Unerlaubter Handlung

Als Grundlage für das Begehren der Kläger kommt danach allein ein Anspruch aus unerlaubter Handlung in Betracht. Dass die Kläger zu 1 neben der auf diesen Anspruch gestützten Klage den ihr selber erwachsenen vertraglichen Ersatzanspruch im Wege der Drittschadensliquidation einklagt, begegnet auch im Hinblick darauf, dass beide Ansprüche ihre tatsächliche Grundlage in ein und demselben schadenstiftenden Ereignis finden, keinen rechtlichen Bedenken. Die von den Kläger verfolgten Ansprüche aus Vertrag und unerlaubter Handlung stehen selbständig und gleichwertig nebeneinander und unterfallen jeder seinen eigenen Regeln. Das bedeutet, dass der vertragliche Schadensersatzanspruch selbständig neben dem deliktischen und unabhängig von diesem eingeklagt werden kann. Eine prozessual unzulässige doppelte Inanspruchnahme des Schuldners liegt darin nicht. Auch bei einer getrennten und zeitlich aufeinander folgenden Geltendmachung des vertraglichen und des deliktischen Anspruchs kann der Schuldner der später erhobenen Klage weder die Einrede der Rechtshängigkeit noch die der Rechtskraft entgegenhalten. Kann der Kläger, wie in Fällen der vorliegenden Art, sein Begehren nur auf einen bestimmten rechtlichen Gesichtspunkt stützen, erfasst auch die Rechtskraft einer insoweit ergangenen Entscheidung nur den geltend gemachten Klagegrund. Eine Beeinträchtigung der schutzwürdigen Interessen des Schuldners ist damit nicht verbunden. An der Möglichkeit zur Geltendmachung von Haftungsbeschränkungen, eines mitwirkenden Verschuldens, der Verjährungseinrede und anderer rechtsvernichtender oder rechtshemmender Einwendungen ändert sich dadurch für den Schuldner nichts. Das gilt auch für die Tilgung des Anspruchs. Befriedigt der Schuldner den einen der Gläubiger, wird er von seiner Verpflichtung zur Leistung auch gegenüber dem anderen frei. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Drittschadensliquidation gegen den Willen des Eigentümers nicht stattfindet. Verzichtet dieser auf die Inanspruchnahme des Schuldners, ist es dessen Vertragspartner verwehrt, ihn im Wege der Drittschadensliquidation auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.

Das Berufsgericht hat die Rechtsverteidigung der Beklagten des Weiteren auch insoweit für erheblich erachtet, als sich diese, gestützt auf § 64 ADSp, auf Verjährung berufen hat. Das hält einer rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand.

