Tierzuchtgesetz

Bereits Jahrzehnte vor Erlass des jetzt geltenden Tierzuchtgesetz haben die Züchtervereinigungen an die Eintragung gekörter männlicher Tiere ins Zuchtbuch höhere Anforderungen gestellt, als sie für die Körung selbst galten . Dies beruht auf dem Selektionsgedanken, dass nämlich eine Zuchtverbesserung nachhaltig nur zu erreichen ist, wenn für die Nachfolgegeneration jeweils Elterntiere zur Verfügung stehen, die in ihrer genetischen Veranlagung über der ihrer Vorfahren liegen . Im Tierzuchtrecht bestand auch schon vor dem Tierzuchtgesetz 1976 ein zweistufiges System: Die staatliche Körung als Mindestvoraussetzung für die Verwendung männlicher Tiere zur Zucht und die selektive Züchtung hochwertiger Tiere durch die Züchtervereinigungen. Dass der Gesetzgeber des Jahres 1976 an diesem System im Grundsatz festgehalten hat, geht mit hinreichender Deutlichkeit aus dem geltenden Tierzuchtgesetz hervor. Die Körung ist im zweiten Abschnitts des Tierzuchtgesetzes abschließend geregelt. Aufgrund der Ermächtigung in § 6 Tierzuchtgesetz hat der Gesetzgeber in der VO über die Körung von Hengsten vom 20. 8. 1979 die Anforderungen an den Zuchtwert eines Hengstes festgesetzt und Grundsätze für die Durchführung der Leistungsprüfungen und für die Feststellung des Zuchtwertes aufgestellt. Für die Züchtervereinigungen dagegen fehlen entsprechende Vorschriften, wie diese ihre Aufgabe zur Förderung der Tierzucht im einzelnen erfüllen sollen. Im Gesetz ist nur das staatliche Anerkennungsverfahren der Züchtervereinigungen geregelt. Daraus aber folgt die Zulässigkeit einer autonomen Regelung der Zuchtwertanforderungen durch die Züchtervereinigungen. Gem. § 8 II Tierzuchtgesetz muss der Antrag auf Anerkennung Angaben über das Zuchtprogramm enthalten, aus denen Zuchtziel, Zuchtmethode, Umfang der Zuchtpopulation sowie Art, Umfang und Auswertung der Leistungsprüfungen ersichtlich sind. Voraussetzung für die Anerkennung ist, dass das Zuchtprogramm geeignet ist, die tierische Erzeugung i. S. des § 1 Tierzuchtgesetz zu fördern. Die Züchtervereinigung ist demnach frei in der Wahl eines Zuchtprogrammes, soweit es geeignet ist, die Ziele des Tierzuchtgesetz zu fördern. Dies setzt voraus, dass sie aus eigenem Recht die Anforderungen festlegen kann, die sie - vorbehaltlich der staatlichen Anerkennung - zur sachgerechten Durchführung des selbstgewählten Programmes für notwendig hält. Dass der Gesetzgeber die Züchtervereinigungen nicht an die für die staatliche Körung geltenden Vorschriften binden wollte, ergibt sich insbesondere auch daraus, dass der Antrag auf Anerkennung Angaben über Art, Umfang und Auswertung der Leistungsprüfungen enthalten muss. Er geht somit davon aus, dass die Züchtervereinigungen andere Anforderungen an die Feststellung des Zuchtwerts stellen können und werden, als er sie für die staatliche Körung aufgestellt hat. Sonst wäre das Zuchtbuch überflüssig. Nach alldem ist der BegriffAnforderungen in § 8IV Nr. 4 lit. c Tierzuchtgesetz dahin auszulegen, dass damit diejenigen Voraussetzungen gemeint sind, die die Züchtervereinigung für die Eintragung in ihr Zuchtbuch aufstellt. Hinzu kommt noch die allgemeine Erwägung, dass es widersprüchlich wäre, von einer Züchtervereinigung zur Förderung der Tierzucht ein bestimmtes Zuchtprogramm mit einem Zuchtziel zu verlangen, und sie andererseits zu zwingen, Zuchttiere in ihrem Zuchtbuch zu führen, die nicht ihrem Programm genügen. Aus der Vorschrift, dass die zuständige anerkannte Züchtervereinigung die Körentscheidungen in das Zuchtbuch einzutragen hat, ergibt sich nichts anderes. Damit kann nicht gemeint sein, dass das Tier selbst, um dessen Körentscheidung es geht, einzutragen ist. Sonst müssten, da auch negative Körentscheidungen ins Zuchtbuch aufgenommen werden müssen, alle Tiere, die an einer Körveranstaltung teilgenommen haben, im Zuchtbuch stehen. Das aber würde seiner Zweckbestimmung, ein Register der Zuchttiere zu sein, widersprechen. Dementsprechend werden in der Praxis die Körentscheidungen im Zuchtbuch bei den Eltern oder - wie beim Beklagten - bei der Mutter eingetragen. Aus allem folgt, dass der Eigentümer eines gekörten Hengstes nur dann einen Anspruch auf Eintragung seines Pferdes in das Zuchtbuch hat, wenn dieses die von der Züchtervereinigung aufgestellten Anforderungen an den Zuchtwert der einzutragenden Tiere erfüllt.

