Streitverkündung

Zur verjährungsunterbrechenden Wirkung einer erst im Rechtsstreit über die Höhe der Ersatzverpflichtung eines Schuldners von diesem bewirkten Streitverkündung an den regresspflichtigen Dritten.

Zum Sachverhalt: Die Kläger, ein Bauunternehmen, verlangt von dem Beklagten Rechtsanwalt Schadensersatz wegen falscher Beratung. Anfang 1971 kam es zwischen der Kläger und einer Wohnungsbaugesellschaft zum Streit darüber, ob zwischen ihnen ein Vertrag über die Ausführung von Rohbauarbeiten für 119 Wohnungen zustande gekommen war. Nach Beratung durch den Beklagten stellten sich die Kläger gegenüber dem Bauherrn auf den Standpunkt, es bestehe kein sie bindender Vertrag. Die Wohnungsbaugesellschaft vergab daraufhin den Auftrag anderweitig und erhob im April 1971 gegen die Kläger Klage auf Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht. Diese Klage wurde im ersten Rechtszug, in dem die Kläger von dem Beklagten vertreten wurden, abgewiesen. Auf die Berufung der Wohnungsbaugesellschaft stellte das Oberlandesgericht aber fest, dass diese der Klägerden Bauauftrag bindend erteilt gehabt habe, sie daher verpflichtet sei, ihr den aus der Nichterfüllung des Vertrags über die Bauarbeiten entstandenen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Revision der Kläger wies der BGH durch Beschluss vom 21.3. 1974 zurück. In dem anschließend von der Wohnungsbaugesellschaft anhängig gemachten Prozess zur Höhe der Ersatzpflicht der Kläger hat diese dem Beklagten durch einen am 9. 10. 1974 beim Landgericht eingereichten und ihm am 22. 10. 1974 zugestellten Schriftsatz den Streit verkündet. Mit der im Oktober 1975 gegen den Beklagten eingereichten Klage hat die Kläger die Feststellung seiner Schadensersatzpflicht begehrt.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie wegen Verjährung abgewiesen. Die Revision der Kläger führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: I. Das Berufsgericht unterstellt zugunsten der Kläger, dass der von ihr geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen unrichtiger Beratung seitens des Beklagten über das Zustandekommen des Vertrags mit der Wohnungsbaugesellschaft an sich begründet ist, hält ihn jedoch für verjährt. Es ist der Auffassung, der Lauf der Verjährungsfrist habe spätestens im April 1971 begonnen, da damals durch die Beauftragung eines anderen Unternehmens seitens der Wohnungsbaugesellschaft der Schaden der Kläger entstanden sei; dies gelte auch für deren Anspruch auf Ersatz der Prozesskosten aus dem ersten, von der Wohnungsbaugesellschaft im April 1971 gegen die Kläger angestrengten Rechtsstreit. Daher sei der gesamte Schadensersatzanspruch schon im April 1974 verjährt gewesen. Der Beklagten sei der Kläger zwar auch deswegen ersatzpflichtig, weil er sie nicht über den Ersatzanspruch gegen sich selbst belehrt habe, wozu er aufgrund des zwischen ihnen geschlossenen Anwaltsvertrages verpflichtet gewesen sei. Diese Pflicht habe jedoch nur bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien bestanden. Die Beratungstätigkeit des Beklagten sieht das Berufsgericht im März 1971, die Prozessvertretung für die Kläger am 20. 10. 1971, dem Tag der Aktenübersendung an dessen zweitinstanzliche Anwälte, als beendet an. Es stellt dazu fest, der Beklagten sei weder im Berufungs- noch im Revisionsverfahren als Verkehrsanwalt tätig geworden. Daher sei die Verjährung von Schadensersatzansprüchen wegen aller in Betracht kommender Pflichtverletzungen des Beklagten schon mit Ablauf des 20. 10. 1974 eingetreten. Sie sei auch nicht unterbrochen worden. Die Streitverkündung in dem Prozess über die Höhe der Schadensersatzverpflichtung der Kläger habe keine Unterbrechungswirkung gehabt.

Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision nicht stand.

Der Ausgangspunkt des angefochtenen Urteils ist allerdings fehlerfrei.

