Verbindlichkeiten einer GmbH

Hat sich der Alleingesellschafter der Komplementär-GmbH für die Verbindlichkeiten einer GmbH & Co. KG in einem bestimmten Umfang verbürgt, so erweitert sich der Umfang seiner Bürgschaftsverpflichtung nicht dadurch, dass er später durch Übernahme sämtlicher Gesellschaftsanteile alleiniger Gesellschafter der Hauptschuldnerin wird.

Zum Sachverhalt: Die Beklagte zu 1, deren persönlich haftende Gesellschafter die Beklagte zu 2 und 3 waren, war die Hausbank der Maschinenfabrik G GmbH & Co. KG. Durch formularmäßige Bürgschaftserklärung vom 8. 1. 1970 übernahm der Kläger, der damals alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Firma G war und später auch sämtliche Kommandit-Anteile erwarb, gegenüber der Beklagte zu 1 die der Höhe nach unbegrenzte selbstschuldnerische Bürgschaft für alle Ansprüche und Forderungen, welche die Beklagte zu -1 gegen die Firma G aus laufender Rechnung, aus Wechseln, aus gewährten und noch zu gewährenden Krediten irgendwelcher Art oder aus einem sonstigen Rechtsgrund bereits erworben hat oder noch erwerben sollte. Mit Schreiben vom 2.8. 1971 kündigte die Beklagte zu 1 den der Firma G eingeräumten Kredit aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung.

Am 25. 8. 1971 wurde über das Vermögen der Firma G das Konkursverfahren eröffnet. Der Konkursverwalter verkaufte das Betriebsgrundstück nebst Gebäuden, Inventar und Zubehör an den bisherigen Prokuristen T, wobei T in Anrechnung auf den Kaufpreis, der damit erledigt sein sollte, die Belastungen in Abteilung III des Grundbuchs übernahm. Den Kläger nahm die Beklagte zu 1 aus der Bürgschaft in Anspruch, indem sie entsprechende Verrechnungen zu Lasten von bei ihr für den Kläger geführten Konten vornahm. Die Parteien streiten über den Umfang der Haftung des Klägers aus der Bürgschaft. Soweit die Beklagte zu 1 ihn nach seiner Auffassung zu Unrecht in Anspruch genommen hat, verlangt er mit der Klage von den Beklagten als Gesamtschuldner Rückzahlung. Das Landgericht hat voll stattgegeben, das Oberlandesgericht zum größten Teil bestätigt, zu einem kleinen Teil abgewiesen. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger gegen die Beklagte zu 1, für die die Beklagte zu 2 und zu 3 persönlich haften, einen Anspruch aus Bankvertrag auf Auszahlung eines Teils seines Guthabens, weil insoweit die von der Beklagte zu 1 vorgenommenen Verrechnungen mit Belastungen der Firma G nicht zum Erlöschen des Guthabens des IC1. geführt haben. Denn in Höhe dieses Betrages sei die Beklagte zu 1 mangels Bürgschaftsanspruch nicht zur Aufrechnung berechtigt gewesen. Die Bürgschaftserklärung vom 8. 1. 1970 habe sich nur auf Forderungen der Beklagte zu 1 gegen die Firma G aus der bestehenden bankmäßigen Geschäftsverbindung bezogen, die hier jedoch durch die Kreditkündigung vom 2. 8. 1971 beendet worden sei. Da Gegenstand des Rechtsstreits ausschließlich Ansprüche der Beklagte zu 1 seien, die erst nach Beendigung der bankmäßigen Geschäftsverbindung mit der Firma G entstanden seien, hafte der Kläger nur insoweit, als sie seine bisherige Stellung als Bürge nicht verschlechterten oder im Zuge der Abwicklung als Kosten- Und Nebenforderungen (§ 767 11 BGB) anzusehen seien. Die Voraussetzungen hierzu hätten die Beklagte insoweit nicht dargetan.

Die Revision der Beklagte hat teilweise Erfolg.