Entgegen der Ansicht der Revision begegnet dies keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Erfordernis der Zuchtbucheintragung als Voraussetzung für die Verwendung als vollwertiges Zuchttier und um die männlichen Nachkommen überhaupt zur Körung vorstellen zu können, berührt die Freiheit der Berufswahl ebenso wenig wie die Notwendigkeit der Körung, sondern stellt eine Regelung der Berufsausübung der Züchter dar. Diese wird durch jede sachgerechte und vernünftige Erwägung des Gemeinwohls gerechtfertigt, in deren Rahmen weithin auch Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden können. Es gilt aber auch hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, nach dem die freie Gestaltung der beruflichen Tätigkeit einerseits und die Interessen der Allgemeinheit andererseits in Einklang zu bringen sind. Je empfindlicher der einzelne in seiner freien Betätigung im Beruf beeinträchtigt wird, desto stärker müssen die Interessen des Gemeinwohls sein, denen diese Regelung zu dienen bestimmt ist. Diesen Anforderungen genügt das TierzuchtG. Dieses dient der Förderung der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der tierischen und damit der landwirtschaftlichen Erzeugung. Das liegt im öffentlichen Interesse. Wie bereits dargelegt worden ist, ist die gesetzliche Regelung im Hinblick auf das erstrebte Ziel sachgerecht und zweckmäßig. Die mit ihr verbundene Beschränkung der Berufsausübung der Züchter ist nicht besonders schwerwiegend, da gekörte, aber nicht eingetragene Hengste weiterhin zur Zucht verwendet werden können und es dem Züchter freisteht, falls er sich damit nicht begnügen will, einen anderen Hengst anzuschaffen, der die Voraussetzungen für die Eintragung erfüllt. Regelungen der Berufsausübung können auch die in Art. 14 GG enthaltene Eigentumsgarantie berühren. Diese soll dem einzelnen vor allem den durch eigene Arbeit und

Leistung erworbenen Besitzstand an Vermögensgütern erhalten und auf diese Weise die allgemeine Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit ergänzen. Art. 14 GG schützt daher nur Rechtspositionen, die einem Rechtsträger bereits zustehen, insbesondere also keine Chancen und Verdienstmöglichkeiten. Durch das Erfordernis der Zuchtbucheintragung werden dem Züchter, dessen Pferd die Anforderungen nicht erfüllt, lediglich Chancen und Verdienstmöglichkeiten, nicht aber bereits vorhandene Rechtspositionen genommen. Art. 14 GG ist somit nicht verletzt. Die Revision ist der Ansicht, § 8 IV Nr. 4 lit. c TierZG bestimme, dass für aus dem Ausland importierte Hengste ein Anspruch auf Eintragung in das Zuchtbuch bestehe, wenn sie den Anforderungen irgendeiner Züchtervereinigung im Bundesgebiet entsprechen. Daher verstoße es gegen Art. 3 GG, wenn das Pferd des Klägers, das im Zuchtbuch der Züchtervereinigung in O. eingetragen sei und damit den dort gestellten Anforderungen genüge, nicht in das Zuchtbuch des Beklagten eingetragen werde. Dem kann schon im Ausgangspunkt nicht zugestimmt werden. Gem. § 8IV Nr. 4 lit. c 2. Halbs. TierZG dürfen für die Eintragung der in den Geltungsbereich des Tierzuchtgesetz verbrachten Tiere keine höheren Anforderungen gestellt werden als für die Eintragung von Tieren, die aus dem Geltungsbereich des Tierzuchtgesetz stammen. Der Zweck dieser Vorschrift erschöpft sich darin, zu verhindern, dass Tiere, die aus dem Ausland importiert werden, diskriminiert werden. Eine Bevorzugung gegenüber inländischen Tieren ist damit nicht bezweckt. Wenn die von der Revision vertretene Auslegung dieser Vorschrift richtig wäre, müsste eine Züchtervereinigung bei der die Eintragung eines importierten Hengstes beantragt wird, die Anforderungen sämtlicher Züchtervereinigungen im Bundesgebiet durchprüfen, ehe es die Eintragung ablehnen könnte. Dass dies aus dieser Vorschrift nicht herausgelesen werden kann, liegt auf der Hand.

