Trinkwasser
Zur Frage der Haftung kommunaler Wasserversorgungsverbände wegen der Lieferung übermäßig gechlorten Trinkwassers aus öffentlichen Wasserleitungen.
Zum Sachverhalt: Der Kläger ist Inhaber eines Gartenbaubetriebes. Er bezieht das für die Bewässerung seiner Kulturen notwendige Wasser vom Beklagten zu 1 einem Wasserzweckverband. Der Beklagten zu1 stellt auf der Grundlage einer Satzung die Versorgungsanlagen als öffentliche Einrichtung bereit. Es besteht Anschluss- und Benutzungszwang. Der Beklagten zu 1 bezieht das benötigte Wasser vom Beklagten zu 2. ebenfalls einem Wasserzweckverband, in deren Satzung es heißt:
Der Wasserzweckverband beliefert die verbandsangehörigen Gemeinden mit Wasser, das durch die den Gemeinden gehörenden Wasserleitungen bis zu den Hochbehältern gepumpt wird...
Die Gemeinde, in der der klägerische Betrieb liegt, gehört dem Beklagten zu 2 an. Sie hat ihre gesamte Wasserversorgung dem Beklagten zu 1 übertragen.
Der Kläger nimmt beide Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch, weil am 21. 9. 1971 bei ihm Pflanzen im Werte der Klageforderung dadurch verdichtet worden seien, dass das zur Berieselung der Kulturen verwendete Wasser einen übermäßigen Chlorgehalt aufgewiesen habe. Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auch die Revision der Beklagten ist erfolglos.
Aus den Gründen: Das Berufsgericht hat ausgeführt, nach dem Ergebnis der im ersten Rechtszuge durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, dass das dem Kläger am 21.9. 1971 gelieferte Wasser übermäßig mit Chlor angereichert gewesen sei. Dies habe zur Vernichtung der bewässerten Kulturen geführt. Für den Schaden müssten die Beklagten einstehen.
Die Erwägungen der Vorinstanz insbesondere zur Beweiswürdigung halten einer Nachprüfung stand.
Der Beklagten zu 1 war aufgrund der Satzung verpflichtet, Wasser in Trinkwasserqualität nach DIN 2000 und 2001 zu liefern. Auch soweit Gemeinden und Kommunalverbände die Wasserversorgung kraft autonomer Satzung als öffentliche Einrichtung mit Anschluss- und Benutzungszwang betreiben; gelten für die aus diesen Rechtsverhältnissen hergeleiteten Ansprüche die zumindest entsprechend anzuwendenden Vorschriften des Kaufrechts. Da Trinkwasserqualität nicht im Sinne einer zugesicherten Eigenschaft geschuldet wird, kann der Kläger einen Schadensersatzanspruch nun aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung herleiten, der Verschulden des Beklagten zu 1 voraussetzt. Derartige Ansprüche werden durch die Regelung der Gewährleistungspflicht nicht ausgeschlossen.
Soweit das Berufsgericht gemeint hat, der Beklagten zu 2 müsste als Erfüllungsgehilfe des Beklagten zu 1 mit der Haftungsfolge des § 278 BGB. angesehen werden, begegnet das Bedenken. Der Bau der Steigleitung und ihre Desinfektion ist nicht vom Beklagten zu 1, sondern vom Beklagten zu 2 in Auftrag gegeben worden. Die Leitung gehörte, abgesehen davon, dass sie bei Schadenentstehung noch außer Betrieb war, nicht zum Versorgungsnetz des Beklagten zu 1. Der Umstand, dass der Beklagten zu 1 vom Beklagten zu 2 das Wasser bezieht, welches er seinen Abnehmern liefert, macht den Beklagten zu 2 nicht zum Erfüllungsgehilfen des Erstbeklagte Einer abschließenden Entscheidung dieser Frage bedarf es indessen nicht, weil das Berufsgericht den Standpunkt eingenommen hat, der Beklagten zu 1 habe eine ihm selbst obliegende Überwachungspflicht bei der Entnahme von Frischwasser aus einer Leitung seines Versorgungsnetzes verletzt.
Die Pflicht zur Überwachung der Frischwasserentnahme hat das Berufsgericht mit zutreffenden Erwägungen aus der Gefährlichkeit dieser Maßnahme für die Trinkwasserversorgung hergeleitet. Dagegen hat die Revision nichts Erhebliches vorzubringen vermocht. Eine fahrlässige Pflichtverletzung hat die Vorinstanz dem Beklagten zu 1 anlasten dürfen. Für ihn war vorhersehbar, dass eine nicht überwachte Frischwasserentnahme zum Zwecke des Auflösen von Chloramin Schaden verursachen könnte. Er wusste, dass für die Dauer der Entnahme eine unmittelbare Verbindung zwischen Frischwasserleitung und Steigleitung bestand, über die bei nicht rechtzeitigem oder nicht exaktem Schließen des Trennschiebers überchlortes Wasser in das Versorgungsnetz gelangen konnte. Entgegen der Ansicht der Beklagten setzt die Bejahung fahrlässigen Verhaltens nicht voraus, dass der Beklagten zu 1 die Schadensentstehung in ihren Einzelheiten vorhersehen konnte. Das;Ber- Ger. hat ferner darin recht, dass dem Erstbeklagte die Überwachung der Entnahme zumutbar war. Es hätte genügt, den Wasserwerksmeister damit zu beauftragen.