Das Berufsgericht ist - insoweit zutreffend - davon ausgegangen, dass im Streitfall die ADSp Vertragsgrundlage geworden sind und dass den ADSp auch die Ansprüche der am Vertrag selber nicht beteiligten Kläger zu 2 unterfallen. Der BGH hat in ständiger Rechtsprechung angenommen, dass die ADSp auch ohne Kenntnis ihres Inhalts und ohne besonderen Hinweis auf ihre Einbeziehung in den zu schließenden Vertrag kraft stillschweigender Unterwerfung Vertragsinhalt werden, wenn der Vertragspartner des Spediteurs weiß oder wissen muss, dass dieser ausschließlich nach den ADSp arbeitet, und dass diese Voraussetzungen regelmäßig als gegeben anzunehmen sind, wenn - wie hier - ein Kaufmann mit Sitz in der Bundesrepublik einen inländischen Spediteur beauftragt; denn ein im Inland ansässiger Kaufmann muss wissen, dass die deutschen Spediteure ausschließlich nach den ADSp arbeiten. Ohne Erfolg gibt die Revision demgegenüber zu bedenken, dass es sich bei der Vereinbarung vom 26. 1. 1978 um einen Lagervertrag gehandelt habe, bei dem es fraglich sei, ob der Vertragspartner die Zugrundelegung der ADSp durch den Spediteur und Lagerhalter überhaupt erkennen könne. Für die Einbeziehung der ADSp in den Vertrag kommt es nicht darauf an, dass es sich bei dem der Beklagten erteilten Auftrag, Ware zu lagern, nicht um ein eigentlich speditionelles Geschäft gehandelt hat. Die ADSp gelten nicht nur für die eigentlichen Speditionstätigkeit eines Spediteurs, also nicht nur für die spezifisch speditionelle Aufgabe der Besorgung von Güterversendungen, sondern auch für das mit solchen Tätigkeiten eng verknüpfte Lagergeschäft. Auch das muss einem inländischen Kaufmann bekannt sein, der die Dienste eines Speditions- und Lagerhauses in Anspruch nimmt. Um eine die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien erschöpfend regelnde Individualvereinbarung, bei der für die Heranziehung der ADSp nach dem Willen der Vertragsparteien kein Raum wäre, handelt es sich vorliegend nicht. Rechtsfehlerfrei hat das Berufsgericht insoweit festgestellt, dass die Vereinbarung vom 26. 1. 1978 im Wesentlichen keine die Vorschriften der ADSp ergänzende, ersetzende oder ausschließende Regelung enthält. Des Weiteren ist nicht zu beanstanden, wenn das Berufsgericht § 64 ADSp auch auf das Verhältnis der Beklagten zur Kläger zu 2 für anwendbar erachtet hat. Nach der Rechtsprechung des BGH muss sich der Eigentümer einer Sache Haftungsausschlüsse oder Haftungserleichterungen nach Treu und Glauben entgegenhalten lassen, wenn er weiß oder den Umständen nach annehmen muss, dass sein Eigentum einem nach den ADSp arbeitenden Spediteur zur Beförderung oder wie hier zur Lagerung übergeben wird. Davon ist auch im Streitfall auszugehen. Auch die Revision erhebt insoweit keine Bedenken.

Mit Recht rügt sie aber, dass das Berufsgericht die Verjährungseinrede der Beklagten aus § 64 ADSp habe durchgreifen lassen. Auf Verjährung beruft sich die Beklagten zu Unrecht.

