Städtebaurecht

Von Städtebaurecht kann gesprochen werden, sobald der eine Siedlungstätigkeit bestimmende ordnende Wille zur Rechtsnorm geworden war, also nicht mehr nur Ausfluss der Autorität des Oberhaupts einer Familie in deren inneren Lebensbereich war, sondern eine allgemein bestimmende Norm für größere Gemeinschaftsverbände darstellte. Auf die Art und Weise der Normierung kommt es dabei nicht an. Zweifellos bestanden Normen bereits, bevor es zu einer schriftlichen Aufzeichnung kam. Entscheidend für das Auftreten von Städtebaurecht ist, dass bestimmte Regeln von der jeweiligen Gemeinschaft als allgemein verbindlich empfunden und anerkannt und nötigenfalls auch durchgesetzt wurden. In der Frage, wer der Normgeber ist, unterscheidet sich Städtebaurecht nicht von anderem Recht. Auch eine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen auf nachgeordnete Organe - etwa auf die Statthalter von Landesteilen - ist nicht unbekannt gewesen. So wird man auch dem griechischen obxto ctjs, dem von der Heimatpolis entsandten Gründer einer Kolonie, legislatorische Kompetenz zuerkennen müssen, wenn er nach Inbesitznahme des Landes für die Kolonie die Flächen für die Agora, die Tempel, die Akropolis, für die Palästra, für Straßen und Plätze festlegte und das übrige Land in Parzellen für die einzelnen Siedler einteilte - im heutigen Sprachgebrauch: wenn der Oikist ermächtigt war, einen Bebauungsplan für die Kolonie festzusetzen. Man darf allerdings bei der Gesetzgebung früherer Zeiten nicht von den heutigen Vorstellungen eines formalisierten Gesetzgebungsverfahrens ausgehen. Allerdings darin unterschied sich Städtebaurecht von jeher von sonstigem Recht, als es letztlich ortsbezogen auf die einzelne städtebauliche Aufgabe zugeschnitten war, ja zugeschnitten werden musste. Auch heute hat die das städtebauliche Geschehen im Ergebnis festlegende Rechtsnorm Bebauungsplan nur einen kleinen örtlich begrenzten Geltungsbereich. Diese Ortsbezogenheit ist durch die Natur der Sache bedingt. Denn die Art und Weise der Bodennutzung, insbesondere auch durch das Bauen, ist von zahlreichen natürlichen Gegebenheiten abhängig oder wird von ihnen wenigstens beeinflusst: von der Beschaffenheit des Bodens, seiner Höhenlage und der Geländeformation, von der Zugänglichkeit des zu nutzenden Geländes, vom Klima, von der Vegetation, vom Vorhandensein oder der Gewinnungsmöglichkeit von Trinkwasser und von Baustoffen, auch von der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Struktur der Bevölkerung und von den technischen Fähigkeiten der Menschen, eine gewünschte Nutzung zu realisieren. Diese Voraussetzungen sind großräumig fast nie einheitlich gegeben gewesen, sondern lagen meist örtlich oder regional in unterschiedlicher Weise vor. Es nimmt deshalb nicht wunder, dass Städtebau sich ebenfalls örtlich oder regional ausgeprägt hat und infolgedessen auch Städtebaurecht sich meist in kleinen Räumen entwickelt hat und erst mit der Bildung großer Staaten in großräumige Regelungen hineingewachsen ist. Hinzu kommt, dass eine Trennung in Städtebaurecht und in Bauordnungsrecht nicht notwendig und auch gar nicht bekannt war und manches, was heute bauordnungsrechtlich zu beurteilen ist, wie beispielsweise die technische Qualität der zu verwendenden Baustoffe, infolge örtlichen oder regionalen Vorhandenseins bestimmter Stoffe zu unterschiedlicher Baupraxis geführt und zu kleinräumig unterschiedlichem Recht beigetragen hat.