subjektiven Tatbestand

Ob der Makler sich seines Lohnes unwürdig erwiesen hat, ist in erster Linie nach dem subjektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Treupflichtverletzung zu entscheiden.

Zum Sachverhalt: Die Kläger hat dem Beklagten die Gelegenheit zum Kauf eines Miethauses nachgewiesen und verlangt dafür den vereinbarten Maklerlohn. Der Beklagte meint, sie habe wegen wahrheitswidriger Angaben über Sanierungsmöglichkeiten jeden Provisionsanspruch verwirkt, wenn sie als Hausverwalterin überhaupt Maklerdienste habe leisten können; außerdem hat er mit Schadensersatzansprüchen aufgerechnet, die er wegen des Verhaltens der Klägerzu haben glaubt. Mit Kaufvertrag vom März 1979 erwarb der Beklagte für 1,371 Mio. DM ein Miethaus in B. mit 28 Wohnungen, 3 Läden und einer Arztpraxis. In § 28 des notariellen Vertrages heißt es, dass der Beklagte die Kläger mit der Beschaffung eines Grundstücks beauftragt habe und die Maklerprovision in Höhe von 5,6% des Kaufpreises einschließlich Mehrwertsteuer trage. Die Kläger die Maklergeschäfte und Hausverwaltungen betreibt, war für die Voreigentümerin als Hausverwalterin tätig. Das hatte der Beklagte während der Vorverhandlungen erfahren. Sie hatte seit Ende 1977 dem Beklagten auf dessen Anfrage verschiedene Miethäuser angeboten. In dem hier maßgeblichen Expos der Kläger, in welchem das Haus näher beschrieben wird, heißt es (nicht hervorgehoben) unter anderem: Die Wohnungen haben Ofenheizung .... Mit Zustimmung der Voreigentümerin waren jedoch von verschiedenen Mietern Gas-Etagenheizungen eingebaut worden, so dass im Zeitpunkt des Angebotes diese Angabe nach der Feststellung des Berufungsgerichts für 10 der 28 Wohnungen nicht mehr zutraf. Im gleichzeitig übersandten Mieterverzeichnis fand sich nur bei zwei Wohnungen ein Vermerk über die Gasheizung. In den von ihm stichprobenweise besichtigten drei Wohnungen fand der für den Beklagten tätige Hausverwalter K nur Ofenheizungen vor.

LG und KG haben die auf Zahlung der Provisionssumme gerichtete Klage abgewiesen. Die Revision der Kläger führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: I. Das Berufungsgericht hat wie das Landgericht dahin entschieden, dass die Kläger einen etwa gegen den Beklagten erworbenen Provisionsanspruch in entsprechender Anwendung des § 654 BGB wegen schwerwiegender Pflichtverletzung verwirkt habe. Die Kläger habe den Ist-Zustand hinsichtlich der Ofenheizung falsch dargestellt, der für den Beklagten erkennbar von wesentlicher Bedeutung gewesen sei. Auf die Richtigkeit der dazu mit dem Expos 6 und dem Mieterverzeichnis er- teilten Auskunft habe der Beklagte vertrauen können. Das Vorhandensein von weiteren acht Gas-Etagenheizungen sei geeignet gewesen, seinen gewinnträchtigen Sanierungsplan, alle 28 Wohnungen des Hauses auf Fern-Zentralheizung umzurüsten, jedenfalls ernsthaft in Frage zu stellen. Mit ihrer falschen Auskunft habe die Kläger mindestens grob fahrlässig gehandelt, da sie als Verwalterin besonders sorgfältig mit ihren Angaben habe sein müssen. Es sei grob leichtfertig gewesen, wenn die Kläger die Einzelheiten für das Verkaufsexpos6 aus den unvollständigen Unterlagen ihres Sachbearbeiters für die Hausverwaltung lediglich übernommen und nicht auf den für einen Kaufinteressenten maßgeblichen Ist-Zustand überprüft habe. Weil die Freizeichnungsklausel unter Nr. 10 der Geschäftsbedingungen der Kläger für grobe Fahrlässigkeit nicht gelte, könne sie sich auch darauf nicht berufen.

Die Revision meint demgegenüber, das Berufungsgericht habe seiner Entscheidung einen in Wahrheit nicht gegebenen Sachverhalt zugrunde gelegt. Es habe trotz des entgegenstehenden schlüssigen Vortrags und der Beweisantritte der insoweit nicht beweispflichtigen Kläger zugunsten des Beklagten unterstellt, dass die Ausstattung der Wohnungen lediglich mit Ofenheizung für ihn vertragswesentlich und dieser Umstand für die Kläger erkennbar gewesen sei. Dem Hinweis auf die Ofenheizung habe das Berufungsgericht zu Unrecht die Bedeutung einer zugesicherten Eigenschaft, nämlich einer alsbaldigen Sanierungsmöglichkeit beträchtlichen Umfangs beigelegt. Deshalb habe die Kläger nicht grob fahrlässig gehandelt. Das Informationsversehen rechtfertige keinesfalls die Anwendung des Verwirkungsgedankens.

