Übermittlung

Die Unterbrechung der Verjährung tritt bereits mit dem Einreichen des Antrags auf Festsetzung der Vergütung nach § 19 VI BRAGebO und unabhängig von einer demnächstigen Übermittlung des Antrags an den Antragsgegner ein.

Zum Sachverhalt: Der Kläger macht Rechtsanwaltsgebühren aus seiner Tätigkeit als Korrespondenzanwalt in dem Rechtsstreit 2 0 323/73 geltend. Nach Abschluss der ersten Instanz kündigte die Beklagten den Anwaltsvertrag mit Schreiben vom 12. 4. 1975. Der Kläger berechnet der Beklagten mit Schreiben vom 2. 5. 1975 - dessen Zugang die Beklagten bestreitet - für seine Tätigkeit insgesamt 5058,73 DM. Zugleich teilte er der Beklagten mit, der gezahlte Kostenvorschuss sei in der Sache 4 0 86/73 verbraucht, in der der Kläger die Beklagten ebenfalls als Korrespondenzanwalt vertreten hatte. Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 15. 12. 1976 beim LG, seine Kosten gemäß § 19 BRAGO festzusetzen. Der Rechtspfleger des Landgerichts teilte dem Kläger unter dem 20. 12. 1976 mit, er werde - das Einverständnis des Klägers vorausgesetzt - hierüber nach Abschluss der Revisionsinstanz entscheiden. Der Kläger widersprach nicht. Nach Beendigung des Revisionsrechtszuges fragte der Rechtspfleger mit Schreiben vom 22. 11. 1977 bei dem Kläger an, ob über seinen Kostenfestsetzungsantrag noch entschieden werden solle. Als der Kläger dies mit Schreiben vom 7. 3. 1978 bejahte, leitete der Rechtspfleger nunmehr den Antrag vom 15. 12. 1976 an die Beklagten weiter. Durch Beschluss vom 28. 3. 1978 setzte der Rechtspfleger die Kosten antragsgemäß fest, hob ihn jedoch auf die Erinnerung der Beklagten auf, weil sie Einwendungen erhoben habe, welche nicht im Gebührenrecht ihren Grund hätten. Mit der vorliegenden - am 10. 6. 1978 zugestellten - Klage macht der Kläger seine Gebühren geltend.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Die - zugelassene - Revision der Beklagten blieb ohne Erfolg.

Aus den Gründen: I. Wie das Berufsgericht zutreffend dargelegt hat, sind besondere Umstände, die die Klageforderung als verwirkt erscheinen lassen, nicht ersichtlich.

Desgleichen ist dem Berufsgericht in der Auffassung zuzustimmen, dass die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung nicht durchgreift. Die Vergütung des Klägers wurde nach § 16 BRAGO fällig, als die Beklagten das ihm erteilte Mandat mit Schreiben vom 12. 4. 1975 kündigte und sich der Auftrag damit erledigte. Dass der Kläger in der Kostennote vom 2. 5. 1975 entgegen § 18II BRAGO den Gegenstandswert und die für die Berechnung seiner Gebühren maßgebliche Vorschrift nicht angegeben hat, steht der Einforderung der Gebühren nicht entgegen. Das Berufsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der später gestellte, aber noch vor Erhebung der Klage im März 1978 der Beklagten zugegangene Kostenfestsetzungsantrag den Erfordernissen des § 18 I, II BRAGO genügte. Trotz der anfänglich unvollständigen Unterrichtung der Beklagten von der Berechnung der Vergütung begann die zwei Jahre betragende Verjährungsfrist nach § 18 I2 BRAGO, §§ 196 Nr. 15, 201 BGB mit dem Ende des Jahres 1975 zu laufen. Der am 16. 12. 1976 bei Gericht eingegangene Antrag des Klägers auf Festsetzung seiner Kosten hat die bis zum 31. 12. 1977 laufende Verjährungsfrist unterbrochen. Denn auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Antrages durch die Beklagten kommt es nicht an.

Die Revision vertritt dagegen die Meinung, die Untersuchungswirkung trete nur ein, wenn - wie im Klage- oder Mahnverfahren - der Antrag noch demnächst i. S. des § 270 111 ZPO dem Antragsgegner zugestellt oder übersandt werde. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.

Der Wortlaut des § 19 VI BRAGO spricht gegen das zusätzliche Erfordernis einer demnächst erfolgten Übermittlung des Antrages an den Ag. Nach dieser Vorschrift wird die Verjährung durch den Antrag auf Festsetzung der Vergütung wie durch Klageerhebung unterbrochen. Danach wird bereits der - wie hinzuzufügen ist, wirksame - Antrag, also die bloße Stellung des Antrags bei Gericht, der Klageerhebung in der Wirkung gleichgesetzt. Die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung zeigt somit - wenn auch nicht zwingend - an, dass die Worte wie durch Klageerhebung lediglich die gleiche Rechtsfolge angeben, nicht aber eine weitere Voraussetzung für den Eintritt der Rechtsfolge aufstellen. Diese Fassung des § 19 VI BRAGO entspricht im Übrigen sinngemäß dem Einleitungssatz des § 209 II BGB, wonach die im folgenden aufgezählten Unterbrechungsgründe der Erhebung der Klage gleichstehen. Die Gesetzesmaterialien sprechen ebenfalls nicht gegen die hier vertretene Ansicht. In der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften heißt es zu dem jetzigen § 19 VI BRAGO, zur Klarstellung werde bestimmt, dass durch den Antrag auf Festsetzung die Verjährung ebenso unterbrochen werde wie durch Erhebung einer Klage. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Vorschriften über die Verjährung eine formale Regelung enthalten, die im Interesse der Rechtssicherheit aufgestellt worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH muss sich die Auslegung dieser Vorschriften daher eng an den Wortlaut des Gesetzes anlehnen.

