Scheckinhaber

Eine Bank, die einen auf sie gezogenen, vom Aussteller wirksam widerrufenen Scheck einlöst, hat keinen unmittelbaren Bereicherungsanspruch gegen den Scheckinhaber, wenn dieser den Widerruf des Schecks nicht kannte.

Anmerkung: Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die beklagte Spar- und Darlehenskasse stand in Geschäftsbeziehungen zu einer Firma B. Zur Sicherung einer Darlehensforderung dienten ihr vier Briefgrundschulden. Der Kaufmann M. übernahm die Verpflichtungen der Firma B. Die Beklagte übertrug die Grundschulden auf ihn, behielt jedoch die Briefe bis zur vollen Tilgung der Schuld in ihrem Besitz. Der Kaufmann M. vereinbarte dann mit der Firma K., einer Kundin der klagenden Bank (Kl.), die Übertragung dieser Grundschulden gegen einen Preis von 12500.0 DM. Davon sollten 80 000 DM durch Eintritt der Firma K. in die Schuld des Kaufmanns M. gegenüber der Beklagte getilgt werden. Für die restlichen 45 000 DM gab die Firma K. mehrere Wechsel. Die Firma K. ersteigerte das Grundstück, auf dem die Briefgrundschulden eingetragen waren. Im Verteilungstermin übergab ein Vertreter der Firma K. der Beklagte einen Scheck über 80 000 DM. Als Mitteilung für den Empfänger waren die Worte Übernahme der Verbindlichkeiten des M. eingefügt. Zwischen dem Kaufmann M. und der Firma K. war es zu Schwierigkeiten gekommen, weil der Kaufmann M. ihm von der Firma K. übergebene Prolongationswechsel über 45 000 DM nicht dazu verwendet hatte, die zunächst gegebenen fälligen Wechsel abzudecken. Die Firma K. sperrte daher durch Schreiben vom 28. 10. 1970 an die Kläger den Scheck über 80 000 DM. Die Kläger bestätigte ihm den Widerruf. Trotzdem zahlte sie die 80.000 DM an die Beklagte Ein Angestellter der Kläger hatte den Widerruf des Schecks durch die Firma K. übersehen. Die von dem Kaufmann M. im September 1970 abredewidrig weitergegebenen Prolongationswechsel löste die Firma K. am 10. 12. 1970 in Höhe von 20 000 DM ein.. In dem vorl. Rechtsstreit nahm die Kläger in dieser Höhe die Beklagte aus ungerechtfertigter Bereicherung - sowohl aus eigenem wie aus abgetretenem Recht der Firma K. - in Anspruch. Die Instanzgerichte haben die Klage abgewiesen. Die - zugelassene - Rev. hatte keinen Erfolg.

1. Es besteht kein unmittelbarer Bereicherungsanspruch der Kläger gegen die Beklagte. Das ergibt sich aus folgendem:

a) Es handelt sich hier um einen Fall der Leistung kraft Anweisung. In einem solchen Fall vollzieht sich der Bereicherungsausgleich innerhalb des jeweiligen Leistungsverhältnisses. Das ist einmal das sog. Deckungsverhältnis zwischen dem Anweisenden (Firma K.) und dem Angewiesenen (KI.) und zum anderen das sog. Valutaverhältnis zwischen dem Anweisenden und dem Anweisungsempfänger (Bekl.). Das folgt aus dem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff, wie er in st. Rechtsprechung angewendet wird (vgl. u. a. BGHZ 58, 184, 188 = vorstehend Nr. 98). Der Angewiesene bewirkt, der von ihm getroffenen, allseits richtig verstandenen Zweckbestimmung entsprechend, mit seiner Zuwendung an den Anweisungsempfänger zunächst eine eigene Leistung an den Anweisenden und zugleich eine Leistung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger.

b) Der BGH hat dabei darauf verwiesen, dass auch Canaria (Der Bereicherungsausgleich im Dreipersonenverhältnis, Festschrift für Larenz, 1973, S. 799, 803ff.) daran festhält, dass der Bereicherungsausgleich grundsätzlich nur in dem jeweiligen fehlerhaften Kausalverhältnis vorzunehmen ist. Umstritten ist nur, inwieweit es geboten ist, Ausnahmen von diesem Grundsatz zu machen (vgl. dazu Canaria, BB 72, 774; Möschel, juS 72, 297). Der BGH hat bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass sich bei der bereicherungsrechtlichen Behandlung von Vorgängen, an denen mehr als zwei Personen beteiligt sind (das sind gerade die Fälle, die vielfach an den BGH kommen) jede schematische Lösung verbietet (vgl. u. a. BGHZ 50, 227, 229 = vorstehend Nr. 82; BGHZ 58, 184, 187 = vorstehend Nr. 98 unter Hinweis auf die Ausführungen von Caemmerers, JZ 62, 385, 386). Es kommt stets auf die Besonderheiten des einzelnen Falles an.