II. Die Revision hat Erfolg. Die Begründung des angefochtenen Urteils kann die Zurückweisung der Provisionsforderung nicht tragen. Die getroffenen Feststellungen sind nicht geeignet, dieses Ergebnis mit anderer Begründung zu rechtfertigen.

1. Die analoge Anwendung des Verwirkungsgedankens aus § 654 BGB kann hier nicht in Betracht kommen, weil die vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Tatsachen dafür nicht ausreichen.

a) Allerdings fällt der Kläger eine Sorgfaltspflichtverletzung zur Last. Die Angaben der Kläger zum Vorhandensein von Ofenheizungen in 26 der 28 Wohnungen, die aus dem Expose im Zusammenhang mit dem Mieterverzeichnis zu entnehmen waren, hat das Berufungsgericht mit Recht als schuldhafte Verletzung der für die Kläger bestehenden Pflicht zur umfassenden Aufklärung gewertet. Noch in der Revisionsinstanz versuchte die Kläger erfolglos, die falschen Angaben deshalb als zutreffend hinzustellen, weil die mietereigenen Gasheizungen beim Auszug wieder ausgebaut werden müssten. Die Kläger hatte nicht einen früheren oder einen irgendwann in der Zukunft herzustellenden, sondern den gegenwärtigen Zustand des Kaufobjekts mitzuteilen.

b) Diese Pflichtverletzung hat aber nicht das für eine Anwendung des Verwirkungsgedankens erforderliche außergewöhnliche Gewicht. Das Berufungsgericht hat insoweit allein auf die objektive Bedeutung der Pflichtverletzung des Maklers für den Auftraggeber abgestellt. Darin kann ihm nicht gefolgt werden. Der BGH hat immer wieder betont, dass die Fälle von schuldhafter Falschinformation, soweit sie nicht durch ein treuwidriges Verhalten des Maklers gekennzeichnet sind, zufriedenstellend unter dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung zu behandeln sind (BGHZ 36, 323 [327] = LM vorstehend Nr. 1 = NJW 1962, 734; BGH, WM 1977, 941 [943]). Die Bestimmung des § 654 BGB dagegen hat Strafcharakter und soll den Makler bei Vermeidung des Verlustes seiner Vergütung dazu anhalten, die ihm gegenüber seinem Auftraggeber obliegende Treupflicht zu wahren (BGH, NJW 1981, 280 = LM vorstehend Nr. 10). Deshalb bemisst sich das Gewicht der dem Makler vorzuwerfenden Pflichtverletzung nicht so sehr nach der objektiven Seite, nämlich dem Ausmaß der Folgen des Verstoßes oder der vertragsmäßigen Bedeutung der konkret verletzten Verpflichtung. Vielmehr ist immer und in erster Linie der subjektive Tatbestand der Treupflichtverletzung hervorgehoben worden (BGHZ 36, 323 [327] = LM vorstehend Nr. 1 = NJW 1962, 734; dazu Rietschel, Anm. LM vorstehend Nr. 1; vgl. auch Wolf, WM 1978, 1287). Schon das RG hat die in diesem Zusammenhang aufschlussreiche Formel geprägt, der Makler habe sich seines Lohnes un- würdig erwiesen (LZ 1920, 758). Das ist nach der Rechtsprechung dann der Fall, wenn der Makler seine Treupflicht vorsätzlich, wenn nicht gar arglistig, mindestens aber in einer dem Vorsatz nahekommenden grob leichtfertigen Weise verletzt hat, nicht aber immer schon dann, wenn er (grob) fahrlässig irgendeine den Auftraggeber schädigende Pflichtverletzung begangen hat.

Das Berufungsgericht hat die falsche Auskunft der Kläger als mindestens grob fahrlässig gewertet, weil es wegen der Stellung der Kläger als Hausverwalterin besondere Sorgfalt bei der Abfassung der schriftlichen Unterlagen für notwendig und das Organisationsverschulden der Kläger in ihrem Betrieb, nämlich die insoweit fehlende Überprüfung der Angaben des Verwaltungssachbearbeiters vor deren Aufnahme in das Expose, für grob leichtfertig gehalten hat. Es kann offen bleiben, ob damit in revisionsrechtlich nicht nachprüfbarer Weise grobe Fahrlässigkeit festgestellt worden ist, ob die Fehlinformation dadurch zustande gekommen ist, dass die Kläger dasjenige unbeachtet gelassen hat; was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BGHZ 10, 14 [16] = LM § 932 BGB Nr. 2 = NJW 1953, 1139 m. w. Nachw.). Jedenfalls sind danach die gewichtigen subjektiven Voraussetzungen einer Treupflichtverletzung im eigentlichen und engeren Sinne nicht zu bejahen, die allein die Anwendung des Verwirkungsgedankens rechtfertigen.

