Unrichtige Angaben

Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss kann eine Schadensersatzpflicht auch durch schuldhaft vorsätzliche oder fahrlässige - unrichtige Angaben bei Vertragsverhandlungen begründet werden. Im vorliegenden Fall hat das Berufsgericht allerdings nicht festgestellt, dass die Erklärung der Beklagten, es sei eine undurchlässige Bodenschicht vorhanden, die ein Aufsteigen des Abwassers verhindere, nicht der Wahrheit entsprach. Auf eine solche Feststellung kommt es indessen nicht entscheidend an. Denn das Berufsgericht hätte jedenfalls prüfen müssen, ob eine schuldhaft unrichtige Angabe der Beklagten darin zu erblicken ist, dass sie dem Kläger erklärt hat, sie habe die geologischen Verhältnisse genau untersucht. Auch insofern hat das Berufsgericht allerdings nicht festgestellt, welche Untersuchungen die Beklagten vor dem Vertragsschluss der Parteien angestellt hat. Da es sich aber um Vorgänge handelt, die sich im Bereich der Beklagten abgespielt haben, können von dem Kläger dazu keine tatsächlichen Behauptungen erwartet werden, während die Beklagten in der Lage sein muss, über die von ihr getroffenen Maßnahmen Aufschluss zu geben. Nach dem Rechtsgedanken, der der Vorschrift des § 282 BGB zugrunde liegt, hat sie daher darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, auf welche Weise sie sich über die geologischen Verhältnisse Gewissheit verschafft hat. Bisher hat sie dazu nichts vorgetragen. Beim gegenwärtigen Stand des Rechtsstreits kann also nicht davon ausgegangen werden, dass ihre Erklärung, sie habe die geologischen Verhältnisse genau untersucht, der Wahrheit entsprach. Erst wenn die Beklagten dargelegt hat, welche Untersuchungen sie seinerzeit angestellt hat, kann überdies beurteilt werden, ob diese Untersuchungen und ihr Ergebnis die Erklärung rechtfertigten, es sei eine undurchlässige Bodenschicht vorhanden, die das Aufsteigen des Abwassers verhindere. Bis dahin muss das Gericht nach den dargelegten Grundsätzen davon ausgehen, dass die Untersuchungen eine solche Erklärung nicht rechtfertigten.

Ob eine Pflichtverletzung der Beklagten, die in schuldhaft unrichtige Angaben bei den Vertragsverhandlungen besteht, den vom Kläger behaupteten Schaden verursacht hat, hängt davon ab, ob der Kläger auf wahrheitsgemäße Angaben vom Vertragsschluss abgesehen hätte. Auch insofern hat das Berufsgericht - von seinem Standpunkt folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Eine tatsächliche Ungewissheit, wie der Kläger sich entschieden hätte, würde jedoch zu Lasten der Beklagte gehen müssen. Nach der Behauptung des Kläger hat die Beklagten durch ihre Erklärung, nach den geologischen Verhältnissen könne das Abwasser nicht in den landwirtschaftlich genutzten Boden aufsteigen, seine Befürchtungen zerstreut, das Abwasser könne seinem Hof Schaden zufügen. Diese Darstellung muss dahin verstanden werden, dass der KI seine Befürchtungen bei den Vertragsverhandlungen geäußert und daraufhin die behauptete beruhigende Erklärung erhalten hat. Ist dies der Fall, so hat die Beklagten schon dadurch, dass sie auf die Befürchtungen des Klägers einging und ihnen durch eine Erklärung über die geologischen Verhältnisse entgegentrat, eine Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aufklärung des Klägers übernommen. Hat sie diese Pflicht schuldhaft verletzt, indem sie der Wahrheit zuwider erklärt hat, sie habe die geologischen Verhältnisse genau untersucht, so muss sie das Risiko der Unaufklärbarkeit tragen, wenn sich heute nicht mehr sicher feststellen lässt, ob der Kläger auf wahrheitsgemäße Aufklärung vom Vertrag Abstand genommen hätte. Das gebietet sein besonderes Interesse an der Aufklärung über die für seine Entschließung maßgebenden Umstände.

