis abschließend gestalo ten wollten, eine bestimmte Frage aber ungeregelt und offen geblieben ist. Das hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; nach Lage der Dinge hatte -es zu dahingehenden Ermittlungen auch keinen Anlaß.

Mit Recht wendet sich die Revision ferner gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die Beklagte das Beweisrisiko hinsichtlich des für den Schaden kausalen Fehlers übernommen habe. Eine Haftung auch für den Fall, dass die Schadensursache nicht geklärt werden könne, würde den Umfang der bisher erörterten Garantie noch überschreiten, weil die Beklagte selbst dann zum Ersatz verpflichtet wäre, falls der Kläger den Schaden verschuldet hätte und dies nur nicht bewiesen werden könnte. Eine derartige Vereinbarung kommt deshalb noch weniger in Betracht als eine Garantiezusage. Den Grundsatz, dass der Geschädigte den objektiven Tatbestand einer positiven Vertragsverletzung und deren Ursächlichkeit für den eingetretenen Schaden zu beweisen hat, haben die Parteien nach alledem nicht stillschweigend aufgehoben.

Das Berufungsurteil ist jedoch im Ergebnis richtig; denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haftet die Beklagte dem Kläger aus für den Schaden ursächlicher positiver Vertragsverletzung.

Hatte der Kläger, wie er vorgetragen hat, den Motor abgestellt, so konnte er sein Fahrzeug nicht weisungswidrig in Gang setzen. Der Schaden kann dann nur aufgrund eines nicht mehr aufzuklärenden, von der Beklagten jedenfalls zu vertretenden Fehlers der Anlage entstanden sein. Das wird auch von der Revision nicht bezweifelt. Sie hat sich lediglich auf die Behauptung der Beklagten berufen, der Kläger müsse den Wagen von sich aus beschleunigt haben, weil der Schaden anders nicht zu erklären sei.

Hatte der Kläger dagegen den Motor nicht abgestellt, sondern, der Anordnung auf den Hinweisschildern folgend, im Leerlauf gelassen, so bestand für das mit einem automatischen Getriebe ausgestattete Fahrzeug in der automatischen Waschanlage eine erhöhte Gefahr. Anders als bei einem mit gewöhnlicher Gangschaltung versehenen Fahrzeug bedurfte es dann nur einer geringen, dem Insassen möglicherweise nicht zum Verschulden gereichenden Unachtsamkeit, um den Wählhebel aus der dem Leerlauf zu vergleichenden N-Stellung in die einem eingelegten Gang entsprechende D-Stellung zu verschieben und das Fahrzeug damit zu schnell auf den Trockenbogen hin zu bewegen.

Damit, dass der Fahrer eines mit automatischem Getriebe ausgerüsteten Wagens den Wählhebel unbewusst verschieben könnte, musste die Beklagte rechnen. Während des Waschvorganges befindet sich der im Wagen gebliebene Fahrer in einer Lage, die unter Umständen unkontrollierte Bewegungen auslösen kann. Das ist besonders dann der Fall, wenn - was immer wieder vorkommt - vorstehende Teile des Fahrzeugs von den Bürsten erfaßt und verbogen werden. Die Beklagte hätte deshalb geeignete Vorkehrungen treffen müssen, damit das Fahrzeug auch dann nicht beschädigt wurde, wenn der Wählhebel versehentlich verstellt wurde. Das hat sie ersichtlich nicht getan; sonst wäre der Schaden nicht eingetreten. Zumindest hätte sie auf die besondere Gefahr hinweisen müssen, die für Fahrzeuge mit Getriebeautomatik bestand, wenn der Motor nicht abgestellt wurde. Dass sie den Mangel hinreichender Sicherungsmaßnahmen zu vertreten hat, bedarf keiner Erörterung.