Schmerzensgeldanspruch

Die vertragliche Anerkennung kann sich auf den Grund des Schmerzensgeldanspruchs beschränken.

Über die Anforderungen an die Feststellung eines vertraglichen Anerkenntnisses.

Aus den Gründen: 1. Das Berufungsgericht meint, der im einzelnen gewürdigte vorprozessuale Schriftwechsel und die übereinstimmende Erklärung, die Höhe des Anspruchs von einer Untersuchung abhängig zu machen, spreche für einen schuldbestätigenden Anerkenntnisvertrag, wodurch die Leistung eines Schmerzensgeldes dem Rechtsgrunde nach dem Streit der Parteien entrückt zu gelten habe und alle Einwendungen gegen die Berechtigung eines Schmerzensgeldanspruchs ausgeschlossen seien. Eine Einigung über die Höhe des Schmerzensgeldbetrages sei zwar infolge des Todes des Verletzten nicht mehr zustande gekommen. Zur Vererblichkeit des Anspruchs genüge aber die vertragliche Anerkennung dem Grunde nach.

2. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Rev. haben keinen Erfolg.

Ein Schmerzensgeldanspruch ist nach § 847 Abs. 1 Satz 2 BGB nur dann vererblich, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist.

a) Diese Voraussetzung sieht das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei auch in einem schuldbestätigenden Anerkenntnisvertrag erfüllt. Dadurch, dass das Gesetz in § 847 Abs. 1 Satz 2 BGB fordert, der Anspruch müsse durch Vertrag anerkannt sein, folgt entgegen der Aufl. der Rev. nicht, dass es sich hierbei um ein Anerkenntnis i. S. des § 781 BGB handeln muss. Auch ein schuldbestätigendes (deklarorisches) Anerkenntnis kommt durch Vertrag zustande, wenn derjenige, gegenüber dem das Anerkenntnis abgegeben wird, die Erklärung annimmt (vgl. BGH Nr. 2 zu § 781 BGB = NJW 63, 2316). Es besteht lediglich der Unterschied, dass damit keine vom Schuldgrund losgelöste, neue Verpflichtung begründet, sondern nur das Schuldverhältnis dem Streit der Parteien entzogen wird, indem es dem Anerkennenden alle Einwendungen tatsächlicher oder rechtlicher Art abschneidet, die dieser zur Zeit des Vertragsschlusses kannte, oder mit denen er rechnete.

Diese Wortauslegung entspricht auch dem Sinngehalt des § 847 Abs. 1 Satz 2 BGB. Jedenfalls erfordert dieser keine Einschränkung des Wortsinns der Vorschrift.

Wegen des höchstpersönlichen Charakters soll sichergestellt werden, dass nur dann ein Schmerzensgeldanspruch durchgesetzt wird, wenn das dem Willen des Verletzten entspricht. Ihm allein soll die Entscheidung darüber zustehen, ob er den Anspruch geltend machen will (vgl. BGH, vorstehend Nr. 32 = NJW 67, 2304). So soll den Erben verwehrt sein, ein Schmerzensgeld zu fordern, dessen Geltendmachung nicht in der Absicht des Erblasser lag. Insoweit bestehen hier keine Bedenken.

Das Gesetz hat aber nicht genügen lassen, dass ein dahingehender Wille des Verletzten feststellbar irgendwie zum Ausdruck gelangt ist, wie z. B. durch Äußerung gegenüber Familienangehörigen. Es erfordert vielmehr, dass er sich in bestimmten Formen niedergeschlagen hat: entweder in einem Anerkenntnis durch Vertrag oder im Rechtshängig machen des Anspruchs.

Wie sich aus den Motiven zum Entwurf eines BGB für das Deutsche Reich (Bd. II S. 802) ergibt, hat der Gesetzgeber allein aus Gründen praktischer Zweckmäßigkeit zur Vermeidung der sonst zu besorgenden Streitigkeiten die Vererblich- keit des Schmerzensgeldanspruchs auf diese beiden Fälle beschränkt. Er wollte damit ausschließen, dass etwa Angehörige der Erben, die den Schmerzensgeldanspruch geltend machen, oder sonstige Personen als Zeugen darüber vernommen werden, ob der Verletzte selbst irgendwann zum Ausdruck gebracht hat, er verlange Schmerzensgeld.

