Sterbegeld
Die Witwe eines Angestellten im öffentlichen Dienst braucht sich das gemäß § 41 BAT erhaltene Sterbegeld nicht auf ihren Anspruch aus § 844I BGB gegenüber dem Schädiger anrechnen zu lassen.
Zum Sachverhalt: Der Ehemann der Kläger verstarb an den Folgen eines unstreitig vom Fahrer eines bei dem Beklagten gegen Haftpflicht versicherten Pkws verschuldeten Verkehrsunfalls. Im Zuge der Schadensabwicklung machte der Beklagten von dem von der Kläger geltend gemachten Gesamtschadensbetrag einen Abzug von 4100 DM und begründete dies damit, dass die Kläger in dieser Höhe gemäß § 41 des Bundesangestelltentarifs von dem Arbeitgeber ihres verstorbenen Ehemannes Sterbegeld ausgezahlt erhalten habe. Die Kläger hält diesen Abzug für nicht gerechtfertigt und begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung des genannten Betrages.
LG und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Die - zugelassene - Revision des Beklagten blieb ohne Erfolg.
Aus den Gründen: Das Berufsgericht hält die Rechtsauffassung des Beklagten für unzutreffend und führt hierzu im wesentlichen aus:
Bei der Entscheidung der Frage, ob eine geleistete Zahlung im Wege der Vorteilsausgleichung auf die Schadensersatzleistung des Schädigers anzurechnen sei, müsse in erster Linie darauf abgestellt werden, ob die Leistungen des Dienstherrn und des Schädigers, soweit sie dieser aus § 844I BGB schulde, sich deckten oder unterschiedliche, wenn auch aus dem Schadensereignis herrührende Nachteile ausgleichen sollten. Die Entstehungsgeschichte von § 41 BAT, einer gewollten Anlehnung an die beamtenrechtliche Hinterbliebenenversorgung, führe zu einer notwendigen Unterscheidung des Leistungszweckes dahin, dass der von dem Beklagten zu zahlende Ersatzbetrag die tatsächlich entstandenen finanziellen Aufwendungen der Kläger aus Anlass des Sterbefalles decken solle, während das nach § 41 I BAT an die Witwe zu zahlende Sterbegeld des öffentlichen Dienstherrn nicht einen entsprechenden Aufwand für Sterbegeldkosten voraussetze. Letzteres folge insbesondere auch aus dem Vergleich mit Absatz 2 des § 41 BAT. Wegen dieser unterschiedlichen Zielsetzung schon fehle es an einer wesentlichen Voraussetzung für eine Vorteilsausgleichung.
Diese Begründung des angefochtenen Urteils begegnet zwar Bedenken; das Ergebnis hält jedoch aus anderen Gründen den Angriffen der Revision stand, so dass dieser kein Erfolg beschieden sein kann.
Dem Berufsgericht kann, wie die Revision zu Recht rügt, insoweit nicht gefolgt werden, als es hinsichtlich der Zahlung des Sterbegeldes an die Kläger eine den von dieser begehrten. Beerdigungskosten gleiche Zweckrichtung verneint und somit zum Ergebnis kommt, es fehle schon an einer sachlichen Kongruenz. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 18. 1.1977 zu dieser Kongruenzfrage im Verhältnis von § 122 BBG - jetzt § 18 BeamtVG - zu § 844I BGB Stellung genommen und dabei eine zum Berufungsurteil gegenteilige Auffassung vertreten. Darauf wird Bezug genommen. Insoweit handelt es sich im Grunde um die gleiche Rechtsfrage, wie auch der schon erwähnte Umstand zeigt, dass § 41 BAT in Anlehnung an die beamtenrechtliche Hinterbliebenenversorgung formuliert worden ist.
Indessen kommt es im Streitfall auf diese Frage nicht an. Die Kläger ist nämlich selbst dann nicht verpflichtet, sich im Wege der Vorteilsausgleichung die Zahlung des Sterbegeldes durch den Arbeitgeber ihres Ehemannes anrechnen zu lassen, wenn man davon ausgeht, dass dieser Leistung zumindest teilweise die gleiche Zweckbestimmung wie der von dem Beklagten gemäß § 8441 BGB geschuldeten Ersatzleistung zukommt. Erste Voraussetzung jeder Vorteilsausgleichung ist die adäquate Verursachung der Vorteilsentstehung durch das schädigende Ereignis. Insoweit bestehen auch im zur Entscheidung stehenden Fall keine Bedenken, davon auszugehen, dass das schädigende Ereignis, nämlich der von dem Versicherten des Beklagten zu verantwortende Tod des Ehemannes der Kläger, den Eintritt des Vorteils - die Auszahlung des Sterbegeldes - adäquat zur Folge gehabt hat. Dies führt aber nur dazu, dass eine Anrechnungsmöglichkeit nicht schon wegen Fehlens einer adäquat gleichen Verursachung verneint werden darf; noch nicht entschieden ist damit die Frage, ob im konkreten Fall eine Anrechnung notwendig erscheint.
