Tilgung des Darlehens

Zu den Sorgfaltspflichten der Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem Vermieter bei der Ausübung des mit einem Darlehensvertrag verbundenen Wohnungsbesetzungsrechts.

Zum Sachverhalt: Die beklagte Bundesrepublik gewährte den Kläger gemäß Vertrag vom 11. 10. 1958 ein zinsgünstiges Darlehen von 190000 DM für ein zu errichtendes Mehrfamilienhaus. Zweck des Geschäftes war es, Wohnraum für Bundesbedienstete zu schaffen. Im Vertrag wurde vereinbart:

§ 3 Wohnungsbesetzungsrecht. Der Bauherr verpflichtet sich, jede mit dem Bundesdarlehen geforderte Wohnung bis zur vollständigen Tilgung des Darlehens, mindestens jedoch für die Dauer von 20Jahren von dem Fertigstellungstermin an nur an vom Bund als Mieter benannte Personen zu vermieten...

Der Bauherr verpflichtet sich, mit den eingewiesenen Bundesbediensteten Miet- oder Nutzungsverträge nach dem vom Bund vorgesehenen Vordruck abzuschließen.

Da das Bauvorhaben nach den Bestimmungen über den steuerbegünstigten Wohnungsbau durchgeführt wird, soll die in der Wirtschaftlichkeitsberechnung festgelegte Miete der vom Bauherrn errichteten Wohnungen nicht höher, aber auch nicht niedriger sein, als es die Aufwendungen für die Verzinsung des Kapitals sowie für Abschreibung, Betrieb, Verwaltung, Instandhaltung und Mietausfallwagnis erfordern.

Mit Bescheid vom 26. 9. 1977 wies die Standortverwaltung dem Hauptgefreiten K eine 3-Zimmerwohnung im Anwesen der Kläger zu. Das Bundesvermögensamt stellte die Wohnung in Ausübung des Wohnungsbesetzungsrechts dem K zur Verfügung und teilte dies dem Vertreter der Kläger mit Schreiben vom 30. 9. 1977 mit. K schloss mit den Kläger einen mündlichen Mietvertrag, nach dem monatlich eine Grundmiete von 313,20 DM und Nebenkostenvorauszahlungen von 89,05 DM zu leisten waren. Bei dem für K zuständigen Wehrgebührnisamt lagen im September 1977 18 Pfändungen über insgesamt 14613,87 DM und eine Gehaltsabtretung über 15600 DM vor. Der Soldat erhielt demgemäß nur noch 549,46 DM ausbezahlt. Dem Bundesvermögensamt war dies ebenso unbekannt wie der Umstand, dass K zuvor Mietschulden in Höhe von 2434,75 DM hinterlassen hatte, die aus einem Mietvertrag über eine Bundesdarlehenswohnung herrührten. K bezahlte in der Folge die Miete für die Zeit vom Oktober 1977 bis März 1978 nicht. Auf ein Mahnschreiben vom 11. 4. 1978 beglich K die bis einschließlich März 1978 aufgelaufenen Mietrückstände, blieb aber ab April wiederum die Miete schuldig. Nach fristloser Kündigung durch die Kläger räumte er zum 1. 9. 1978 die Wohnung, die erst ab 1. 3. 1979 wieder neu vermietet wurde. Die Kläger haben die beklagte Bundesrepublik Deutschland auf Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung durch Zuweisung des K in Anspruch genommen. Sie haben - neben Kosten der Rechtsverfolgung gegen K und einer weiteren Position - im wesentlichen den Ersatz der Mietrückstände für die Zeit vom 1. 4. bis 31. 8. 1978, des Mietausfalls für die Zeit vom 1. 9. 1978 bis 28. 2. 1979 und der Renovierungskosten für die von K übermäßig abgenutzte Wohnung begehrt.

Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Die Berufung der Beklagte hatte nur teilweise, ihre Revision keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Das Berufungsgericht bejaht eine Schadensersatzpflicht der Beklagte aus positiver Vertragsverletzung. Dazu führt das Berufungsgericht im wesentlichen aus: Wer der Bundesrepublik ein Wohnungsbelegungsrecht einräume und sich damit des Rechts begebe, nach eigener Wahl Mietverträge abzuschließen, dürfe darauf vertrauen, dass das Wohnungsbesetzungsrecht nicht blindlings ohne Ansehen des jeweiligen Bewerbers ausgeübt werde. Welche Maßnahmen von der Beklagte im einzelnen zu treffen gewesen seien, könne offen bleiben. Jedenfalls habe gewährleistet sein müssen, dass nicht Bundesbedienstete zugewiesen würden, von denen wegen ihrer zerrütteten Vermögensverhältnisse mit hoher Wahrscheinlichkeit habe erwartet werden müssen, dass sie ihren Verpflichtungen aus dem Mietvertrag nicht würden nachkommen können. Die Dienststelle der Beklagte, die das Wohnungsbelegungsrecht ausübe, kenne indes die persönlichen Verhältnisse und die Vermögensverhältnisse der Bewerber nicht. Es fehle an einer Absprache der beteiligten Stellen, wie hier vorzugehen sei. Darin liege ein Organisationsmangel, der im Streitfall dazu geführt habe, dass die aus dem Vertrag abzuleitende Schutzpflicht des Bundes verletzt worden sei, ohne besonderen Hinweis keinen in völlig zerrütteten wirtschaftlichen Verhältnissen befindlichen Bundesbediensteten einzuweisen.

Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

Zutreffend ist zunächst der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass sich Abschluss und Durchführung des streitigen Darlehensvertrages nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts richten. Nach diesen Vorschriften ist daher auch zu prüfen, ob einer Vertragspartei - hier der Bundesrepublik als Inhaberin des Wohnungsbelegungsrechts - Schutzpflichten gegenüber ihrem Vertragspartner obliegen, deren Verletzung Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung auslösen kann. Diese Frage ist mit dem Berufungsgericht zu bejahen. Nach den Regeln des allgemeinen Schuldrechts hat jede Partei ihre Rechte schonend auszuüben. Sie hat sich bei der Abwicklung des Schuldverhältnisses so zu verhalten, dass Person, Eigentum und sonstige Rechtsgüter - auch das Vermögen - des anderen Teils nicht verletzt werden. Das Bedürfnis nach derartigen Schutzpflichten besteht bei einem Dauerschuldverhältnis wie dem streitigen Darlehensvertrag vor allem dann, wenn die Beteiligten in). Rahmen des Vertrages dem anderen Teil eine gesteigerte Einwirkung auf ihre Belange gestatten und daher in einem höheren Maße als sonst auf Wahrung und Schutz ihrer Rechtsgüter durch den anderen Teil vertrauen bzw. zu vertrauen gezwungen sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Die Kläger haben sich im Darlehensvertrag für eine bestimmte Zeit des Rechts begeben, ihre Wohnungen an Mieter ihrer Wahl zu vermieten. Sie sind nach dem Darlehensvertrag gehalten, Mietverträge nur mit den von der Beklagte zugewiesenen Mietern abzuschließen. Einfluss auf die Auswahl der Mieter haben sie grundsätzlich nicht. Ein Recht der Darlehensnehmer, den Abschluss eines Mietvertrages mit einem von der Beklagte benannten Mietbewerber abzulehnen, ist jedenfalls dem Wortlaut des Darlehensvertrages nicht zu entnehmen. Bei der Verletzung ihres Wohnungsbelegungsrechts kann die Beklagte die Darlehensnehmer auf Schadensersatz in Anspruch nehmen; die Rechtsprechung bejaht derartige Ansprüche in ständiger Praxis.

Andererseits war es den Kläger verwehrt, über die wirtschaftlichen Verhältnisse eines ihnen zugewiesenen Soldaten bei der Bundeswehr Auskünfte einzuholen. Nach dem Erlass des Bundesministers für Verteidigung über Auskünfte an Gläubiger von Bundeswehrangehörigen dürfen Privatpersonen keine Auskünfte über Bundeswehrangehörige erteilt werden, Gläubigern auch nicht über die Höhe der Bezüge und das Vorliegen von Gehaltspfändungen oder -abtretungen. Unter diesen Umständen erwuchs der Beklagte aus dem mit dem Darlehensvertrag verbundenen Wohnungsbesetzungsrecht hier die Nebenpflicht, keinem Soldaten eine Wohnung zuzuweisen, deren Mietzins er voraussichtlich nicht würde tragen können.