Tubenkoagulation

Beweispflichtig ist insoweit der Kläger Hier greifen die besonderen Grundsätze, die nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats im Falle der Aufklärung des Patienten über die Risiken eines Eingriffs deshalb gelten, weil die Entscheidungsfreiheit des jeweiligen Patienten keinesfalls überspielt werden darf, nicht ein. Die Beweislast kann insoweit auch nicht nach den in einer Entscheidung des VII. Senats des BGH ausgesprochenen Grundsätzen der Beklagten auferlegt werden; denn in dem jetzt zur Entscheidung stehenden Fall schuldete die Beklagten nicht etwa den auf bestimmte Verhaltensweise des Adressaten ausgerichteten Rat, über den sich dieser nur unvernünftigerweise hinweg setzen konnte.

Gleichwohl genügt derzeit die Begründung nicht, mit der das Berufsgericht die Feststellung ablehnt, eine ordnungsgemäße Beratung würde am Entschluss der Frau D nichts geändert haben. Das gilt schon hinsichtlich der Wahl der Sterilisationsmethode, denn auch insoweit hätten außer der von Frau D abgelehnten Entfernung der Gebärmutter noch andere, bisher nicht erörterte Verfahren zur Verfügung gestanden. Indessen wird das Berufsgericht insoweit bei der erneuten Prüfung auch in Betracht ziehen müssen, dass der Kläger selbst vorgetragen hatte, man würde sonst eben wieder die Pille benutzt haben, eine Verhütungsmethode aber, die bei Frau D auch früher mehrfach versagt zu haben scheint. Sodann wird zu prüfen sein, ob die Eheleute in Kenntnis einer gewissen Versagerquote nicht etwa trotz Tubenkoagulation noch zusätzliche Verhütungsmaßnahmen getroffen haben würden, was gegebenenfalls den Sicherheitsgrad potenzieren konnte. In diesem Zusammenhang mag es einerseits eine Rolle spielen, inwieweit Eheleute in dieser Lage sich allgemein auf die immerhin weitgehende Sicherheit der Tubenkoagulation zu verlassen pflegen bzw. pflegten. Andererseits könnte es aber auch von Bedeutung sein, wenn der Kläger und seine frühere Frau, die im Scheidungsrechtsstreit hinsichtlich des letzten ehelichen Verkehrs offensichtlich unzutreffende Angaben gemacht haben, im Zeitpunkt der Zeugung des zweiten, unerwünschten Kindes etwa schon zur Trennung entschlossen waren, was durchaus einen Anlass zu doppelter Vorsicht hätte bilden können.

Auf das Vorstehende käme es nicht an, wenn sich der Klageanspruch auch für den Fall eines schuldhaften Beratungs- bzw. Behandlungsfehlers als in vollem Umfange unbegründet erweisen würde, weil dem Kläger ein der Beklagten zurechenbarer Schaden nicht entstanden ist. Auch das kann aber jedenfalls derzeit nicht festgestellt werden.

Wie eingangs bemerkt, wird in der neuesten Rechtsprechung des BGH ein Schadensersatzanspruch wegen des durch ein trotz Sterilisation empfangenes Kind verursachten Unterhaltsaufwandes grundsätzlich für möglich gehalten. Voraussetzung des Anspruchs ist es aber, dass durch den Fehler des Arztes tatsächlich eine Familienplanung gestört worden ist. Das ist im vorliegenden Fall jedenfalls deshalb nicht selbstverständlich, weil hier die Sterilisation offenbar nicht primär von Frau D gewünscht, sondern ihr in ihrem Gesundheitsinteresse von den Ärzten angeraten worden war. Ein Gesundheitsrisiko hat sich indessen im Zuge der auf ausdrücklichen Wunsch der Mutter ausgetragenen Schwangerschaft nicht verwirklicht, ist jedenfalls nicht Grundlage des Klageanspruchs. Das schließt aber nicht aus, dass die Ehegatten die vermeintlich erfolgreiche Sterilisation in der Form in ihre Familienplanung eingebaut hatten, dass sie um ihretwillen auf eine andere Methode der Empfängnisverhütung verzichteten, die sie sonst angewandt haben würden. Aber auch dafür ist der Kläger beweispflichtig, wobei der Tatrichter indessen nicht kleinlich verfahren soll. Im vorliegenden Falle werden, wenn die weiteren tatsächlichen Aufklärungen zugunsten des Klägers ausfallen sollten, diesbezügliche Feststelllungen nachzuholen sein.