Das Gesetz selbst sagt nichts über die Voraussetzungen und Grenzen einer Vorteilsausgleichung. Die Entscheidung der Frage, ob und inwiefern bei Schadensersatzansprüchen der Vorteil, welcher dem Beklagten durch den Schaden bringenden Umstand zugefallen ist, von der Schadensersatzsumme in Anrechnung zu bringen sei, sollte der Rechtswissenschaft und Praxis überlassen werden. Dementsprechend hat der erkennende Senat auch bereits in BGHZ 8, 325 = LM § 844 II BGB Nr. 8 = NJW 1953, 618, betont, dass in jedem einzelnen Fall zu prüfen sei, ob eine Anrechnung dem Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht. Eine so ausgerichtete Prüfung hat den erkennenden Senat beispielsweise dazu geführt, schadensmindernde Leistungen Dritter auch dann von der Ausgleichspflicht auszunehmen, wenn sie auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhen. In dieser Entscheidung hat der Senat auf den Zweck der Drittleistung abgestellt und daraus unter Heranziehung von § 843 IV BGB als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens das Verbot abgeleitet, Maßnahmen, die der sozialen Sicherung und Fürsorge gegenüber dem Dienstpflichtigen und seinen Angehörigen entspringen, dem Schädiger zugute kommen zu lassen. Auch in späteren Urteilen des Senats finden sich diese Grundsätze verwirklicht, insbesondere in den Fällen, in denen es darum ging, ob ein Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall auch dann besteht, wenn der Dienstberechtigte trotz der Arbeitsunfähigkeit des Verpflichteten diesem eine Pension oder gar die ausbedungene Vergütung weiter zahlt.
Die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist auch im vorliegenden Fall geboten.
Dabei kann dahinstehen, ob die Zahlung des Sterbegeldes an die Kläger entsprechend der Ansicht der Revision auf einer gesetzlichen Verpflichtung oder - wohl zutreffend - auf einem privatrechtlichen, inhaltlich von dem Bundesangestellten-Tarifvertrag wesentlich mitbestimmten Dienstvertrag beruht, der sich hinsichtlich der Leistungspflicht aus § 41 I, III BAT als Vertrag zugunsten der Kläger darstellt. Das macht in Bezug auf die Ersatzpflicht des Beklagten keinen rechtlich relevanten Unterschied, wie dies der Senat schon in BGHZ 10, 107 näher begründet hat. Wesentlich ist allein, dass die Zahlung des Sterbegeldes ohne Nachweis von durch den Tod des Ehemannes veranlasste besondere Aufwendungen eindeutig sozialer Verantwortung des Dienstherrn gegenüber seinen Dienstpflichtigen und dessen Angehörigen entspringt; dass eine arbeitsvertragliche Rechtspflicht zur Leistung bestanden hat, ändert deren Charakter schon deshalb nicht, weil in der Übernahme der tarifvertraglich vorgezeichneten Versorgungsmaßnahme bereits die soziale Verantwortung ihren Ausdruck gefunden hat. Es mangelt an jedem Anhaltspunkt dafür, dass diese durch die sozialpolitische Entwicklung bedingte tarifvertragsmäßige stärkere Verpflichtung des Berechtigten zur Fürsorge für die Kläger als die Witwe des verstorbenen Dienstverpflichteten auch dem Schädiger und damit dem Beklagten als dessen Haftpflichtversicherer zugute kommen soll.
Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass nach dem maßgeblichen Tarifvertrag, wie dies bei einer Sterbegeldzahlung gemäß § 122 BBG - jetzt § 18 BeamtVG 1976 - aufgrund des § 87a BBG der Fall ist, in Höhe des dem Schadensersatzanspruch kongruenten Teils des Sterbegeldes kein Forderungsübergang auf den Dienstberechtigten eintritt. Denn der Bundesangestelltentarif enthält für die in § 41 BAT vorgesehenen Sozialbezüge keine etwa im voraus erklärte Abtretung des der Witwe zufallenden Anspruchs auf Ersatz der Beerdigungskosten oder doch eine Pflicht, diesen Anspruch gegen Zahlung des Sterbegeldes abzutreten, wie das wohl in § 38 Ic vorgesehen ist. Dies berührt aber die Rechtsbeziehungen zwischen der Kläger und dem Schädiger nicht, geht diesen demnach nichts an. Dass im vorliegenden Fall die Kläger etwa aus dem Rechtsgedanken von § 255 BGB unter Umständen gehalten sein kann, erhaltene Schadensersatzbeträge an den Dienstherrn ihres verstorbenen Ehemannes abzuführen, ergibt sich aus Erwägungen, die der Senat bereits in BGHZ 21, 112 angestellt hat.
Selbst wenn aber der Dienstherr des Ehemannes der Kläger von der Geltendmachung eines möglicherweise aus § 255 BGB abzuleitenden Rechts - aus welchen Gründen auch immer - keinen Gebrauch machen sollte, ändert dies an dem gewonnenen Ergebnis nichts; eine Freistellung des Beklagten widerspräche dem Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht; sie führte nämlich dazu, dass eine Leistung, die sozialen Erwägungen und der besonders im Arbeitsrecht geltenden Fürsorgepflicht für Arbeitnehmer und deren Hinterbliebene entspringt, dem Schädiger zugute käme und damit zu einem Erfolg führte, den die Vertragsparteien gewiss nicht gewollt hatten.