Sohn und Miterbe

Der Beklagten ist Sohn und Miterbe des verstorbenen Versicherungskaufmanns J, der Kläger ist dessen Enkel und zugleich Neffe des Beklagten. Der Erblasser hatte gemeinsam mit dem Beklagten und Herrn S in der Rechtsform der OHG eine Versicherungsmaklerfirma betrieben. In § 14 des Gesellschaftsvertrags war dem Erblasser und dem Beklagten das Recht vorbehalten, während der Dauer des Vertragsverhältnisses die Aufnahme eines von ihnen zu bestimmenden weiteren Gesellschafters zu verlangen. Der Erblasser hat in § 11 seines Testamentes verfügt: Da zwischen meinem Enkel C und seinem Vater H ein zu großer Altersunterschied besteht, so soll für die Nachfolge in der Firma einem Sohn meines verstorbenen Sohnes E Gelegenheit zum Eintritt in die Firma gegeben werden, wenn er sich für das Geschäft eignet. In diesem Fall ist ihm eine ausreichende Ausbildung auf Kosten der Firma in Deutschland und im Ausland zu ermöglichen. Die Auswahl unter meinen beiden Enkelsöhnen steht meinem Sohn H zu. In Abschnitt V des notariellen Auseinandersetzungsvertrages vom B. 11. 1960 haben sich die Parteien darauf verständigt, dass es bei dieser testamentarischen Regelung trotz damals aufgekommener Meinungsverschiedenheiten über die Rechtswirksamkeit des Testaments bleiben solle. Nach dem Tod des Erblassers im Jahre 1959 entschied sich der Beklagten für den Kläger Dieser nahm im Sommer 1963 nach bestandener Reifeprüfung eine versicherungskaufmännische Lehre auf, die er aber im Sommer desselben Jahres abbrach. Danach studierte er bis zu seinem bestandenen Examen im Januar 1968 Wirtschaftswissenschaften, promovierte 1973 und war bis August 1978 an einer Universität tätig. Seit September 1978 ist er Leiter der betriebswirtschaftlichen Abteilung einer Flughafen-GmbH und Geschäftsführer der Service-GmbH einer Flughafengesellschaft. Zum 1. 1. 1976 hatten die Gesellschafter der Firma den Kaufmann R als weiteren Teilhaber in die Gesellschaft aufgenommen. Die Aufnahme des Klägers wurde abgelehnt. Die Beklagte vertrat den Standpunkt, sein Recht, die Aufnahme eines weiteren Gesellschafters zu verlangen, sei erschöpft. Der Kläger begehrt Schadensersatz mit der Begründung, der Beklagten habe sich die Erfüllung des Vermächtnisses unmöglich gemacht. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von 50000 DM verurteilt. Mit Urteil vom 26. 2. 1980 hat das Berufsgericht die Berufung des Beklagten zurückgewiesen; die im Wege der Anschlussberufung geltend gemachte Forderung auf Zahlung von weiteren 1450000 DM hat es dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Revision des Beklagten gegen dieses Urteil hat der BGH nicht zur Entscheidung angenommen. Die Parteien streiten jetzt über die Höhe des dem Kläger entstandenen Schadens. Der Kläger begehrt nunmehr Zahlung von weiteren 1450000 DM und die Feststellung, dass der Beklagten zum Ersatz allen weiteren Schadens verpflichtet ist.

Das Berufsgericht hat der Zahlungsklage nur in Höhe von 629230 DM statt- gegeben und festgestellt, dass der Beklagten verpflichtet ist, auch den weiteren für die Zeit ab 1982 entstehenden Schaden zu ersetzen, den der Kläger dadurch erleidet, dass der Beklagten ihm die Aufnahme als Mitgesellschafter unmöglich gemacht hat. Die Widerklage auf Feststellung, dass dem Kläger über 1500000 DM hinaus ein Schadensersatzanspruch von 3500000 DM nicht zustehe, hat das Berufsgericht als derzeit unbegründet abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Revision des Beklagten, der das Berufungsurteil angreift, soweit es ihn zu mehr als weiteren 200000 DM verurteilt, der Feststellungsklage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen hat. Sie führte im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberlandesgericht.

Aus den Gründen: Durch das Grundurteil des Berufsgerichts vom 26. 2. 1980 ist rechtskräftig entschieden, dass der Schadensersatzanspruch, den der Kläger damals verfolgte, dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Das Berufsgericht legt diese Beurteilung ersichtlich auch dort zugrunde, wo es über den Feststellungsantrag des Klägers und über die negative Feststellungswiderklage des Beklagten entscheidet, die nicht Gegenstand des Grundurteils sind. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Auch der Beklagten zieht seine Haftung für die Nichterfüllung des ihm auferlegten Vermächtnisses dem Grunde nach nicht mehr in Zweifel. Einschlägig für den Schadensersatzanspruch des Kläger aus §§ 280, 275 II BGB gegen den Beklagten ist allerdings entgegen der jetzigen Auffassung des Berufsgericht nicht § 249 S. 1 BGB. Da der Beklagten sich die Erfüllung des Vermächtnisses unmöglich gemacht hat, die Herstellung i. S. von § 249 S. 1 BGB - von hier nicht vorliegenden besonderen Ausnahmen abgesehen - also gerade nicht möglich ist, muss der Beklagten den Kläger vielmehr gemäß § 251 I BGB in Geld entschädigen. So hatte das Berufsgericht es zutreffend noch in seinem Urteil vom 26. 2. 1980 gesehen.