c) Allerdings spielt die Bedeutung der konkret verletzten Verpflichtung auch dann eine Rolle, wenn die subjektive Seite der Treupflichtverletzung in den Vordergrund gestellt wird. Je größere Bedeutung beide Vertragsparteien einer bestimmten vertraglichen Verpflichtung des Maklers beimessen, um so eher kann sich deren grob schuldhafte Verletzung als ein treuwidriges Verhalten darstellen, das den Makler der Provision unwürdig erscheinen lässt. Umgekehrt braucht sogar eine vorsätzliche Verletzung einer unbedeutenden Ordnungsvorschrift die Anwendung des Verwirkungsgedankens nicht unbedingt nach sich zu ziehen (vgl. Rietschel, Anm. LM vorstehend Nr. 1). Deshalb muss feststehen, dass die konkret verletzte Pflicht für den Berechtigten eine erhebliche Bedeutung hatte, und weiter, dass dieses dem Verpflichteten bekannt war. Das hat das Berufungsgericht zwar im Grundsatz nicht verkannt, indem es auf die bei der Kläger allgemein bestehende Kenntnis der Bedeutung von Sanierungsmöglichkeiten hingewiesen hat. Eine solche allgemeine Kenntnis reicht jedoch für die Annahme einer grob schuldhaften Treupflichtverletzung nicht aus.

2. Die völlige Zurückweisung der Provisionsforderung kann nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten werden.

a) Die Frage, ob nach der Verflechtungsrechtsprechung im Hinblick auf eine mögliche bedeutsame Interessenkollision die Stellung des Hausverwalters für das zu verkaufende Mietshaus unvereinbar ist mit der des Maklers, ist bislang vom BGH nicht entschieden. Sie kann auch im vorliegenden Fall offengelassen werden. Unstreitig war dem Beklagten die Stellung der Kläger als Hausverwalterin schon während der Vorverhandlungen bekannt geworden. Gleichwohl hatte der Beklagte sich weiterhin der Maklerdienste der Kläger bedient. Nach seinem eigenen Vorbringen war ihm gerade an dem von der Kläger in ihrer Eigenschaft als Hausverwalterin erworbenen Kenntnissen für seine besonderen Kaufabsichten gelegen. Wenn aber bei Einverständnis der Beteiligten der Makler sogar für beide Seiten tätig sein kann, kommt in der Regel eine provisionsausschließende Interessenkollision jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn dem Auftraggeber bekannt ist, dass ein Makler gleichzeitig Hausverwalter der Gegenseite ist, und er die Kenntnisse, die der Makler in dieser Eigenschaft hat, ausnutzen will. Darüber hinaus hat der Beklagte in dem notariellen Kaufvertrag seine Provisionszahlungspflicht in Kenntnis des genannten Umstandes ausdrücklich anerkannt.

b) Die Klageabweisung lässt sich nach den bisherigen Feststellungen auch nicht mit etwaigen aus der genannten Sorgfaltspflichtsverletzung der Kläger erwachsenen Schadensersatzansprüchen des Beklagten rechtfertigen. Die Kläger hat in der Berufungsbegründung unter Beweisantritt die bisherigen Geschäftsbeziehungen der Parteien und das Verhalten bis zum notariellen Kaufvertrag im einzelnen dargestellt. Sie hat daraus den immerhin möglichen Schluss gezogen, dass es dem Beklagten nicht entscheidend auf den Anschluss der Mietwohnungen an die Fernheizung angekommen sei. Weil der Beklagte nach dem Vortrag der Kläger schon in der Klageschrift trotz der erneuerungsbedürftigen Be- und Entwässerungsleitungen das Haus erwerben wollte, konnte die Kläger auch den Eindruck gewinnen, dass für den Beklagten eine darauf bezogene Sanierung von Bedeutung gewesen sei. Deshalb wird das Berufungsgericht der Behauptung der Kläger nachgehen müssen, dass für sie die Bedeutung der Ofenheizung bei dem Kaufentschluss des Beklagten nicht erkennbar gewesen sei. Es wird die dazu bislang fehlenden Feststellungen treffen und im Hinblick auf die Freizeichnungsklausel der Kläger entscheiden müssen, ob das Verhalten der Kläger im Zusammenhang mit der fehlerhaften Auskunft bei umfassender Würdigung auch der subjektiven Seite weiterhin als grobe Fahrlässigkeit zu bewerten und ob und gegebenenfalls mit welchem Gewicht ein Mitverschulden des Beklagten anzunehmen ist. Das Berufungsgericht wird weiter klären müssen, ob und in welchem Umfang der Beklagte die Entstehung eines Schadens, soweit er sie schlüssig vorgetragen hat, beweisen kann.