Aus den Gründen: Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Bürgschaft des Klägers gemäß Erklärung vom 8. 1. 1970 beziehe sich nur auf Forderungen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung der Firma G zur Beklagten zu 1, ist nicht zu beanstanden. Verbürgt sich jemand in einem Formularvertrag für alle gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen einer Bank gegen einen Kunden, so ist die Bürgschaft regelmäßig so auszulegen, dass sie nur Forderungen aus dem bankmäßigen Geschäftsverkehr sichern soll (Senatsurteil vom 3. 2. 1965 - VIII ZR 70/63 = NJW 1965, 965 = LM § 765 BGB Nr. 8 = MDR 1965, 476 = BB 1965, 350 = WM 1965, 230). Eine zu weite Fassung von Formularverträgen macht es in der Regel nicht erforderlich, ein Rechtsgeschäft, das alle Beteiligten für wirksam gehalten haben, für unwirksam zu erklären, wenn es durch eine einschränkende Auslegung in einem Sinne aufrechterhalten werden kann, der gleichermaßen dem Geschäftswillen der Beteiligten und dem Sicherheitsbedürfnis des geschäftlichen Verkehrs entspricht.

2. Die Revision meint allerdings, etwas anderes müsse gelten, wenn ein Bürge als Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Schuldnerin mit dieser wirtschaftlich identisch sei und sich der juristischen Form nur zur Begrenzung seiner Haftung bediene. Der Alleingesellschafter- Geschäftsführer wisse nämlich bei Eingehung der Bürgschaft, dass der Gläubiger sich gerade nicht auf die Haftungsbeschränkung einlassen wolle, sondern dass er die persönliche Haftung des Bürgen in dem Umfang fordere, wie sie bei dessen unmittelbarer Schuldnerschaft gegeben sei; da er die Geschicke der Gesellschaft so lenken könne und müsse, als wären es seine eigenen, entfalle der Gesichtspunkt des Bürgenschutzes vor unbestimmten zukünftigen Verbindlichkeiten. Darin kann der Revision im Streitfalle jedoch nicht gefolgt werden.

a) Es fehlt hier bereits an einer völligen wirtschaftlichen Identität von Schuldner und Bürge i. S. der Argumentation der Revision zum Zeitpunkt der Bürgschaftserklärung. Denn der Kläger hatte damals noch nicht alle Kommanditanteile der GmbH & Co. KG erworben.

b) Der Umstand, dass der Kläger bei Übernahme der Bürgschaft für die Gesellschaft Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH war, änderte nichts daran, dass gemäß § 13 II GmbHG deren Gläubigern grundsätzlich nur das Gesellschaftsvermögen hafte. Die GmbH bleibt, auch wenn sich alle Geschäftsanteile durch Abtretung in einer Hand vereinen, juristische Person und ist im Rechtssinne nicht mit ihrem alleinigen Gesellschafter identisch (BGHZ 22, 226 [229] = NJW 1957, 181 = LM § 13 GmbHG Nr. 1 = JZ 1957, 224 = BB 1957, 53). Seine Verpflichtung aus der Bürgschaft erweiterte sich nicht schon dadurch, dass er in der Folgezeit nach Übernahme aller Kommanditanteile der Hauptschuldnerin wirtschaftlich deren alleiniger Gesellschafter war. Die von ihm für die GmbH übernommene Bürgschaft war in der Bürgschaftsurkunde abgegrenzt und beinhaltete nicht eine uneingeschränkte Einstandspflicht gegenüber der Beklagte zu 1. Sie endete mit dem Bankvertrag, zu dessen Sicherung sie gegeben war und wurde durch gesellschaftsrechtliche Veränderungen nicht unbegrenzt ausgedehnt. Dass die Rechtswirksamkeit von Bürgschaftsverpflichtungen, die unübersehbar sind und eine uferlose Ausweitung des § 765 II BGB zur Folge haben können, nicht anzuerkennen ist (BGHZ 25, 318 [319] = NJW 1957, 1873 = LM § 765 BGB Nr. 2 = JZ 1957, 755 = BB 1957, 1245), gilt ganz allgemein und unabhängig davon, ob eine konkrete Schutzbedürftigkeit des Bürgen vorliegt.