Seinerzeit hatte der Kläger einen Teilbetrag eingeklagt und sich dabei auf den Schaden gestützt, der ihm dadurch entstanden sei, dass der Beklagten ihn trotz des ihm vermachten Eintrittsrechts von der Beteiligung an der Firma ausgeschlossen habe. Dieser - einheitliche - Schaden belaufe sich auf mehr als 1,5 Mio. DM. Damit dürfte der Wert der dem Kläger vorenthaltenen Mitgliedschaft in der Gesellschaft gemeint gewesen sein. Inzwischen hat der Kläger seine Zahlungsklage, anscheinend auf Anregung des Berufsgericht, anders begründet: Sein Schaden liege, so hat er ausgeführt, in erster Linie darin, dass ihm diejenigen Gewinnanteile an der Firma entgangen sind und noch entgehen, die ihm bei Erfüllung des Vermächtnisses als deren Gesellschafter jährlich zugeflossen wären. Hierauf rechnet er sein eigenes Einkommen an, das er in den entsprechenden Jahren bezogen habe. Auf diese Weise gelangt er allein für die Jahre 1969 bis 1982 auf einen Schadensbetrag von insgesamt 7530759 DM, auf den er seine Teilklage in bestimmter Reihenfolge stützt. Der weitere Schaden, insbesondere der Zukunftsschaden, ist Gegenstand der jetzt zusätzlich erhobenen Feststellungsklage. Das Berufsgericht ist dieser Sicht des Schadens im Grundsatz gefolgt. Es geht davon aus, dass der Kläger bei ordnungsmäßiger Erfüllung des Vermächtnisses Anfang 1971 Mitgesellschafter geworden wäre, und zwar zunächst mit einer Gewinnbeteiligung von 10%. Gestützt auf eine Erklärung des Beklagten über den mutmaßlichen Ablauf nimmt es für das Jahr 1981 eine Erhöhung der Gewinnbeteiligung auf 15% an. Auf dieser Grundlage errechnet es von den jährlichen Gewinnen der Gesellschaft für die Zeit vom 1. 1. 1971 bis zum 31. 12. 1980 je 10%, addiert hierzu 15% des Jahresgewinnes für 1981 und stellt dem die tatsächlichen Einkünfte des Kläger gegenüber. Von der Differenz billigt es dem Kläger für die genannte Zeit nur 50% zu, weil zwar die Gewinne des Kläger als Gesellschafter, nicht aber die Ersatzleistungen des Beklagten der Einkommensteuer unterlägen.

Diese Beurteilung begegnet rechtlichen Bedenken. Wie die Revision mit Recht geltend macht, kann der Kläger nicht für jedes Jahr die Differenz zwischen seinen hypothetischen Bezügen als Gesellschafter und seinen tatsächlichen Einkünften verlangen. Eine derartige Gewinnersatzrente sei sie nun eine immerwährende oder eine lebenslange, würde den Kläger erheblich zu gut stellen. Eine derartige Schadensberechnung, die der Kläger, was seine Einkünfte angeht, im Grundsatz so stellt, als wäre er Gesellschafter, nähme nicht genügend Rücksicht darauf, dass der Kläger als Gesellschafter nicht nur Rechte hätte. Als Gesellschafter müsste der Kläger das Haftungsrisiko voll mittragen; er unterläge strengen Wettbewerbsvorschriften und müsste das Unternehmen, wie alle anderen Gesellschafter auch, mit vollem Einsatz fördern. Dagegen ist er als Nichtgesellschafter von jeder gesellschaftsrechtlichen Haftung und Bindung freigestellt. Ihn gleichwohl schadensersatzrechtlich in Bezug auf die Gewinne wie einen Gesellschafter zu behandeln, wäre etwas Andersartiges als der vom Erblasser gewollte Eintritt in die Gesellschaft und die damit zwangsläufig verbundene Pflicht zu verantwortlicher Tätigkeit; auf diese Weise erhielte der Kläger daher erheblich mehr, als ihm erbrechtlich zukommt. Aber auch schadensersatzrechtlich schösse eine derartige Lösung über das Ziel der gemäß § 251 I BGB geschuldeten gerechten Entschädigung hinaus; sie versuchte, die Entwicklung der dem Kläger entgangenen Stellung als Gesellschafter in Bezug auf die damit verbundenen Vorteile nachzuzeichnen, ohne dass ihm ein entsprechender Einsatz für das Unternehmen abverlangt würde oder auch nur abverlangt werden könnte. Ohne vollen Einsatz für das Unternehmen hätte der Kläger seine Stellung als Gesellschafter und die damit verbundene Aussicht auf Gewinnbeteiligung schon im Hinblick auf § 723 BGB nicht halten können.