Stromversorgungsvertrages

Die Auslegung der Vertragsanpassungsklausel des § 3 Nr. 5 des Stromversorgungsvertrages durch das Berufungsgericht begegnet Bedenken, weil dabei zu Unrecht Maßstäbe angelegt worden sind, die beim Wegfall der Geschäftsgrundlage gelten. Die Vorinstanz hat dem inneren Zusammenhang, den die Parteien zwischen Preisänderungs- und Vertragsanpassungsklausel vereinbarungsgemäß hergestellt haben, nicht genügend Rechnung getragen.

Kern der bei Abschluss des Stromversorgungsvertrages vereinbarten Preisänderungsklausel des § 3 Nr. 5 ist eine Formel, in der die Faktoren, die eine Erhöhung oder Ermäßigung des Abgabepreises auslösen können, 40% ausmachen, nämlich Brennstoffkosten 15% und Lohnkosten 25%. Ohne Einfluss auf die Preisgestaltung bleiben dagegen die sog. fixen Kosten, die mit 60% in der Formel enthalten sind. Der in die Formel eingearbeitete Basiskohlepreis und der Basisstundenlohn sind zugleich als Maßstab für die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse am 1.1. 1969 bezeichnet worden, die ihrerseits die Grundlage der Preisbestimmung bilden. Waren aber Basiskohlepreis und Basisstundenlohn Maßstab für die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse am 1. 1. 1969, von denen die Parteien bei Eintritt der Kläger in den Stromversorgungsvertrag mit der Beklagte ausgegangen sind, so muss andererseits die Entwicklung von Basiskohlepreis und Basisstundenlohn auch als Maßstab dafür gelten, ob die Preisvereinbarung noch den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung trägt oder nicht.

Von der Möglichkeit, vertraglich einen Grenzwert in der Entwicklung beider Faktoren festzulegen, dessen Überschreiten den Weg zu einer neuen Preisänderungsklausel eröffnet, haben die Parteien im vorliegenden Falle keinen Gebrauch gemacht. Er unterscheidet sich darin von dem Sachverhalt, der der Entscheidung des erkennenden Senats = WM 1978, 1389 zugrunde liegt. Dort war vereinbart worden, jeder Vertragspartner könne für die Zukunft die Überprüfung der Angemessenheit der Preisänderungsklausel verlangen, wenn sich der Preis für schweres Heizöl gegenüber der Ausgangsbasis um mehr als 35% ändert und sich diese Änderung in vollen vertraglichen Umfang auf den Gaspreis ausgewirkt hat.

Fehlt eine Absprache über einen Grenzwert, so muss im Streitfalle im einzelnen festgestellt werden, ob und von welchem Wert einer nicht mehr auszugleichenden Kostenänderung an die Vereinbarung einer neuen Klausel verlangt werden kann. Zur Entwicklung von Basiskohlepreis und Basislohnkosten hat die Kläger vorgebracht, es seien der Kohlepreis um 112,7% und die Basislohnkosten um 99,3% gestiegen. Das entspricht den Werten, die dem erkennenden Senat auch in anderem Zusammenhang bekannt geworden sind. Das Berufungsgericht hat darüber hinaus unterstellt, die in einzelnen Bereichen aufgetretenen durchschlagenden Kostenveränderungen hätten sich auch auf die in der Preisgleitklausel enthaltenen Faktoren ausgewirkt und damit das vertraglich festgelegte Verhältnis des sog. festen Kostenanteils zum beweglichen Kostenanteil entscheidend zu Lasten der Kläger beeinflusst. Für die Grenzwertbestimmung ist andererseits von Bedeutung, dass das der vereinbarten Preisänderungsklausel zugrunde gelegte Verhältnis von sog. fixen Kosten = 60% zu den den Strompreis verändernden Faktoren = 40% vom 1. 1. 1969, dem zeitlichen Ausgangspunkt der vertraglichen Regelung, bis zur Jahresmitte 1973 trotz inzwischen eingetretener Kohlepreis- und Lohnkostensteigerungen noch ausgewogen war. Anderenfalls hätten die Parteien den Eintritt der Kläger in den Stromversorgungsvertrag mit der Beklagte zum Anlaß genommen, eine neue Preisänderungsklausel zu vereinbaren. Jedenfalls bis August 1973 war mithin die geltende Klausel geeignet, die Steigerungsraten bei den drei Kostenfaktoren aufzufangen.

Die Kläger hat gelten gemacht, dieser vertraglich vereinbarten Funktion entspreche seit 1974 nur eine Preisänderungsklausel, in welche die den Strompreis bestimmenden Faktoren Basiskohlepreis mit 40% und Basislohnkosten mit 35%, insgesamt also mit 75% eingesetzt seien. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die alte Preisänderungsklausel die gestiegenen Brennstoff- und Lohnkosten auch bei sog. Vollausschöpfung seit dem Jahre 1975 nicht mehr ausgleicht. Nach dem Vortrag der Beklagte sind in den Jahren 1975 bis 1978 3%, nach Darstellung der Kläger 5% Kostensteigerung nicht mehr aufzufangen gewesen. Auch wenn es Sinn und Zweck einer auf bestimmten Kostenelementen aufgebauten Preisänderungsklausel ist, von vornherein den jeweils marktgerechten Preis zu vereinbaren und darüber hinaus die vorgesehene Art der Vertragsanpassung gewährleisten soll, dass sich an eine nicht mehr funktionstüchtige Preisänderungsklausel nahtlos eine taugliche Regelung anschließt, folgt daraus nicht, dass schon der geringste Prozentsatz nicht aufgefangener Preiserhöhungen Anlass zur Neuregelung der Preisänderungsklausel ist Eine bestimmte Toleranz nicht aufzufangender Preisänderungen hinzunehmen, muss den Parteien nach Treu und Glauben zugemutet werden, um eine allzu rasche Aufeinanderfolge von Vertragsanpassungen zu vermeiden. Auch bei Wertsicherungsklauseln in langfristigen Miet- und Pachtverträgen wird erfahrungsgemäß ein Anspruch auf Anpassung der Gegenleistung davon abhängig gemacht, dass die Bezugsgröße eine - deutliche - Änderung, meist um zehn Punkte, erfahren hat. Die Festlegung dieses Grenzwertes, bis zu dessen Überschreiten Preisschwankungen hingenommen werden müssen, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Hier bedarf es einer exakten Festlegung des Grenzwertes nicht, denn die von der Kläger behauptete von der geltenden Preisänderungsklausel nicht mehr aufgefangene Preissteigerung von 5% hält sich jedenfalls im Rahmen des ihr zumutbaren Risikos.