Terminbestimmung

Es ist Sache des Kläger, dafür Sorge zu tragen, dass sein Anspruch nicht verjährt. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob der Verfahrensweise des Gerichts eine Anregung des Klägers vorausgegangen ist oder ob umgekehrt der Kläger - wofür hier der Wortlaut des Vermerks vom 20. 8. 1975 sprechen könnte - sich mit einer Anregung des Gerichts einverstanden erklärt. In beiden Fällen hat es der Kläger in der Hand, auf einer unverzüglichen Terminbestimmung zu bestehen oder doch - unter Beobachtung des Laufs der Verjährungsfrist - rechtzeitig einen neuen Terminsantrag zu stellen.

Ob es unter den gegebenen Umständen sinnvoll und prozesswirtschaftlich vernünftig war, den Ausgang des Musterverfahrens abzuwarten, ist ohne Belang; denn dadurch allein wird die Vorschrift des § 211 II 1 BGB noch nicht unanwendbar. Zwar ist Zweck dieser Bestimmung, eine Umgehung der Verjährungsvorschriften zu verhindern. Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäfte weder ausgeschlossen noch erschwert werden; dieser Erfolg soll auch nicht auf dem Umweg erreicht werden, dass ein Prozess begonnen, dann aber nicht mehr betrieben wird. Nicht aber ist als Voraussetzung der Beendigung der Verjährungsunterbrechung in das Gesetz aufgenommen worden, dass die Parteien den Verfahrensstillstand subjektiv in Umgehungsabsicht herbeigeführt haben müssen. Abgesehen davon, dass wegen der einschneidenden Wirkung des § 211 II BGB sich die Beurteilung der Voraussetzungen dieser Vorschrift nach objektiven Kriterien - nämlich dem Verfahrensstillstand im Verantwortungsbereich der Parteien - empfiehlt, weil das Motiv der Parteien für ihre Verfahrensweise oft schwer feststellbar sein wird, kann auch ein bewusstes, aber von keiner besonderen Umgehungsabsicht getragenes Nichtbetreiben des Verfahrens zu der von dem Gesetzgeber missbilligten Folge führen, dass sich die in den Prozess gezogenen Ansprüche verewigen.

Der Auffassung des Senats steht die vom Berufsgericht und der Revision angeführte Entscheidung des VH. Zivilsenats des BGH vom 7. 12. 1978 nicht entgegen. Zwar wird in dieser Entscheidung die Vorschrift des § 211 II BGB nur für anwendbar erklärt, wenn die Parteien ohne triftigen Grund untätig bleiben. Das von dem VII. Zivilsenat als Beleg zitierte Urteil des erkennenden Senats vom 17. 1. 1968 spricht im übrigen allein davon, dass auch ein Stillstand aus grundloser Untätigkeit der Parteien die Voraussetzungen des § 211 II BGB erfüllt und macht auch durch die von ihm zitierten Beleg, in denen auf den Grund der Untätigkeit der Parteien nicht abgestellt wird, deutlich, dass die Grundlosigkeit der Untätigkeit der Parteien nicht zwingende Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Vorschrift ist. Die Entscheidung des VII. Zivilsenats betraf aber in mehrfacher Hinsicht einen anderen Fall: Dort war gegen ein Teilurteil Berufung eingelegt und der beim Erstgericht verbliebene Verfahrensrest zunächst nicht weiterbetrieben worden. In diesem Falle mögen die engere Beziehung zwischen dem Verfahrensteil, dessen Erledigung abgewartet wird, und dem nicht weiterbetriebenen Verfahrensrest und auch die mit der Aktenversendung an das Rechtsmittelgericht verbundenen praktischen Schwierigkeiten eine andere Beurteilung rechtfertigen. Damals hatte außerdem das Landgericht durch ausdrücklichen. Beschluss angeordnet, dass ein neuer Verhandlungstermin nur auf Antrag einer Partei bestimmt werde; dem Antrag des Kläger, das Verfahren fortzuführen, hatte der Kammervorsitzende entgegengehalten, die abzuwartende Entscheidung des Rechtsmittelgerichts sei für den noch nicht entschiedenen Teil vorgreiflich. Dies kann die Beurteilung rechtfertigen, dass die Verfahrensleitung bei dem Gericht verblieben ist und das in diesem Sinne nicht grundlose Nichtbetreiben durch die Parteien eine Anwendung des § 211 II 1 BGB nicht erlaubt.

Zutreffend hat das Berufsgericht angenommen, dass die Verjährung nicht gemäß § 202I BGB gehemmt war.

Die Feststellung des Berufsgerichts, dass die Parteien keine Stundungsabrede getroffen haben, wird von der Revision nicht angegriffen. Sie ist aus Rechtsgründen auch nicht zu beanstanden. Das Angebot der Beklagten in ihrem Schreiben vom 24. 10. 1974 hat die Beauftragte der Kläger mit Schreiben vom 19. 11. 1974 abgelehnt. Auf den erneuten Vorschlag der Beklagten in ihrem Schreiben vom B. 12. 1974 ist die Kläger nicht eingegangen und hat schließlich mit der Klageerhebung ihre Ablehnung zu erkennen gegeben.

