Unfallfreiheit des Wagens

Zur Aufklärungspflicht des als Abschlussvertreter auftretenden Gebrauchtwagenhändlers, der nach der Unfallfreiheit des Wagens gefragt worden ist.

Zum Sachverhalt: Die Klägerin erwarb im September1972 einen gebrauchten Pkw für 7700 DM. Bei dem Kauf trat der Beklagten, ein Kfz-Händler, namens und im Auftrag des Verkäufers auf, dem er für den Wagen 5700 DM gezahlt hatte. Der Beklagten händigte der Kläger eine Photokopie einer Erklärung des Verkäufers aus, nach der der Wagen unfallfrei war, und überließ ihr eine Visitenkarte, auf der er selbst die technischen Daten des Pkw vermerkt und den Zusatz unfallfrei hinzugefügt hatte. Als die Kläger den Pkw am 1. 8. 1973 dem TÜV vorführte, wurden Schweißnähte, ein Rahmenschaden und eine Verbiegung der Lenkung festgestellt, die darauf hindeuteten, dass der Wagen einen Unfall erlitten hatte. Die Kläger fuhr den Pkw weiter. Nach ihrer Behauptung erlitt er am 15. 6. 1975 einen Totalschaden.

Bereits am 22. 10. 1973 hatte die Kläger gegen den Verkäufer und den Beklagten Klage auf Zahlung von 7700 DM Zug um Zug gegen Herausgabe des Wagens erhoben. Das Landgericht hat die Klage gegen den Verkäufer abgewiesen, weil Ansprüche gegen diesen verjährt seien, und den Beklagten zur Zahlung von 5800 DM gegen Rückgabe des Pkw verurteilt. Das Oberlandesgericht hat auch die Klage gegen den Beklagten abgewiesen. Die Revision der Kläger führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: Nach Auffassung des Berufsgerichts hatte der Beklagten als Vertreter des Verkäufers den Pkw an die Kläger veräußert. Infolgedessen hafte er im Hinblick auf die Zusicherung der Unfallfreiheit des Pkw aus Verschulden bei Vertragsschluss. Ein Anspruch sei indessen ver- jährt, weil die Verjährung eines derartigen Anspruchs sich nach §, 477 I BGB und nicht nach § 195 BGB richte. Anders wäre es nur, wenn der Beklagten den Vorschaden arglistig verschwiegen hätte, was indessen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht angenommen werden könne.

Dem kann nicht in allem gefolgt werden.

Das Berufsgericht hat unterstellt, dass der Pkw vor der Veräußerung an die Kläger einen Unfall erlitten habe. In dem Revisionsverfahren ist daher davon auszugehen, dass der Pkw nicht unfallfrei war.

Hätte der Pkw vor der Veräußerung einen Unfall erlitten, so könnte die Klägerin an sich den Beklagten aus Verschulden bei Vertragsschluss in Anspruch nehmen, wie das Berufsgericht zutreffend angenommen hat.

Denn im Kraftfahrzeuggewerbe nimmt der Fachhändler bei einem Verkauf von Gebrauchtwagen als Vermittler und Abschlussvertreter eine Sachwalterstellung für den Verkäufer ein, wie der Senat eingehend dargelegt hat. Davon, dass der Beklagten Vertreter des Verkäufers war, ist das Berufsgericht zu Recht ausgegangen. Das ergibt sich aus dem Kaufantrag für ein Kraftfahrzeug, wonach der Beklagten namens und im Auftrag des Verkäufers handelte. In einem derartigen Fall schenkt der Käufer auch dann, wenn eine Bestätigung der Unfallfreiheit des Pkw durch den ihm unbekannten Verkäufer vorgelegt wird, sein Vertrauen in der Regel nicht diesem, sondern seinem Verhandlungspartner, dem Vertreter des Verkäufers, weil er erwartet, dass dieser den Pkw besichtigt und etwaige Vorschäden bemerkt habe. Das gilt jedenfalls dann, wenn sich der Käufer, wie es hier die Kläger tat, die Unfallfreiheit des Pkw von dem Verhandlungspartner nochmals ausdrücklich zusichern läßt. Die Kläger vertraute also vor allem der Zusicherung des Beklagten Er war die Vertrauensperson der Kläger Es kommt hinzu, dass der Beklagte ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Abschluss des Kaufvertrags hatte. Nach seinem Vorbringen hatte er nämlich dem Verkäufer 5700 DM für den Pkw gezahlt, von der Klägerin aber unstreitig 7700 DM verlangt und erhalten.

Die Haftung des Vertreters geht allerdings nicht weiter als diejenige des Verkäufers aus dem Vertrag. Der Kläger wäre daher eine Inanspruchnahme des Beklagten nicht möglich, wenn der Verkäufer sich mit Erfolg auf einen vereinbarten Haftungsausschluss berufen könnte.

Sowohl im Kaufantrag wie in den umseitig abgedruckten Geschäftsbedingungen für den Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge ist eine Gewährleistung für Mängel des Gebrauchtfahrzeuges ausgeschlossen. In ähnlich gelagerten Fällen hat der erkennende Senat den Gewährleistungsausschluss als wirksam angesehen. Auch hier gilt nichts anderes.

