Teilforderungen

Zur Bestimmbarkeit der Vorausabtretung von Teilforderungen im Wege verlängerten Eigentumsvorbehalts.

Anmerkung: Die Kläger vertreibt Glaswaren. Sie hat einen Möbelherstel1er mit Spiegeln, Scheiben und Einlegeböden beliefert, die dieser in Schränke eingebaut hat. Es war ein verlängerter Eigentumsvorbehalt vereinbart mit Vorausabtretung der Forderung aus der Weiterveräußerung der von der Kläger stammenden Ware nach Verarbeitung. Der Möbelhersteller fiel in Konkurs. Daraufhin nahm seine Hausbank aufgrund einer Globalzession ihres Kunden die Erlöse aus dem Verkauf der Möbel für sich in Anspruch. Es entstand Streit zwischen ihr und der Kläger über die Wirksamkeit und den Umfang der Vorausabtretung zugunsten der Kläger aufgrund des verlängerten Eigentumsvorbehalts. Der BGH hat der Kläger Recht gegeben.

1. Eine vernünftige Auslegung der Lieferbedingungen der Kläger ergab, dass die Kundenforderungen des Gemeinschuldners nicht in vollem Umfang abgetreten worden sind, weil die Lieferungen der Kläger nur einen geringen Bruchteil des Wertes der Leistungen ausmachten, die der Gemeinschuldner an seine Kunden erbracht hat. In solchen Fällen sind schon nach bisheriger Rechtsprechung des BGH Vorausabtretungsabreden dahin zu verstehen, dass nur ein Teil der Kundenforderungen abgetreten sein soll (BGHZ 26, 178 [182/183] = LM vorstehend Nr. 6; BGH, LM vorstehend Nr. 8 Bl. 2; WM 1960, 1063 [1064]; vgl. aber auch die anders liegenden Fälle BGHZ 7, 365 = LM vorstehend Nr. 2; BGH, NJW 1974, 1130 Nr. 2 = LM vorstehend Nr. 26; BGH WM 1969, 1072; 1977, 1198).

2. Es kam hier deshalb darauf an, ob die Teilabtretung der Kundenforderungen des Gemeinschuldners hinreichend bestimmbar war. Dazu mussten die Lieferbedingungen der Kläger genügend Anhaltspunkte für die Begrenzung der Forderungen bieten.

a) Fehlt es daran und sind die Möglichkeiten einer solchen Begrenzung zu vielfältig, dann ist die abgetretene Teilforderung nicht hinreichend bestimmbar (BGHZ 26, 178 [183/185] = LM vorstehend Nr. 6; BGHZ 32, 361 [364] = LM vorstehend Nr. 12). So ist es beispielsweise, wenn es heißt, es gingen die anstelle der gelieferten Waren tretenden Forderungen des Käufers gegen seine Abnehmer auf den Vorbehaltslieferanten über (BGH, LM vorstehend Nr. 8) oder es gelte die aus der Verwendung der gelieferten Ware sich ergebende Forderung als abgetreten (BGH WM 1960, 1063). Dagegen hat der BGH als genügend abgegrenzt angesehen eine Teilabtretung in Höhe des Wertes der Vorbehaltsware (NJW 1964, 149 = LM § 157 [Ga] BGB Nr. 9), entsprechend dem Wert unserer Lieferung (NJW 1968, 1516), bis zur Höhe unserer Kaufpreisansprüche für verwendetes Material (LM § 157 [Ga] BGB Nr. 18). Er hat ferner eine Klausel gelten lassen, wonach sich die Abtretung auf den Betrag erstreckt, der dem Anteilswert des Verkäufers am Miteigentum entspricht, das der Vorbehaltsverkäufer durch Verbindung oder Vermischung der Vorbehaltsware mit anderen Gegenständen erworben hat (BGH, NJW 1975, 1226, insofern nicht abgedruckt in BGHZ 64, 312 = LM § 30 KO Nr. 30; vgl. zu alledem auch Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Bd. IV § 47 III 2, 3).

