Überlassung der Mietsache

Weigert sich der Vermieter trotz Aufforderung des Mieters schon vor Überlassung der Mietsache, die Anbringung einer Anlage zu unterbinden, deren Errichtung er einem Dritten vertraglich gestattet hat und die den Mietgebrauch beeinträchtigen würde, so kann der Mieter Rechte aus positiver Vertragsverletzung geltend machen.

Zum Sachverhalt: Die Kläger vermietete dem Beklagten ein Penthaus auf einem damals noch im Bau befindlichen Hochhaus. Der Beklagte wollte das Penthaus als Wohnung und als Fotoatelier nutzen. Die Parteien vereinbarten eine Mietzeit von 10 Jahren ab Übergabe der Mietsache. Nach dem Vertrag war die Kläger berechtigt, den Vertrag vor Ablauf der Mietzeit fristlos zu kündigen, falls der Beklagte mit zwei aufeinanderfolgenden Mietzinsraten ganz oder teilweise in Verzug geriet, sowie die Erstattung des Schadens zu verlangen, der durch Leerstehen der Räume oder dadurch entsteht, dass das Penthaus billiger vermietet werden muss. Der Beklagte zog nach Bezugsfertigkeit nicht ein. Mietzins zahlte er nicht. Die Kläger kündigte den Mietvertrag wegen Zahlungsverzuges fristlos unter Vorbehalt von Schadensersatzansprüchen. Sie vermietete das Penthaus später anderweitig. Der neue Mieter des Penthauses entrichtet einen geringeren Mietzins. Nunmehr verlangt die Kläger die Erstattung ihres Mietzinsausfalls für das Penthaus. Der Beklagte begehrt widerlegend die Verurteilung der Klägerzur Zahlung von Schadensersatz wegen Entgangs von Einnahmen für Werbeaufnahmen. Die Kläger rechtfertigt ihren Schadensersatzanspruch aus dem Mietvertrag. Der Beklagte macht geltend, er sei mit der Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses nicht in Verzug geraten und berechtigt, den von ihm geltend gemachten Schadensersatz zu verlangen, weil die Mietsache bereits bei Bezugsfertigkeit mit einem Fehler behaftet gewesen und auch jetzt noch mangelhaft sei. Einen Fehler der Mietsache sieht er darin, dass - was unstreitig ist - die Kläger noch vor Bezugsfertigkeit der Mietsache die Dachfläche, die um das Penthaus herum verläuft, zur Anbringung einer 25 m breiten und 3,20 m hohen Leuchtreklame an den Längsseiten des Penthauses vor dessen Fenstern und an den Schmalseiten des Penthauses an eine Firma vermietet hat.

Das Landgericht hat unter Abweisung der Widerklage der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat durch Teil- und Grundurteil den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Berufung des Beklagten zurück- gewiesen, soweit das Landgericht die Widerklage abgewiesen hatte. Die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: 1. a) Das Berufungsgericht meint, der Beklagte sei der Kläger nach dem Mietvertrag zum Ersatz des Mietzinsausfalles verpflichtet, weil die wegen Zahlungsverzuges des Beklagten erklärte Kündigung des Mietvertrages gerechtfertigt gewesen sei. Der Beklagte sei zur Verweigerung der Mietzinszahlung nicht befugt gewesen. In dem Bestehen des Mietvertrages mit der Firma und der Planung für die Errichtung einer Leuchtreklame könne ein Mangel der Mietsache nicht gesehen werden. Da der Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, die Übernahme der Mietsache abzulehnen, sei der mit der Widerklage geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht begründet. Diese Ausführungen halten den An- griffen der Revision nicht stand

b) Die Frage, ob die Mietsache wegen der Gefahr der Anbringung einer Leuchtreklame mit einem Fehler i. S. des § 537 BGB behaftet war, brauchte der Senat nicht zu entscheiden. Die Anwendung der Vorschriften über die Sachmängelhaftung im Mietrecht setzt nämlich die Übergabe der Mietsache voraus (vgl. Senat, Urteil vom 7. 4. 1976 - VIII ZR 233/74; RGRK, 12. Aufl., § 537 Rdnr. 2, § 542 Rdnr. 16; Palandt-Putzo, BGB, 36. Aufl., § 537 Anm. 1 c aa, § 538 Anm. 1 c aa; a. A. Hassold, NJW 1974, 1743). Der Beklagte hat das Penthaus aber nicht bezogen.

c) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte sei mit der Zahlung des Mietzinses in Verzug geraten.

aa) Das Berufungsgericht hat festgestellt, die Kläger habe die um das Penthaus herum verlaufende Dachfläche an die Firma bereits bei Bezugsfertigkeit des Penthauses vermietet gehabt und die Firma habe damals die Anbringung einer Leuchtreklame an den Längsseiten des Penthauses geplant und hierfür die Genehmigung der Bauaufsichtsbehörde erbeten. Es nimmt an, der Beklagte wäre im Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt worden, wenn die geplante Leuchtreklame errichtet worden wäre.

bb) Mit Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht habe das Vorbringen des Beklagten nicht beachtet, dass dieser mehrfach darauf bestanden habe, die Errichtung der vorgesehenen Leuchtreklame zu unterlassen, und dass die Kläger auf der Anbringung der geplanten Leuchtreklame beharrt habe. Dieses Vorbringen ist für das Revisionsverfahren als richtig zu unterstellen.

cc) Mit den genannten Feststellungen und dem genannten Vorbringen des Beklagten ist die Annahme, der Beklagte sei in Zahlungsverzug geraten, nicht zu vereinbaren. Bestand die Kläger nämlich auf der Errichtung der Leuchtreklame, so weigerte sie sich, dem Beklagten die vermietete Sache in einem zu dem vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und zu erhalten (§ 536 BGB); denn ein Penthaus, das wie hier als Wohnung und Fotoatelier dienen soll, wird durch eine vor den Fenstern angebrachte 25 m breite und 3,20 m hohe Leuchtreklame zumindest infolge der Lichteinwirkung der Anlage erheblich beeinträchtigt. Dass die Weigerung, einen Mietvertrag so zu erfüllen wie er geschlossen ist, einer Verweigerung der Erfüllung schlechthin gleichsteht, hat der erkennende Senat bereits früher ausgesprochen (WM 1968, 1202 [1203]). Die Kläger beging, falls sie auf der Errichtung einer solchen Leuchtreklame beharrte, daher eine positive Vertragsverletzung, welche sie zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtete. Dann entfiel die Pflicht des Beklagten zur Entrichtung der Gegenleistung (Mietzinszahlung), und der Beklagte ist - jedenfalls grundsätzlich - berechtigt, die Erstattung eines auf der Vertragsverletzung beruhenden Verdienstentganges zu verlangen (vgl. Palandt-Heinrichs, § 276 Anm. 7c bb, § 325 Anm. 3a aa, b, je m. Nachw.). Die Annahme einer positiven Vertragsverletzung wird auch für den Fall nicht ausgeschlossen, dass die nach § 82 1 der, Bauordnung für das Land Nordrhein- Westfalen i. d. F. der Bekanntmachung vom 27. 1. 1970 (NRWGV S. 96) genehmigungspflichtige Leuchtreklame von der Bauaufsichtsbehörde möglicherweise nicht genehmigt werden durfte. Auch dann stellte nämlich die beharrliche Weigerung der Kläger, den Vertrag zu erfüllen, einen schweren Verstoß gegen die ihr obliegende Pflicht zur Gewährung ungestörten Mietgebrauchs dar.

2. Das Urteil des Berufungsgerichts musste nach allem aufgehoben werden. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat nicht möglich, weil der Sachverhalt unter dem vorstehend erörterten Gesichtspunkt noch nicht geklärt ist. Die Sache musste deshalb zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden ...

Das Berufungsgericht wird die Erwägungen zu 1 c cc zu berücksichtigen haben. Erneut wird es beachten müssen, dass der Beklagte nach § 254 II 1 BGB zur Minderung des Schadens verpflichtet und deshalb gehalten war, die Kläger darauf aufmerksam zu machen, dass ihm ein Gewinnentgang drohte, wenn er die nach seinem Vorbringen vorgesehenen Werbeaufnahmen nicht machen konnte. Die Frage, wie weit ein Verhalten des Beklagten von Einfluss auf Entstehen und Höhe des Schadens war, wird das Berufungsgericht unter Anwendung des § 287 ZPO zu entscheiden haben (vgl. Senat, NJW 1968, 985 = WM 1968, 476).