Da jedoch die Gewährleistung nur in den durch § 476 BGB gezogenen Grenzen ausgeschlossen werden kann, greift ein vereinbarter Haftungsausschluss nicht ein, wenn ein Unfall arglistig verschwiegen worden wäre. Dann verjährte zudem ein Gewährleistungsanspruch nicht gemäß § 477 I BGB in sechs Monaten, sondern gemäß § 195 BGB in 30 Jahren. Das trifft auch auf einen auf arglistiges Verhalten eines Vertreters gestützten Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss zu. Denn es wäre nicht gerechtfertigt, § 477 I BGB rechtsähnlich auf einen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss anzuwenden, wenn diese Vorschrift unmittelbar auf einen Gewährleistungsanspruch nicht angewendet werden kann. Ob das Landgericht den Anspruch gegen den Verkäufer zu Recht als verjährt angesehen hat, kann dahingestellt bleiben. Eine Verjährung des Anspruchs gegen den Verkäufer ist nämlich ohne Einfluss auf die Verjährung des Anspruchs gegen den Beklagten.

Die Revision macht daher in erster Linie geltend, dass der Beklagten entgegen der Ansicht des Berufsgericht arglistig gehandelt habe.

Das Berufsgericht hat auf Grund der Aussage des Verkäufers des Pkw festgestellt, dass dieser dem Beklagten eine Beschädigung des vorderen linken Kotflügels und der vorderen Stoßstange mitgeteilt hatte.

Es kann dahingestellt bleiben, ob, wie die Revision meint, der Beklagten den Pkw hätte untersuchen müssen, nachdem er von diesen Beschädigungen erfahren hatte, die Anzeichen für einen Unfall des Pkw sein konnten.

In jedem Falle traf den Beklagten eine Offenbarungspflicht. Denn die Kläger habe ausdrücklich danach gefragt, ob der Gebrauchtwagen in einen Unfall verwickelt war. In einem solchen Fall ist der Verkäufer oder dessen Vertreter verpflichtet, Beschädigungen des Gebrauchtwagens auch dann mitzuteilen, wenn es sich nach seiner Auffassung lediglich um etwaige Blechschäden ohne weitere nachteilige Folgen handelte. Denn es kann keinesfalls dem Ermessen des ausdrücklich um Aufklärung gebetenen Verkäufers oder seines Vertreters überlassen bleiben, den erlittenen Schaden für unerheblich, für den Käufer nicht wesentlich und deshalb nicht der Mitteilung für wert zu erachten. Der Verkäufer muss vielmehr, um den Vorwurf der Arglist zu vermeiden, durch die Mitteilung dessen, was ihm bekannt gegeben wurde, dem Käufer den Entschluss überlassen, ob er den Wagen überhaupt bzw. zu diesem Preise erwerben will.

Der Beklagten hatte daher der Kläger auf deren Frage, ob der Wagen einen Unfall erlitten habe, alles mitzuteilen, was er insoweit wusste. Denn er hatte der Kläger alle für deren Entschließung möglicherweise erheblichen Umstände bekannt zu geben. Er durfte infolgedessen auch dann, wenn ihm der Verkäufer des Pkw zwar dessen Unfallfreiheit bestätigt, aber mitgeteilt hatte, dass der Pkw Beschädigungen erlitten habe, diese Mitteilung der Kläger jedenfalls dann nicht vorenthalten, wenn es sich, wie hier, nicht ersichtlich um ausgesprochene Bagatellschäden wie etwa bloße Lackschäden handelte. Da der Beklagten das nicht tat und nicht ganz unerhebliche Beschädigungen des Pkw verschwieg, obwohl er davon Kenntnis hatte, trifft ihn zumindest der gleiche Vorwurf, wie wenn er ins Blaue hinein unrichtige Angaben gemacht hätte.

Auch im vorliegenden Falle fällt daher dem Beklagten Arglist zur Last. Denn zum arglistigen Handeln genügt bedingter Vorsatz, mithin auch das Bewusstsein, dass das Verschweigen von Umständen für die Entschließung des anderen Teils ursächlich sein könne. Wenn aber jemand seine Aufklärungspflicht verletzt hat, so trifft ihn insoweit die Beweislast, als in Frage steht, wie der andere Teil gehandelt hätte, wenn er pflichtgemäß ins Bild gesetzt worden wäre. Dass die Kläger den Pkw zu den gleichen Bedingungen gekauft hätte, wenn sie um die Vorschäden gewusst hätte, hat der Beklagten indessen nicht behauptet.

Der Beklagten kann daher gegenüber dem Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss nicht Verjährung geltend machen. Daneben könnte möglicherweise ein Anspruch aus § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB bestehen, der gleichfalls nicht verjährt wäre.

Das angefochten Urteil kann somit keinen Bestand haben. Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat schon deswegen nicht möglich, weil das Berufsgericht nicht festgestellt hat, dass der Pkw bereits vor der Veräußerung an die Kl einen Unfall gehabt hatte. Da es demnach weiterer Feststellungen bedarf, war das Urteil des Berufsgericht aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufsgericht zurückzuverweisen.