Scheinbestandteil des Grundstücks

Zur rechtlichen Beurteilung eines Bauvertrags, den der Mieter eines Grundstücks über die Errichtung eines Gebäudes geschlossen hat, das nur Scheinbestandteil des Grundstücks wird.

Zum Sachverhalt: Der Kläger ist Konkursverwalter des Gemeinschuldners, der, ein Bauunternehmen betrieb. Durch Vertrag vom 12. 1. 1970 verpflichtete sich der Gemeinschuldner, für die Firma G den Rohbau eines Bürogebäudes auf einem Grundstück zu erstellen, das diese von der Stadt gemietet hatte. Zwischen der Firma G und der Stadt N. war vereinbart, dass die auf der Mietfläche errichteten Baulichkeiten nicht im Eigentum der Vermieterin (Stadt N.) stehen und nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden werden.

Die Firma .G hatte der beklagten Bank an den auf dem angemieteten Grundstück errichteten und noch zu errichtenden Baulichkeiten durch Sicherungsübereignung das Eigentum verschafft. Nachdem die Firma 1971 in Konkurs fiel, wurde das errichtete Gebäude durch deren Konkursverwalter für 500 000 DM verkauft. Dieser Betrag wurde auf einem Sonderkonto bei der Beklagte hinterlegt.

Der Gemeinschuldner hat mit der Behauptung, er, sei Eigentümer des errichteten Bauwerks gewesen, weshalb die Beklagte ein Sicherungseigentum erworben habe, Ansprüche auf den hinterlegten Kaufpreis erworben. Das Landgericht hat, die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat die Beld, antragsgemäß verurteilt. Die Revision der beklagten Bank führte zur Aufhebung und ZurückVerweisung.

Aus den Gründen: I. Das Berufungsgericht hat den zwischen den Gemeinschuldner und der Firma G am 12. 1. 1970 geschlossenen Vertrag über die Errichtung eines Gebäudes, das nur Scheinbestandteil eine fremden, der Bestellerin nicht gehörenden Grundstücks werden sollte (§ 95I BGB), für einen Werklieferungsvertrag (§ 651 BGB) gehalten. Diese überwiegend auf tatrichterlichem Gebiet liegende Würdigung ist nicht nur möglich, sondern angesichts der Unanwendbarkeit der §§ 94, 946 BGB sogar zwingend (vgl. Soergel, BGB, 10. Aufl., § 651 Rdnr. 2; Staudinger, BGB, 11. Aufl., § 651 Rdnr. 9i). Sie bindet-deshalb das RevGer. Da es sich um die Herstellung einer nicht vertretbaren Sache handelte, hat das Berufungsgericht nach § 651 I 2 Halbs. 2 BGB die Vorschriften über den Werkvertrag auf das Vertragsverhältnis vom 12. 1. 1970 angewendet. Auch das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

II. 1. Das Berufungsgericht stellt fest, dass eine Abnahme (§ 640 BGB) oder eine Übergabe des unfertigen Bauwerks durch den Gemeinschuldner an die Bestellerin, die Firma G, nicht erfolgt sei und dass der Gemeinschuldner seine Eigentumsverschaffungspflicht (§ 651 I BGB), zu der eine Übereignung des Rohbaus notwendig gewesen wäre (§§ 929ff. BGB), nicht erfüllt habe. Im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts könne angesichts der Strenge des Sachenrechts nicht von einer natürlichen, sukzessiven Übertragung des Eigentums an den einzelnen Bauteilen mit deren Einbau vom Gemeinschuldner auf die Firma G ausgegangen werden.

2. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts sind nicht frei von Rechtsirrtum. Es trifft nicht zu, dass bei einem Werklieferungsvertrag über die Herstellung eines Bauwerks die Übergabe und Eigentumsverschaffung an dem Werk durch den Unternehmer erst nach der Fertigstellung des Werks vorgenommen werden kann, wie das Berufungsgericht im Hinblick auf § 651 I 1 BGB offenbar meint. Vielmehr ist bei der Errichtung eines Gebäudes, das, wie hier, nicht wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks wird (§§ 94, 95 I BGB) und bei dem deshalb das verbaute Material nicht nach §,946 BGB in das Eigentum des Grundstückseigentümers gelangt, die Annahme möglich, dass der Bauunternehmer jeweils mit dem Einbau das verwendete Material an den Bauherrn durch schlüssige Handlung übereignet. Da die Firma G als Mieterin des Grundstücks, auf dem sie ihre Produktion betrieb, wozu sie in dem noch unfertigen Gebäude Maschinen aufgestellt und Material gelagert hatte, unmittelbare Besitzerin des errichteten Gebäudes war, konnte die nach § 929 BGB erforderliche Übergabe durch schlichte Einigung gemäß § 854 II BGB vollzogen werden. Grundsätzlich ist es auch möglich, sowohl diese Einigung wie die nach § 929 BGB für alle künftigen Fälle des Einbaus von Baumaterial vorwegzunehmen (BGH, WM 1964, 614 [615]). Der Eigentumsübergang vollzieht sich bei einer solchen Fallgestaltung durch den Einbau des verwendeten Materials jedenfalls dann, wenn die Vertragschließenden sich bis dahin hinsichtlich des Besitz- und Eigentumsübergangs einig bleiben (BGH, WM 1964, 614 [615]; RGZ 135, 366 [367]). Die vom Berufungsgericht mit dem Hinweis auf die abschließende Aufzählung der Tatbestände des Eigentumserwerbs im Gesetz abgelehnte Auffassung des Landgerichts, dass jeweils beim Einbau der einzelnen Bauteile das Eigentum an denselben auf die Firma G durch den Gemeinschuldner übertragen worden sei, ist demnach möglich und eine nicht einmal fernliegende Auslegung des Werkvertrags vom 12. 1. 1970. Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung der Frage des Eigentumsübergangs an dem Bauwerk allein auf die Übergabe und Abnahme des fertigen Werks abgestellt und es unterlassen, den Werkvertrag daraufhin zu überprüfen, ob er eine - vorweggenommene - Einigung über die künftig durch Einbau des Baumaterials zu vollziehende Übereignung enthielt. Diese Würdigung wird es nachzuholen haben.

4. Ein gutgläubiger Eigentumserwerb der Beklagte nach § 934 BGB kann entgegen der Auffassung der Revision nicht angenommen werden. Die Firma G war unmittelbarer Besitzer des Rohbaus, so dass eine Anwendung des § 391 BGB ausscheidet.