Das Berufsgericht geht zunächst zutreffend davon aus, dass es im Streitfalle nach der ersten Alternative des § 51 BRAO für den Beginn der Verjährung eines der Kläger gegen den Beklagten zustehenden Ersatzanspruches auf die Entstehung des Schadens ankommt. Mit Recht nimmt es auch an, dass ein Schaden schon dann eingetreten ist, wenn die Vermögenslage des Geschädigten infolge des schädigenden Ereignisses im Vergleich nut dem früheren Vermögensstand schlechter geworden ist. Daraus folgert es rechtsfehlerfrei, der Kläger sei nicht - wie die Revision meint - erst dann ein Schaden entstanden, als der BGH ihre im Vorprozess eingelegte Revision am 21. 3. 1974 zurückgewiesen hatte und damit das oberlandesgerichtliche Urteil, durch das sie im Jahre 1972 erstmals verurteilt wurde, Rechtskraft erlangte, oder als diese erste Verurteilung erfolgte, sondern bereits in dem Zeitpunkt, in dem die Wohnungsbaugesellschaft den Bauauftrag anderweitig vergab, nämlich im April 1971. Denn von da ab war diese in der Lage, aus der Ablehnung der Vertragserfüllung seitens der Kläger die ihr günstigen Rechtsfolgen abzuleiten und diese auch gerichtlich, wenigstens in Form einer Feststellungsklage, geltend zu machen. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagten gegenüber einer damals etwa schon gleich erhobenen Klage möglicherweise den Arglisteinwand hätte erheben können. Rechtlich einwandfrei nimmt das Berufsgericht ferner an, dieser Verjährungsbeginn gelte auch für den der Kläger gegen den Beklagten etwa zustehenden Anspruch auf Ersatz der Prozesskosten aus dem von der Wohnungsbaugesellschaft gegen sie angestrengten Rechtsstreit. Bei jedem Schadenseintritt beginnt nämlich die Verjährung einheitlich für alle daraus entstehenden Folgen, soweit diese beim Auftreten des ersten Schadens voraussehbar waren. Die Voraussehbarkeit der Entstehung konnte das Berufsgericht bezüglich der Prozesskosten unbedenklich bejahen.

Das Berufsgericht übersieht auch nicht, dass der Kläger ein sekundärer Anspruch gegen den Beklagten zustehen könnte, wenn dieser sie nicht über etwaige Ersatzansprüche gegen sich selbst belehrt hat, und dass dieser Umstand der Klage zum Erfolg verhelfen könnte. Denn ein solcher sekundärer Ersatzanspruch hat zur Folge, dass es dem Anwalt versagt ist, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen und er den ursprünglichen Anspruch als unverjährt gegen sich gelten lassen muss, oder, wie es zuweilen auch konstruiert wird, dass nur noch der neue Anspruch gegen ihn durchsetzbar ist. Zutreffend weist das Berufsgericht in diesem Zusammenhang unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 2. 7. 1968 weiter darauf hin, dass die Belehrungspflicht des Beklagten nur bis zur Beendigung des Mandatsverhältnisses bestand. Der Revision kann nicht darin gefolgt werden, dass ein Rechtsanwalt, der seinem Mandanten durch falsche Beratung einen Schaden zugefügt hat, verpflichtet sein soll, ihn noch nach Beendigung des Anwaltsvertrags aufgrund nachvertraglicher Rechtswirkungen darüber aufzuklären und ihn auf einen Ersatzanspruch gegen sich selbst bzw. auf die Gefahr der Verjährung dieses Anspruchs hinzuweisen. Damit würde die Regelung des § 51 BRAO ausgehöhlt. Das Berufsgericht befindet sich schließlich bei seiner Berechnung des Laufs der Verjährungsfrist für den aufgrund einer etwa unterlassenen Belehrung gegen den Beklagten entstandenen Ersatzanspruch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats. Es hält ihn mit Recht im Zeitpunkt der Klageerhebung im Oktober 1975 für den Fall für verjährt, dass das Mandat des Beklagten bereits am 20. 10. 1971 geendet hatte und der Lauf der Verjährungsfrist nicht schon vorher unterbrochen wurde. Denn wenn das Mandatsverhältnis im Zeitpunkt der Verjährung des ursprünglichen Anspruchs nicht mehr besteht, verjährt auch der sekundäre Anspruch gemäß der Hilfsregelung des § 51 BRAO drei Jahre nach Mandats ende.