aa) Für den vertraglichen Schadensersatzanspruch der Kläger zu 1 folgt das aus § 242 BGB. Insoweit hat das Berufsgericht nicht hinreichend berücksichtigt, dass es zwischen der Kläger zu 1 und der Beklagten bzw. der Firma 0 als ihrer Vertreterin und als Vertreterin der Versicherer der Beklagte im Rahmen der vorprozessualen Korrespondenz zu Verhandlungen über die Regulierung des Schadens gekommen war, nach denen die Kläger zu 1 aufgrund der Äußerungen ihrer Korrespondenzpartner davon ausgehen konnte, dass es möglicherweise zu einem gütlichen Schadensausgleich kommen werde. Das verwehrt es der Beklagten, geltend zu machen, dass die am 19. 12. 1980 eingereichte Klage nicht innerhalb der nach § 64 ADSp maßgebenden Verjährungsfrist - die bei Zugrundelegung des frühestmöglichen Beginns der Verjährung nach § 64 ADSp a. F. am 19. 6. 1980, nach der am 1. 10. 1978 in Kraft getretenen Neufassung der ADSp am 19. 8. 1980 abgelaufen war - erhoben worden sei. Nach ständiger Rechtsprechung steht der Verjährungseinrede des Schuldners der Arglisteinwand des Gläubigers aus § 242 BGB entgegen, wenn der Schuldner, auch unbeabsichtigt, den Gläubiger nach verständigem Ermessen, also nach objektiven Maßstäben, ausreichenden Anlass gegeben hat, von einer Unterbrechung der Verjährung durch Klageerhebung abzusehen, weil dieser entsprechend dem Verhalten des Schuldners darauf vertrauen durfte, seine Ansprüche würden, wenn nicht befriedigt, so doch nur mit sachlichen Einwendungen bekämpft werden, und der Schuldner sei deshalb mit einem Hinausschieben der Klageerhebung einverstanden. Von diesen Rechtsgrundsätzen ist auch vorliegend auszugehen. In ihrem vom Berufsgericht in Bezug genommenen Schreiben vom B. 5. 1980 hat die Firma 0 der Kläger zu 1 vor Ablauf der Verjährungsfrist davon Kenntnis gegeben, dass sie vor Abschluss der kriminalpolizeilichen Ermittlungen, die wegen des Abhandenkommens des Lagerguts eingeleitet worden waren, keine sachliche oder rechtliche Beurteilung abgeben und keine Entscheidung über das Schadensersatzbegehren der Kläger zu 1 treffen könne, und ferner, dass sie von sich aus, nach Aufklärung der strafrechtlichen Zusammenhänge, unverzüglich erneut an die Kläger zu 1 herantreten werde. Dieser Stellungnahme der Firma 0 die die Beklagten gemäß § 164I BGB gegen sich gelten lassen muss - durfte die Kläger zu 1 entnehmen, dass die Firma 0, wenn auch erst nach Vorliegen der kriminalpolizeilichen Ermittlungen, das Schadensersatzbegehren der Kläger zu 1 sachlich prüfen werde. Solange aber die Firma 0 das Begehren der Kläger prüfte, bestand kein Anlass zur Klageerhebung, sondern Aussicht, dass sie Ersatz leisten werde. Das änderte sich erst, als die Firma 0 mit Schreiben vom 13. und 27. 11. 1980, wenn auch zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht endgültig, den Ansprüchen der Kläger zu 1 entgegengetreten war. Frühestens von diesem Zeitpunkt ab hatte die Klägerin zu 1 Anlass, die Möglichkeit eines gütlichen Schadensersatzausgleichs auszuschließen. Hätte sie zu einem früheren Zeitpunkt Klage erhoben, hätte sie damit rechnen müssen, dass Prozesskosten vergeblich anfielen und die Verhandlungen mit der Firma 0 gefährdet würden. Darüber hinaus musste sie berücksichtigen, dass die Beklagte im Rechtsstreit den Anspruch möglicherweise sofort anerkennen würde, und dass sie, die Kläger zu 1, im Hinblick auf das eine gütliche Schadensregulierung in Aussicht stellende Schreiben der Firma 0 vom B. 5. 1980 die Prozesskosten dann allein hätte tragen müssen. Für die Begründetheit des Arglisteinwands der Kläger zu 1 kommt es danach allein noch darauf an, ob sie nach dem Erhalt der Schreiben der Firma 0 vom 13. und 27. 11. 1980 mit der Einreichung der Klage bis zum 19. 12. 1980 hatte warten dürfen. Denn die den Arglisteinwand rechtfertigenden Umstände führen nicht zu einer Hemmung der Verjährung, sondern bewirken lediglich, dass der Gläubiger nach Wegfall dieser Umstände noch innerhalb einer angemessenen Frist, die sich nach den Anforderungen des redlichen Geschäftsverkehrs und den Umständen des Falles richtet, Klage erheben kann, ohne die Verjährungseinrede befürchten zu müssen. Im Streitfall war aber diese Frist noch nicht verstrichen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Firma 0 auch noch mit dem Schreiben vom 27. 11. 1980 eine Ersatzleistung keineswegs endgültig ausgeschlossen hatte, dass die Beklagten bzw. ihre Versicherer bis zum Schreiben der Firma 0 vom 27. 11. 1980 eine Frist von rund 11 Monaten zur Prüfung der Ersatzansprüche der Kläger zu 1 in Anspruch genommen hatten und dass auch die Kläger ausreichend Zeit und Gelegenheit haben musste, vor einer Klageerhebung die Sach- und Rechtslage auch anhand des Ergebnisses der polizeilichen Ermittlungen zu prüfen.