Der Kläger begeht mit seinem Zahlungsanspruch nur zum kleineren Teil den ihm unmittelbar zur Last fallenden Unterhaltsaufwand für das unerwünschte Kind. Im übrigen stützt sich sein Anspruch auf die Behauptung, dass er wegen der unerwarteten Geburt dieses zweiten Kindes seiner früheren Ehefrau Unterhalt bezahlen müsse, während sie ursprünglich bereit gewesen sei, wieder arbeiten zu gehen und deshalb auf seine Unterhaltsleistungen zu verzichten.

Insoweit ist nun allerdings schon in tatsächlicher Hinsicht streitig, ob der Kläger diese Unterhaltslast nicht vermeiden konnte. Doch kommt es darauf nicht an. Der Senat hat in seinen oben erwähnten Grundsatzurteilen vom 18.4. 1980 bereits ausgeführt, dass die Verantwortlichkeit des Arztes für eine der Familienplanung widersprechende Geburt keine unbegrenzte Haftung für alle dadurch ausgelösten familienrechtlichen Verpflichtungen herbeiführen kann, es vielmehr eine Abgrenzung gegenüber dem Bereich bedarf, in dem das Familienrecht als eigenständiger Rechtsgrund für Unterhaltspflichten in den Vordergrund tritt. Demnach, wie in jenen Urteilen näher ausgeführt, kann schon der dem planwidrig geborenen Kind geschuldete Unterhalt nicht immer in vollem Umfang als Schaden demjenigen überbürdet werden, der durch eine Vertragsverletzung die Familienplanung gestört hat. Das muss erst recht gelten für Unterhaltspflichten, die - wie hier diejenige des Kläger für seine geschiedene Ehefrau - nur mittelbar durch die ungewollte Geburt eines Kindes ausgelöst sein sollen, weil es dadurch, wie der Kläger behauptet, bei seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht aus §§ 58ff. EheG mangels Verzicht seiner Frau geblieben ist. Hier ist nach den seinerzeit vom Senat aufgestellten Grundsätzen ersichtlich die Grenze überschritten, jenseits derer die eigenständige familienrechtliche Ordnung überwiegt und die Überbürdung der durch sie begründeten Pflichten auf schadensersatzpflichtige Dritte ausschließt.

Indessen sieht sich der Senat derzeit nicht in der Lage, die Klage wenigstens insoweit abzuweisen, als der Kläger sie auf seine Belastung durch Unterhaltszahlungen seiner früheren Ehefrau gegenüber gestützt hat. Wie der Senat in den oben genannten Urteilen ausgesprochen hat, steht ein Ersatzanspruch wegen der Unterhaltsbelastung durch ein ungewolltes Kind im Zweifel beiden Ehegatten zu gleichen Teilen zu, wobei der vom Kläger wegen seiner Zahlungen für das Kind geforderte Betrag dann, falls der Anspruch überhaupt gerechtfertigt wäre, jedenfalls nicht mehr als die Hälfte des beiden Ehegatten zusammen Zustehenden ausmachen dürfte. Da nun die Mutter des Kindes eigene Ansprüche gegen die Beklagten nicht erhoben hat, andererseits den Anspruch des Klägers für berechtigt zu halten scheint, liegt es nicht ganz fern, dass sie ihren eigenen Anspruch mit Rücksicht auf den ihr gewährten Unterhalt dem Kläger abgetreten hat, jedenfalls aber mit seiner Geltendmachung durch ihn einverstanden ist. Da diese Deutungsmöglichkeiten des Klagebegehrens erst durch die in den erwähnten Senatsurteilen vom 18. 3. 1980 entwickelten Grundsätze hervorgetreten sind, muss dem Berufsgericht Gelegenheit gegeben werden, insoweit im Rahmen der anderweitigen Verhandlung klärende Fragen zu stellen.