Auch Sinn und Zweck der Vorschrift bedingen nicht, dass die Unterbrechung der Verjährung nur bei demnächst erfolgter Zustellung eintritt.

Das Verfahren nach § 19 BRAGO soll die Vergütung des Rechtsanwalts vereinfacht, billig und schnell in vollstreckbarer Form feststellen. Hierdurch wird in der Regel ein Rechtsstreit zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber wegen der Vergütung erspart. Es bildet einen Anhang des Hauptverfahrens, in dem die Vergütungsansprüche des Anwalts entstanden sind. Das Festsetzungsverfahren ist daher weniger förmlich ausgestaltet als das Klage- oder Mahnverfahren. Anwalt und Auftraggeber stehen sich nicht wie Prozessparteien gegenüber. Es handelt sich auch nicht um ein kontradiktorisches, sondern um ein auf Antrag des Rechtsanwalts oder auch des Mandanten eingeleitetes objektives Verfahren. Ferner verlangt das Verfahren keine Zustellung des Antrags, sondern lediglich die Anhörung der Beteiligten. Die Gewährleistung des rechtlichen Gehörs hat indessen nichts mit der Frage zu tun, wann und unter welchen Voraussetzungen der Honoraranspruch verjährt. Das Berufsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es - das Erfordernis einer demnächst erfolgten Antragsübermittlung einmal vorausgesetzt - leicht zum Streit über den Zeitpunkt kommen kann, an dem der Ag. von dem Antrag Kenntnis erlangt hat, da eine förmliche Zustellung nicht vorgeschrieben ist.

Auch aus dem Gesichtspunkt des Schuldnerschutzes drängt sich das Erfordernis einer alsbaldigen Übersendung des Antrags nicht auf. Denn auch bei umgehender Übermittlung des Kostenfestsetzungsantrags an den Mandanten hat dieser es nicht in der Hand, die Unterbrechung der Verjährung zu verhindern oder auch nur hinauszuzögern. Vielmehr tritt diese Wirkung gänzlich unabhängig davon ein, ob und gegebenenfalls wie sich der Auftraggeber des Anwalts auf dessen Antrag einlässt Selbst wenn der Auftraggeber außergebührenrechtliche Einwendungen erhebt und damit nach § 19 VI BRAGO eine Kostenfestsetzung in diesem vereinfachten Verfahren verhindert, unterbricht die Stellung des Antrags die Verjährung.

Die vereinfachte Kostenfestsetzung nach § 19 BRAGO bevorteilt Rechtsanwälte wegen ihrer Gebührenforderungen nicht unangemessen gegenüber den neben ihnen in § 196 BGB genannten Personengruppen wie etwa Ärzten, Wirtschaftsprüfern und anderen Angehörigen vergleichbar freier Berufe. Die vereinfachte Festsetzung gilt nach § 19 I, VII BRAGO nur für die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im gerichtlichen Verfahren, nicht dagegen für Rahmengebühren. Meinungsverschiedenheiten über die Höhe solcher Gebühren sind überwiegend ohne besondere Schwierigkeiten aus dem Inhalt der Akten anhand der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung zu klären. Bei Anwaltsvergütungen sind ferner regelmäßig der Vertragsschluss mit dem Auftraggeber und die vom Rechtsanwalt übernommene Aufgabe, als Prozessbevollmächtigter, Beistand, Unterbevollmächtigter oder - wie hier - als Korrespondenzanwalt aufzutreten, außer Streit. Werden solche außergebührenrechtlichen Einwendungen aber erhoben, so ist eine Kostenfestsetzung nach § 19 IV BRAGO nicht zulässig. Diese besonderen Voraussetzungen fehlen ganz oder überwiegend bei der Vergütung von Angehörigen der genannten anderen freien Berufe.

Die Revision macht ferner geltend, § 19 BRAGO sei in das System der §§ 209ff. BGB eingebunden. Dem ist zuzustimmen. Anders als die Revision meint, folgt daraus jedoch nicht, dass damit auch wie bei der Klageerhebung die Unterbrechung der Verjährung eine demnächst erfolgte Zustellung voraussetzt. Die Eingliederung in das System betrifft lediglich die Wirkungen, nicht die Voraussetzungen der Unterbrechung. Es besteht kein Rechtssatz des Inhalts, dass die Unterbrechung der Verjährung nur eintritt, wenn dem Schuldner der dahingehende Antrag des Gläubigers alsbald übermittelt worden ist. Vielmehr gibt es eine ganze Anzahl von Vorschriften, nach denen die Unterbrechungswirkung unabhängig von der Zustellung an den Gegner eintritt.

Nach alledem ist für die Unterbrechung der Verjährung auch in § 19 VI BRAGO auf die Antragstellung ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Ag. abzustellen. Damit hat, da der Kläger gemäß der entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 212II BGB innerhalb von sechs Monaten nach Zurückweisung seines Antrages die Klage erhoben hat, der Antrag vom 15. 12. 1976 die Verjährung unterbrochen.