c) Der Fall, dass eine Anweisung zunächst wirksam erteilt und dem Empfänger durch Übergabe des Schecks bekannt gegeben war, dann aber rechtzeitig (d. h. also noch vor Gutschrift und Auszahlung) widerrufen wurde, ist als bloßer Mangel im Deckungsverhältnis, der zu einem Bereicherungsausgleich allein im Verhältnis zwischen dem Angewiesenen und Anweisenden führt, zu behandeln (vgl. von Caemmerer, SZ 62, 385, 387; Schwarh, WM 70, 1334, 1335; Möschel, JuS 72, 297, 301; a. M. Canaria, BB 72, 774, 779; wohl auch von Godin, RGRKHGB (2.) Anm. 15a zu §363), zumindest für den Fall, dass der Anweisungsempfänger keine Kenntnis vom Widerruf der Anweisung hatte.

d) Der BGH hat darauf verwiesen, dass beim Scheck der Aussteller selbst schon durch die Übergabe, also nicht erst durch die angewiesene Bank bei der Zahlung, die sein Leistungsverhältnis mit dem Dritten betreffende Zweckbestimmung trifft. Damit sind aber die für einen eventuellen Bereicherungsausgleich maßgeblichen Leistungsbeziehungen 1n dem durch die Anweisung begründeten Dreiecksverhältnis nach dem ursprünglich übereinstimmenden Willen aller Beteiligten festgelegt. Daran kann sich auch nichts dadurch ändern, wenn der Aussteller nur der Bank gegenüber den Scheck sperrt. Wenn die Bank trotzdem zahlt, weil sie den Widerruf des Schecks übersehen hat, dann will sie gleichwohl lediglich eine Leistung an ihren Kunden erbringen. Der Empfänger (hier die Beklagte), auf dessen Sicht es ankommt (vgl. dazu BGHZ 40, 272, 278 = Nr. 18 zu § 951 BGB; BGHZ 58, 184, 188 = vorstehend Nr. 98) faßt das auf Grund der vom Aussteller mit der übergabe des Schecks getroffenen Zweckbestimmung auch so auf. Der der Bank durch die Nichtbeachtung des Widerrufs unterlaufene Fehler wurzelt - so von Caemmerer in JZ 62, 385, 387 - im Rechtsverhältnis zwischen der Bank und ihrem Kunden. Es erscheint auch interessengerecht, wenn der Fall des übersehenen Widerrufs der Anweisung den Parteien des Deckungsverhältnisses, also dem Anweisenden und dem Angewiesenen zugerechnet wird.

2. Der BGH hat aber in dieser Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit ihr noch nicht gesagt ist, wie die Rechtslage zu beurteilen ist, wenn von vornherein eine gültige Anweisung fehlt, z. B. bei versehentlicher Doppel- oder Mehrüberweisung, bei gefälschtem Überweisungsauftrag, gefälschtem Scheck oder bei der Anweisung eines Geisteskranken (vgl. dazu die Nachweise bei Canaria, Festschrift für Larenz, S. 801 Fußn. 10). Es ist offen geblieben, ob diese Fälle nach der Interessenlage oder dem besonderen Schutzbedürfnis eines Beteiligten eine andere Beurteilung erfordern. Dafür dürfte einiges sprechen. Es ist in der Entscheidung auch offen geblieben, ob eine andere rechtliche Beurteilung Platz zu greifen hätte, wenn der Scheckinhaber bei Einreichung des Schecks den Widerruf kennt. Auch nicht entschieden ist die Frage, ob der Fall der von Anfang an fehlenden Anweisung etwa anders zu behandeln wäre, als der später wirksam erklärte Widerruf. Dabei hat der BGH darauf verwiesen, dass eine unterschiedliche Behandlung deswegen gerechtfertigt erscheinen könnte, weil beim Widerruf die ursprüngliche Anweisung vom Anweisenden selbst stammt, dadurch die später fehlgehende Zahlung also von ihm selbst veranlasst ist (vgl. dazu Larenz, Schuldrecht, Bd. II, 10. Aufl. 1972, § 68 III c).

3. Der BGH brauchte in seiner Entscheidung nicht darauf einzugehen, unter welchen Voraussetzungen etwa ein unmittelbarer Bereicherungsdurchgriff des Angewiesenen gegen den Anweisungsempfänger möglich ist, falls beide Kausalverhältnisse (Deckungs- und Valutaverhältnis) fehlerhaft sind. Ein solcher Doppelmangel lag nicht vor. Der Klägerin stand auch kein Bereicherungsanspruch gegen die Beklagte aus ihr von der Firma K. abgetretenem Recht zu. Im Verhältnis der Firma K. zur Beklagten war die Leistung mit Rechtsgrund erfolgt. Die Firma K. hatte die Schuld des Kaufmanns M. übernommen und die Beklagte hatte diese Schuldübernahme genehmigt. Die Beklagte hatte die 80000 DM von der Firma K. zu beanspruchen. Damit scheiden Bereicherungsansprüche der Firma K. gegen die Beklagte aus, die an die Klägerin hätten abgetreten werden können.