Auch das prozessuale Verhalten der Parteien ist die Vereinbarung einer Stundung nicht zu entnehmen. Selbst die ausdrückliche Vereinbarung der Parteien, das Ruhen des Verfahrens herbeizuführen, enthält nicht ohne weiteres eine Stundung. Ihr kommt regelmäßig nur prozessuale Bedeutung zu. Würde man einer derartigen prozessualen Vereinbarung ohne weiteres auch eine materiell- rechtliche Wirkung beilegen, so stünde dies in Widerspruch zu der Vorschrift des § 211 II BGB, die weitgehend gegenstandslos wäre, wenn zugleich mit der Beendigung der Verjährungsunterbrechung eine Hemmung der Verjährung eintreten würde. Ein über die prozessuale Abrede hinausgehender materiellrechtlicher Inhalt muss daher von den beweispflichtigen Klägern besonders dargelegt werden. Dies gilt erst recht, wenn die Beklagten - wie hier - auf die Mitteilung des Gerichts, der eine Termin vorerst nicht anberaumt werde, lediglich schweigt.

Das Berufsgericht hat sich vom Abschluss eines Stillhalteabkommens nicht zu überzeugen vermocht. Das beanstandet die Revision zu Unrecht. Ein so genanntes pactum de non petendo, also der befristete Verzicht auf die Geltendmachung einer Forderung, setzt voraus, dass der Schuldner vorübergehend zur Verweigerung der Zahlung berechtigt sein soll. Die tatrichterliche Auslegung des Verhaltens der Parteien dahin, dass ein derartiger rechtsverbindlicher Wille nicht erkennbar sei, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Mit dem Berufsgericht ist bereits zu bezweifeln, ob in der Rücksprache zwischen dem Prozessbevollmächtigten der Kläger und dem Kammervorsitzenden ein materiellrechtliches Angebot der Kläger an die Beklagten zu sehen ist. Jedenfalls aber fehlt es an einer Annahmeerklärung der Beklagten Sie hat in keiner Weise auf die Mitteilung des Gerichts reagiert. Auch zwischen den Parteien selbst ist es zu keinem Kontakt mehr gekommen. Der Umstand allein, dass die Untätigkeit der Kläger im Interesse der Beklagten gelegen haben mag, reicht für die Annahme einer Willenserklärung nicht aus. Dass im Falle des Verfahrensstillstandes die Untätigkeit der Parteien keine Verjährungshemmung zur Folge hat, zeigt auch hier die Vorschrift des § 211 II BGB.

Aus den früheren Angeboten der Beklagten vom 24. 10. und B. 12. 1974 folgt nichts anderes. Nicht nur hatte die Kläger diese Angebote mit der Wirkung des § 146 BGB abgelehnt. Auch die Sachlage hatte sich inzwischen dadurch geändert, dass die Kläger Klage erhoben hatte.

Es kann dahinstehen, ob eine zeitlich befristete Hemmung deshalb anzunehmen wäre, weil das Unterlassen der Terminbestimmung in seiner Wirkung der Anordnung des Ruhens des Verfahrens nahe kommt. Hat das Gericht nach § 251 ZPO das Ruhen des Verfahrens angeordnet, so kann die Verjährung während der Sperrfrist des § 251 II ZPO gehemmt sein. Selbst wenn man eine derartige Sperrfrist auch hier annehmen wollte, wäre sie spätestens Ende November 1975 abgelaufen, so dass der im April 1980 von der Kläger gestellte Antrag auf Terminsbestimmung die bereits verstrichene Verjährungsfrist nicht mehr gemäß § 211 II 2 BGB unterbrechen konnte.

Die Auffassung des Berufsgerichts, die Berufung der Beklagten auf die Einrede der Verjährung verstoße nicht gegen Treu und Glauben, greift die Revision nicht an. Ihr ist auch beizupflichten. Ebenso wie die Vereinbarung über das Ruhen des Verfahrens oder das Einverständnis des Schuldners mit dem Nichtbetreiben des Prozesses begründet auch die bloße Untätigkeit der Beklagten auf die Mitteilung des Gerichts, keinen Termin anberaumen zu wollen, nicht die Einrede des Rechtsmissbrauchs bei einer späteren Ausübung des Rechts nach § 222 BGB. Auch dies ergibt sich daraus, dass andernfalls die Bestimmung des § 211 II BGB kaum Bedeutung hätte. Die Beklagten war zu einer Reaktion auf die Mitteilung des Gerichts nicht verpflichtet. Mit ihrem Schweigen hat sie der Kläger keine Veranlassung zu der Annahme gegeben, sie werde sich später nicht auf Verjährung berufen. Es wäre Sache der Kläger gewesen, entweder eine materiellrechtliche Vereinbarung über ein Stillhalteabkommen herbeizuführen oder rechtzeitig das Verfahren weiter zu betreiben. Daran ändert nichts, dass die Entscheidung eines Musterprozesses abgewartet werden sollte.