Aber auch ohne entsprechende Frage des Klägers war die Beklagte möglicherweise verpflichtet, ihn bei den Vertragsverhandlungen über Gefahren aufzuklären, die seinem landwirtschaftlichen Betrieb durch die geplante Abwasserversickerung drohten. Der Vertragsschluss ging auf die Initiative der Beklagten zurück, die eine Möglichkeit zur Abwasserbeseitigung suchte und das anscheinend zumindest in jener Gegend neue - Verfahren gewählt hatte, das Abwasser in tiefen Brunnen unter Druck zur Versickerung zu bringen. Ihr Vertragsangebot sah für den Kläger eine verhältnismäßig sehr geringe Vergütung vor. Diese Vergütung sollte ersichtlich allein die teilweise Benutzung seines Grundstücks abgehen und keinerlei Ausgleich für drohende Schäden darstellen. Eine besondere Sicherung des Klägers gegen Schäden an seinem Hof war nicht vorgesehen. Insbesondere hat die Beklagten keine vertragliche Garantie übernommen, dass solche Schäden nicht eintreten würden. Vielmehr hat das Berufsgericht die Bestimmung in § 3 V des Vertrages dahin ausgelegt, diese habe lediglich klarstellen sollen, dass gesetzliche Schadensersatzansprüche nicht ausgeschlossen seien, habe aber eine selbständige Ersatzpflicht der Beklagten nicht begründet. Wird ferner berücksichtigt, dass der Kläger von der Beklagten besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Beseitigung von Industrieabwässern erwarten konnte, so konnte er ihr Vertragsangebot möglicherweise nach Treu und Glauben dahin verstehen, dass seinem Hof von den geplanten Sickerbrunnen keine Gefahr drohe. Das Berufsgericht hätte daher prüfen müssen, ob sich daraus für die Beklagten die Verpflichtung ergab, den Kläger vor Abschluss des Vertrages über drohende Gefahren aufzuklären. Eine Aufklärungspflicht bestand allerdings nicht hinsichtlich solcher Gefahren, die die Beklagten selbst weder kannte noch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt erkennen konnte. Sie konnte aber erst dann davon ausgehen, dass das versickerte Abwasser nicht in den landwirtschaftlich genutzten Boden aufsteigen und den Hof des Kläger beeinträchtigen werde, eine Gefahr, über die sie ihren Vertragspartner aufzuklären habe, also nicht vorliege, wenn sie die geologischen Verhältnisse sorgfältig überprüft und diese Überprüfung ergeben hatte, dass keine Gefahr bestand. Dass sie dieser Verpflichtung nachgekommen ist, hat sie darzulegen und im Streitfall zu beweisen. Für die Frage, ob eine unterlassene oder wahrheitswidrige Aufklärung für den Vertragsschluss ursächlich geworden ist und zu wessen Lasten tatsächliche Zweifel an dieser Ursächlichkeit gehen, gilt ebenfalls das oben Gesagte.

Die Revisionserwiderung der Beklagten meint, ein Schadensersatzanspruch des Kläger aus Verschulden bei Vertragsschluss bestehe deshalb nicht, weil die Beklagten nach § 2I Nr. 5 ErdölG i. V. mit §§ 135ff. ABG einen Anspruch auf Abschluss entsprechender Verträge gehabt habe und diesen auch hätte durchsetzen können. Dieses Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, die Ursächlichkeit einer schuldhaft unrichtigen Angabe der Beklagten für den Vertragsschluss in Frage zu stellen. Die Beklagten muss sich entgegenhalten lassen, dass sie nicht den Weg der zwangsweise Grundabtretung gewählt, sondern mit dem Kläger einen Vertrag geschlossen hat. Sie muss daher auch die Pflichten auf sich nehmen, die die Anbahnung und Führung von Vertragsverhandlungen mit sich bringt.

Auf die weitere Frage, ob dem Kläger durch den Abschluss und die Durchführung des Vertrages die von ihm behaupteten Schäden entstanden sind, hat der erk. Senat nicht einzugehen. Das Berufsgericht hat diese Frage nicht entschieden, so dass zugunsten des Klägers für dieses Revisionsverfahren von der Richtigkeit seiner Behauptungen auszugehen ist.

Die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede greift gegenüber dem Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss nicht durch, da dieser Anspruch grundsätzlich der regelmäßigen Verjährung nach § 195 BGB unterliegt. Ein Ausnahmefall, in dem eine kürzere Verjährung in Betracht kommt, liegt entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht vor.

Gesetzliche Ansprüche aus unerlaubter Handlung, aus § 2 I Nr. 6 ErdölG i. V. mit § 148 ABG sowie aus wasserrechtlichen Vorschriften sind, soweit sie bestehen, verjährt.