III. 1. Wie das Berufungsgericht rechtsirrtumsfrei feststellt, hatte die Beklagte zu 1 durch ihre schriftliche Kündigung des Kredits vom 2. 8. 1971 mit sofortiger Wirkung die bankmäßige Geschäftsverbindung mit der Firma G aufgehoben. Hieraus folgert das BerGer, mit Recht, dass eine Ausweitung des Kreditengagements der Beklagte zu 1 nach diesem Zeitpunkt nicht mehr von der Bürgschaft des Klägers gedeckt war. Denn wenn eine Bank nach der Kündigung ihre Forderungen gegen den Kunden durch eigene Transaktionen erweitert, so tut sie das nicht in Abwicklung der alten, sondern im Zuge einer neuen Geschäftsverbindung (Senatsurteil vom 29. 9. 1969 - VIII ZR 9/68 = LM vorstehend Nr. 7 = MDR 1970, 39 = BB 1969, 1372 = WM 1969, 1276). Der Kläger hatte sich aber nicht schlechthin für alle Ansprüche der Beklagte zu 1 aus irgendeiner bankmäßigen Geschäftsverbindung, sondern nur für ihre Ansprüche aus der im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme bestehenden Geschäftsverbindung verbürgt (Senatsurteil vom 29. 9. 1969 = LM vorstehend Nr. 7 = MDR 1970, 39 = BB 1969, 1372 = WM 1969, 1276).

2. Die Revision vertritt den Standpunkt, durch die Bürgschaft müssten auch diejenigen Leistungen nach Kreditkündigung durch die Bürgschaft gedeckt sein, die der Aufrechterhaltung des Betriebes gedient hätten, insbesondere der Kredit zur Weiterzahlung der Gehälter und Löhne. Das gelte jedenfalls dann, wenn - was das Berufungsgericht offengelassen hat und was demnach für die Revision zu unterstellen ist - dies in Kenntnis des Klägers geschah. Insoweit scheide eine Verletzung der Interessen des Klägers als Bürgen aus.

a) Die Revision verkennt dabei den Rahmen dessen, was zur - von der Bürgschaft umfassten - Abwicklung einer aufgelösten bankmäßigen Geschäftsverbindung gehört. Mit der Beendigung der Geschäftsverbindung wird der Saldo jedes für den Kunden geführten Kontokorrents sofort fällig gestellt (Nr. 18 12 AGB der Banken). Nur auf die Rückführung der etwaigen Schuldsalden, d. h. auf die Erfüllung der zu diesem Zeitpunkt bestehenden gegenseitigen Rechte und Pflichten bezieht sich das Abwicklungsverhältnis. Es ist nicht Rechtsgrund für Kredite des Gläubigers zur Fortführung des Geschäftsbetriebs des Schuldners, um den Betrieb dem Schuldner oder im Interesse des Gläubigers als Befriedigungsobjekt zu erhalten.

b) Es kann offenbleiben, ob Fälle denkbar sind, in denen die Berufung des Bürgen einer Gesellschaft, deren Anteile sich alle in seiner Hand vereinen, auf die Aufhebung der bankmäßigen Geschäftsverbindung gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt, wenn die Bank der Gesellschaft anschließend im Einvernehmen mit dem Bürgen Sanierungsmittel zufließen lässt (zur Frage der Arglist bei Berufung auf die Formnichtigkeit einer Bürgschaft vgl. BGH, Urteil vom 28. 11. 1957 - VII ZR 42/57 = WM 1958, 71). Hier kann dies jedenfalls nichtangenommen werden. Die Beklagte zu 1 hatte mit ihren weiteren Krediten und den anderen von ihr getroffenen Maßnahmen das Unternehmen wirtschaftlich in eigene Regie übernommen und es weitergeführt. Es kam ihr darauf an, das Unternehmen in die Hände des Prokuristen T zu überführen und mit diesem alsdann ihr Kreditengagement auf neuer Basis fortzusetzen. Den Klägern als Geschäftsführer der Komplementär- GmbH der Hauptschuldnerin und Bürgen hat sie zu den nach der Kündigung des Kredits veranlassten Maßnahmen nicht befragt. Angesichts dieser - tatrichterlich einwandfreien - Feststellung kann nicht einmal eindeutig gesagt werden, es habe sich um Maßnahmen (auch) im Interesse des Klägers gehandelt.