Das Berufsgericht hat den Standpunkt eingenommen, der Ersatzanspruch des Kläger sei nicht aufgrund der Satzung des Beklagten zu 1 ausgeschlossen. Bei gebotener enger Auslegung der Freizeichnungsklausel sei ihr erkennbarer Sinn, den Wasserlieferanten bei typischen im Bereich der Wasserversorgung häufiger auftretenden Störungen nicht unübersehbaren Schadensersatzansprüchen auszusetzen: Um eine solche Störung habe es sich im vorliegenden Fall jedoch nicht gehandelt. Dem Beklagten zu 1 sei vielmehr eine Pflichtverletzung... innerhalb seines Betriebes, welche nicht zu den typischen Störungen im Rahmen einer Wasserversorgung gerechnet werden könne, anzulasten.
Diese Auffassung der Vorinstanz bekämpfen die Beklagten im Ergebnis ohne Erfolg.
Das Berufsgericht hat darin Recht, dass Freizeichnungsklauseln im all- gemeinen eng auszulegen sind. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH, des erk. Senats und gilt auch für Ausnahmevorschriften in autonomen Satzungen. Von diesem Grundsatz, an dem der erkennende Senat festhält, macht auch die Entscheidung zum Haftungsausschluss bei Stromunterbrechung keine Ausnahme. Abgesehen davon, dass es in jenem Falle um eine Freizeichnungsklausel im Range einer Rechtsverordnung ging, ist Nr. II 5 AVB so weit gefasst, dass der Haftungsausschluss - im Rahmen des gesetzlich Zulässigen - in jedem Falle einer Stromunterbrechung Platz greift. Dagegen wird schon nach dem Wortlaut der Satzung des Beklagten zu 1 nicht jeder Ersatzanspruch aufgrund von Beschaffenheitsmängeln des Wassers ausgeschlossen. Der Haftungsausschluss gilt viel- mehr nur dann, wenn Änderungen in der Beschaffenheit infolge von Störungen im Betrieb, bei Vornahme betriebsnotwendiger Arbeiten, Wassermangels oder aufgrund behördlicher- Verfügungen eintreten. Bei diesen Ursachen handelt es sich um Gefahrenquellen, die sich beim Betrieb eines Wasserwerks nicht ausschließen lassen und immer wieder auftreten können, also um typische Risiken der Wasserversorgung. Sie können zu unübersehbaren Schäden führen. Deshalb hat der Wasserlieferant insofern ein schutzwürdiges Interesse an der Freizeichnung.
Keine dieser vier Ursachen hat im vorliegenden Falle zur Änderung der Beschaffenheit des Wassers geführt. Für Wassermangel und behördliche Verfügungen liegt das auf der Hand. Aber auch Störungen im Betrieb des Bekl, zu 1 haben nicht vorgelegen. Schließlich ist der vom BerGer festgestellte übermäßige Chlorgehalt des Wassers auch nicht die Folge der Vornahme betriebsnotwendiger Arbeiten an den Versorgungsanlagen des Beklagten zu 1 gewesen. Bei der Steigleitung von der Bohrstelle zum Hochbehälter handelte es sich um ein Bauwerk zur Erweiterung der Wasserversorgungseinrichtungen. Es begegnet bereits rechtlichen Bedenken, Arbeiten an derartigen Projekten, die erst in Zukunft an das vorhandene Netz funktional einbezogen werden sollen, als betriebsnotwendig i. S. der Freizeichnungsklausel zu werten. Da es Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist, die Gewährleistungsansprüche wegen Qualitätsmängeln gelieferten. Wassers auszuschließen, müssen die vier in der Satzung des Beklagten zu 1 genannten Ursachen einer Beschaffenheitsänderung Bezug auf diejenigen Einrichtungen haben, die bereits der Wasserversorgung dienen. Als betriebsnotwendig können deshalb nur solche Arbeiten gelten, die an den in Betrieb befindlichen Versorgungsanlagen ausgeführt werden müssen. Entscheidend kommt ferner hinzu, dass die Steigleitung nicht zu den Versorgungsanlagen des Beklagten zu 1 gehörte. Sie ist im Auftrage des Beklagten zu 2 gebaut worden, denn es ist dessen Aufgabe, das von den Verbandsgemeinden benötigte Trinkwasser zu fördern und bis zu den Hochbehältern zu pumpen. Aus der Satzung des Beklagten zu 2, in welchem bestimmt ist, dass das für Neuanlagen benötigte zusätzliche Eigenkapital von den Verbandsgemeinden aufzubringen ist, geht hervor, dass der Beklagten zu 2 sich im Bedarfsfalle solche Anlagen schaffen kann. War aber Bau und Desinfektion der Steigleitung Aufgabe des Beklagten zu 2 und nicht des Beklagten zu 1, so stellt sich die Frage der Betriebsnotwendigkeit dieser Arbeiten im Verhältnis des Klägers zum Beklagten zu 1. überhaupt nicht. Zum Zweitbekl., dessen Satzung keine Freizeichnungsklausel enthält, bestehen satzungsrechtliche Beziehungen des Kläger nicht.
Auf einen Haftungsausschluss kann sich der Beklagten zu 1 mithin nicht mit Erfolg berufen.
Das Berufsgericht hat schließlich ausgeführt, der Beklagten zu 2 schulde dem Kläger mangels vertraglicher oder vertragsähnlicher Beziehungen - Schadensersatz aus unerlaubter Handlung Eine unerlaubte Handlung sei ihm wegen unterlassener Überwachung der Frischwasserentnahme anzulasten. Eine konkrete Rechtspflicht zum Handeln habe für ihn aus denselben Gründen wie für den Beklagten zu 1 bestanden. Ihn treffe gleichfalls der Vorwurf fahrlässigen Verhaltens. Auch in diesem Punkte hält das angefochtene Urteil einer Nachprüfung stand. Gesonderte Revisionsangriffe gegen die Bejahung der Ersatzpflicht des Beklagten zu 2 sind nicht vorgetragen worden, so dass auf die vorstehenden. Ausführungen Bezug genommen werden kann.