b) Hier konnte der BGH zur Bemessung des abgetretenen Teilanspruchs an die Verarbeitungsklausel in den Lieferbedingungen der Kläger anknüpfen. Danach sollte der Kläger das Miteigentum an der neuen Sache zustehen im Verhältnis des Rechnungswerts der Vorbehaltsware zu den anderen verarbeiteten Waren zur Zeit der Verarbeitung. Maßgebende Bezugsgröße ist also der Rechnungswert der Vorbehaltsware, d. h. der für das verwendete Material vereinbarte Kaufpreis. Das ist auch die jeweils am zuverlässigsten festzustellende Größe, die zudem den Wertvorstellungen der Parteien von der Vorbehaltsware am nächsten kommt (BGH, NJW 1964, 149 = LM § 157 [Ga] BGB Nr. 9). dass der Rechnungswert ins Verhältnis zu den anderen verarbeiteten Waren gesetzt, also als relativer Wertmaßstab gebraucht wird, ist jedoch ausschließlich rechtstechnisch bedingt. Im deutschen Recht gibt es nämlich eine Aufteilung nach absolut bestimmten Wertteilen zwar für Forderungen, nicht aber für das Eigentum (BGH aaO und BGHZ 46, 117 [119] = LM § 950 BGB Nr. 5).

c) Hier ging es aber nicht um Miteigentum an der durch Verarbeitung entstandenen neuen Sache, sondern um den Anteil des Vorbehaltslieferanten an der Forderung gegen Drittabnehmer nach Veräußerung der neuen Sache. Für diese Verlängerungsstufe des Eigentumsvorbehalts besteht kein Anlass, den Rechnungswert der verwendeten Vorbehaltsware als relativen Wertmaßstab zu gebrauchen. Hier versteht ihn der BGH vielmehr als absolute Größe, aus der sich unmittelbar die abgetretene Teilforderung ergibt. Das entspricht auch dem Willen der Vertragsparteien am besten. So wird der Umfang der Vorausabtretung am genauesten bestimmt. Der Vorbehaltslieferant setzt sich am wenigsten Gefahren für die Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderung aus, wie sie bei einem anderen Wertmaßstab auftreten können. Zu Übersicherungen kann es praktisch nicht kommen, die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Vorbehaltskäufers bleibt erhalten. Kollisionen mit anderen Lieferanten sind ausgeschlossen, soweit sich diese ebenfalls auf die Abtretung der Kundenforderungen nur in Höhe des Kaufpreises der von ihnen gelieferten Ware beschränken (BGHZ 46, 117 [120] = LM § 950 BGB Nr. 5).

d) Der Zweck des verlängerten Eigentumsvorbehalts, den Vorbehaltslieferanten in dem Umfang zu sichern, in dem er mit der (auf Kredit gelieferten) Ware einen Wert weggegeben hat, wird voll erreicht (BGH NJW 1964, 149 [150] = LM § 157 [Ga] BGB Nr. 9). Diese Auslegung der Vorausabtretung entspricht deshalb auch der Interessenlage. Ist in Fällen der vorliegenden Art bei vernünftiger Auslegung der Lieferbedingungen nur eine Teilabtretung gewollt, dann ist es ebenso ein Gebot der Vernunft, einen brauchbaren und interessengerechten Maßstab für die Bemessung des Forderungsteiles zu fuhren, wenn die Lieferbedingungen - wie hier - insgesamt dafür hinreichende Anhaltspunkte bieten.

3. Die abgetretenen Teilforderungen lassen sich anhand von Lieferscheinen, Rechnungen, Fertigungsunterlagen, Debitorenkonten und dgl. mehr feststellen. Das genügt zu ihrer Bestimmbarkeit. Eine andere Frage ist, ob sie im Einzelfall auch beweisbar sind (BGHZ 70, 86 [90] = LM § 355 HGB Nr. 21; vgl. auch BGH, NJW 1978, 1632 = LM vorstehend Nr. 35 und Serick, aaO § 47 III 2e). Der Versuch, den Beweis zu führen, darf dem Vorbehaltslieferanten im Prozess aber nicht mit der Begründung abgeschnitten werden, die Beweisführung sei umständlich. Das versteht sich fast von selbst.