Diesem Zweck des Gesetzes wird nicht nur durch ein abstraktes sondern auch durch ein delatorisches Schuldanerkenntnis genügt. Beide vertraglichen Anerkenntnisse vermeiden spätere Streitigkeiten darüber, ob der Verletzte Schmerzensgeld haben wollte oder nicht. Etwas anderes könnte vielleicht gelten, wenn das abstrakte Schuldanerkenntnis stets formgebunden wäre; denn ein schriftliches Anerkenntnis vermöchte diesen Gesetzeszweck besser zu erfüllen als ein formloses. Doch bedarf auch das abstrakte Anerkenntnis zu seiner Gültigkeit vielfach nicht der Schriftform. So ist es formlos gültig, wenn es auf Grund einer Abrechnung oder im Wege eines Vergleichs erteilt wird (§ 782 BGB) sowie nach § 350 HGB, was hier in Betracht käme (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 3 HGB).

b) Das Berufungsgericht bejaht in tatrichterlicher Würdigung das Zustandekommen eines schuldbestätigenden Anerkenntnisvertrags über den Grund des Schmerzensgeldanspruchs. Seine Überzeugung hat es auf Grund des vorprozessualen Schriftwechsels, insbesondere der übereinstimmenden Erklärungen der Anwälte des Erblassers der Kläger und des Haftpflichtversicherers des Beklagten, die Höhe des Anspruchs von einer Untersuchung abhängig zu machen, gewonnen. Diese Würdigung des Tatrichters ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass er bei der Auslegung der Erklärungen wesentliche Umstände nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Wegen der unterschiedlichen Vorstellungen der Beteiligten über die Höhe des Schmerzensgeldes (1700 DM und 2000 DM) brauchte das Berufungsgericht hier noch keine durchgreifenden Bedenken gegen die Bejahung eines vertraglichen Anerkenntnisses zu haben. Das Berufungsgericht hat bei der Auslegung insbesondere nicht verkannt, dass an die Feststellung, ob in einem Schriftwechsel und weiteren Umständen ein vertragliches Anerkenntnis zu sehen ist, strenge Anforderungen zu stellen sind. So genügt für die Annahme eines solchen Anerkenntnisses weder das bloße Nichtbestreiten der Forderung noch die im Rahmen von (später gescheiterten) Vergleichsverhandlungen abgegebene Erklärung, der Grund des Anspruches bedürfe (zunächst) keiner Erörterung (BGH, VersR 61, 85).

Auch die Vorschrift des § 154 Abs. 1 BGB steht hier entgegen der Meinung der Rev. der Annahme eines schuldbestätigenden Anerkenntnis nicht entgegen. Zwar ist nach dieser Bestimmung ein Vertrag im Zweifel nicht geschlossen, solange sich die Parteien nicht über alle Punkte verständigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll. Offen geblieben war hierunter den Parteien die Höhe des Schmerzensgeldbetrages. Dagegen hatten sie sich nach der Feststellung des Berufungsgerichts über den Grund des Anspruchs geeinigt. Die Annahme einer solchen Teileinigung widerspricht nicht der Regelung des § 154 Abs. 1 BGB. Vielmehr ergibt sich aus ihr, dass die Parteien - falls sie das wollen - ein Bindung vereinbaren können, obwohl einzelne Punkte noch ungeregelt sind. Im übrigen kann bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen eine vorgezogene Einigung über den Grund des Anspruchs sinnvoll sein. Zudem liegt es nicht fern, dass ein Haftpflichtversicherer zur Vermeidung unnötiger Prozesse den geltend gemachten Anspruch dem Grunde nach anerkannt, wenn gleichzeitig noch Streit über die Höhe des Anspruchs besteht.

c) Schließlich ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht zur Vererblichkeit des Schmerzensgeldanspruchs die vertragliche Anerkennung dem Grunde nach genügen läßt (so auch KG, NJW 70, 1050; Walter, KVR Schmerzensgeld Erl. 1 zu E III 1; Lieberwirtli, Das Schmerzensgeld, 3. Aufl., S. 99). Auch das widerspricht nicht dem bereits dargelegten Zweck der gesetzlichen Regelung. Allerdings könnten Zweifel deshalb bestehen, weil bei einer vertraglichen Anerkennung lediglich dem Grunde nach über die Höhe Streitigkeiten erwachsen können. Solchen Bedenken steht aber schon entgegen, dass der wesentliche Grund dieser Einschränkung darin zu sehen ist, Streitigkeiten darüber zu vermeiden, ob der Erblasser überhaupt Entschädigung verlangen wollte (vgl. Motive, aaO). Entscheidend ist aber, dass man, soweit das Rechtshängigmachen des Schmerzensgeldanspruches in Frage steht, zur Vererblichkeit (und Übertragbarkeit) nicht eine Leistungsklage fordert, sondern ein Feststellungsbegehren genügen läßt (vgl.: RG, HRR 32 Nr. 122; BGHZ 30, 7, 18 = Nr. 3 zu § 823 (Ah) BGB = NJW 59, 1269; BGH, vorstehend Nr. 3 = VersR 53, 497; Staudinger-Schäfer, 11. Aufl., § 847, 122). Die gesetzliche Gleichbehandlung des vertraglichen Anerkenntnisses mit der Begründung der Rechtshängigkeit in § 847 Abs. 1 Satz 2 BGB spricht dagegen, an die Anerkennung strengere Anforderungen zu stellen als an die Begründung der Vererblichkeit durch Rechtshängigkeit. Es sind keine Sachgründe ersichtlich, die eine unterschiedliche Beurteilung der Vererblichkeit des Schmerzensgeldanspruchs im Falle der Rechtshängigkeit und des vertraglichen Anerkenntnisses rechtfertigen könnten.