Mit der Frage, ob das Ineinandergreifen von privatem und öffentlichem Recht bei der Körung rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht, brauchte sich der Senat nicht zu befassen; sie kann nur in einem Verfahren erheblich werden, in dem die Körung wegen Fehlens eines Abstammungsnachweises abgelehnt worden ist.

Der Beklagten ist also berechtigt, an die Eintragung eines gekörten Hengstes in sein Zuchtbuch höhere Anforderungen zu stellen, als sie für die Körung verlangt werden.

Obwohl der Hengst des Kläger den Anforderungen des Beklagten an die Eintragung ins Zuchtbuch nicht entspricht, ist die Entscheidung des Beklagten über die Nichteintragung unwirksam, weil sie keine Grundlage in der Satzung hat. Der Beklagten hat sein Zuchtprogramm, seine Zuchtziele und alles, was sonst mit der Aufgabe der Züchtung verbunden ist, in der Zuchtbuchordnung geregelt, die am 9. 5. 1980 von der satzungsgemäß zuständigen Verbands-Vertreterversammlung beschlossen worden und am 1. 11. 1980 in Kraft getreten ist. Die Satzung des Beklagten vom B. 4. 1978 enthält in ihrem Aufgabenkatalog keinen Hinweis auf das Zuchtprogramm und die Zuchtziele. Dies verstößt gegen §§ 25, 59 BGB, wonach die das Vereinsleben bestimmenden Grundentscheidungen als Verfassung des Vereins in die Satzung aufgenommen werden müssen. Bei dem Tierzuchtprogramm, den Zuchtzielen und den Voraussetzungen, unter denen ein Mitglied Anspruch auf Eintragung seiner Zuchthengste ins Zuchtbuch hat, handelt es sich um solche Grundentscheidungen, weil sie ein fundamentales Regelungswerk für den Verband darstellen. Deshalb hätten sie in der Satzung und nicht nur in einer so genannten Vereinsordnung, wie sie die Zuchtbuchordnung darstellt, verankert werden müssen. Das ist keine bloße Formalität, obwohl die Verbands-Vertreterversammlung des Beklagten für die Beschlussfassung über die Zuchtbuchordnung und über eine Satzungsänderung zuständig ist. Die Zuchtbuchordnung kann nämlich gemäß § 10 V der Satzung mit einfacher Mehrheit beschlossen und geändert werden, während für die Änderung der Satzung eine % Mehrheit notwendig ist .

Nach alledem hätte die Prüfungskommission des Beklagten mangels rechtlicher Grundlage die Eintragung des Hengstes des Kläger nicht ablehnen dürfen. Trotzdem kann der Kläger derzeit die Eintragung vom Beklagten nicht verlangen. Er würde damit eine formale Rechtsposition zum Nachteil des Beklagten ausnützen und deshalb gegen die ihm als Vereinsmitglied obliegende Treuepflicht verstoßen. Der Beklagten, der bislang davon ausgegangen ist, sein Zuchtprogramm und die erhöhten Anforderungen an die Eintragung ins Zuchtbuch gegenüber seinen Mitgliedern verbindlich geregelt zu haben, hat Anspruch darauf, Gelegenheit zur Änderung seiner Satzung innerhalb angemessener Frist zu erhalten. Aus diesem Grunde war die Klage in Abänderung des angefochtenen Urteils als zurzeit unbegründet abzuweisen.