vereidigter Sachverständiger

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger, der ein Gutachten über den Wert eines Grundstücks erstattet hat, anderen Personen als seinem Auftraggeber für die Richtigkeit seines Gutachtens haftet.

Zum Sachverhalt: Die Kläger, eine dänische Privatbank, verlangt von dem Beklagten Schadensersatz, weil sie durch ein vom Beklagten erstattetes Wertgutachten und durch eine von ihm dem dänischen Konsul in M. erteilte Auskunft zur Gewährung eines Kredits veranlasst worden sei, der später notleidend wurde. Die Firma P war Eigentümerin eines Grundstückskomplexes. Sie beabsichtigte, das Gelände mit einem großangelegten Feriendorf zu bebauen. In einem Raumordnungsverfahren war das Vorhaben grundsätzlich bejaht worden. Ein Bebauungsplan war jedoch noch nicht erlassen worden. Es lag hierfür lediglich ein Entwurf vor, den ein privater Architekt im Auftrage der Firma P im Einvernehmen mit der Gemeinde erstellt hatte. Im Auftrage der Firma P erstattete der Beklagte am 10. 8. 1974 ein Gutachten, in dem er zu dem Ergebnis kam, dass der Grundstückskomplex einen Verkehrswert von 20000000 DM habe. Am 19. 12. 1974 rief der dänische Konsul beim Beklagten an. Er teilte ihm mit, dem Konsulat liege eine Anfrage vor, ob er, der Beklagte tatsächlich öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger sei. Nachdem diese Frage bejaht worden war, fragte der Konsul, ob das Gutachten, das der Beklagte über den Wert des Feriendorfgeländes erstellt hatte, heute noch zutreffend sei; er verwies dabei auf den zunehmenden Preisverfall auf dem Immobilienmarkt. Der Beklagte antwortete, er habe seither von der Sache nichts mehr gehört. In der Zwischenzeit müsste man aber doch mit dem Genehmigungsverfahren weitergekommen sein. Die in diesem Fall erhöhte Baureife sei ein prositiver Faktor, der die negative Entwicklung auf dem Immobilienmarkt ausgleiche. Vor allem sei zu berücksichtigen, dass nach der jetzigen Genehmigungspraxis andere derartige Projekte nicht mehr genehmigt würden. Auf Wunsch des Konsuls richtete der Beklagte noch am selben Tag an das dänische Konsulat ein Schreiben, in dem er ausführte: In Ergänzung meines ausführlichen Gutachtens vom 10. 8. 1974 stelle ich fest, dass der Wert des o. a. Objekts auch heute noch unverändert besteht. Die negativen Einflüsse der allgemeinen Entwicklung auf dem Immobilienmarkt werden hier kompensiert durch die Baureife des Grundstücks. Außerdem ist weder für die Gegenwart noch für die Zukunft die Genehmigung für weitere vergleichbare Planungen in der deutschen Alpenregion zu erwarten. Am 6. 6. 1975 schloss die Kläger mit der Firma P einen Darlehensvertrag über 15 000000 DM. Für die Verbindlichkeit der Darlehensschuldnerin übernahmen die beiden Geschäftsführer der GmbH sowie die dänische Firma N die selbstschuldnerische Bürgschaft; der dänische Exportkreditrat verbürgte sich seinerseits für die Bürgschaftsschuld der letztgenannten Firma. Im Übrigen wurde der Kredit durch erstrangige Grundschulden in Höhe von 18000000 DM auf dem Grundbesitz der Firma P abgesichert. Am 14. 3. 1975 wurde der Darlehensnettobetrag in Höhe von 14305000 DM überwiesen. Das Feriendorfprojekt wurde in der Folgezeit nicht vorangetrieben, die fälligen Zinsen wurden nicht bezahlt. Daraufhin wurde im April 1976 der Darlehensvertrag aufgelöst. Die IG. betrieb aus ihren Grundschulden die Zwangsversteigerung des verpfändeten Grundbesitzes und ersteigerte ihn zu einem Gebot von 1 900000 DM. Die Kläger behauptet, die Firma P habe Kontakte zu Geldgebern gesucht, um ein Darlehen von mindestens 15000000 DM für das beabsichtigte Feriendorf zu erhalten. Hierbei sei sie mit der dänischen Firma N in Verhandlungen eingetreten. Sie habe dieser den Auftrag zur Lieferung von 600 Fertigferienhäusern in Aussicht gestellt, falls sie ihr zu einem Kredit von 15 000000 DM verhelfen könne. In einem Schreiben vom 28. 9. 1974 habe sie ihr ihre finanzielle Situation und den Stand des Vorhabens geschildert; dabei habe sie auf das dem Schreiben beigefügte Gutachten des Beklagten verwiesen. Die Firma N habe sich an das dänische Handelsministerium gewandt, um eine staatliche Garantie für das Darlehen zu erwirken; sie habe dabei das Gutachten des Beklagten vorgelegt. Das Handelsministerium habe als Bank die Kläger eingeschaltet, die durch eine Rückbürgschaft des dänischen Staates gesichert werden sollte. Um die Voraussetzung für die Gewährung des Darlehens zu klären, habe der dänische Exportkreditrat den dänischen Konsul in M. beauftragt, beim Beklagten Auskünfte einzuholen; zwischen dem Exportkreditrat und der Kläger sei dabei abgesprochen worden, dass der Konsul auch im Interesse der Klägerhandeln sollte. Der Konsul habe dem Beklagten ausdrücklich erklärt, dass sich ein dänisches Unternehmen durch eine Garantie oder durch Kredithingabe an dem Vorhaben beteiligen wolle.

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Die Revision der Klägerführte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: 1. Das Berufungsgericht nimmt an, dass der Kläger kein Schadensersatzanspruch aus eigenem Recht zustehe. Der Konsul habe bei seiner Anfrage nicht erkennbar als Vertreter der Kläger gehandelt. Bei der Auskunft habe es sich auch nicht um eine Auskunft an alle die es angeht, gehandelt, die zur Folge haben könnte, dass der Beklagte jedem beliebigen Dritten nach Vertragsgrundsätzen zu haften hätte.

Vorn Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus hätte geprüft werden müssen, ob die Kläger nicht in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen war. Die Zulässigkeit von Verträgen mit Schutzwirkung für Dritte ist in der Rechtsprechung - und weitgehend auch im Schrifttum - anerkannt (RGZ 91, 21 [24]; 102, 231; 17, 218 [222]; BGHZ 49, 350 [353] = LM § 538 BGB Nr. 11 = NJW 1968, 885; BGH, NJW 1959, 1676 = LM vorstehend Nr. 18; NJW 1964, 33 = LM § 536 BGB Nr. 6 a; NJW 1965, 1757 = LM vorstehend Nr. 28; NJW 1965, 1955 = LM vorstehend Nr. 29; LM vorstehend Nr. 33). Die Aufsätze von Ziegler (JuS 1979, 328) und von Sonnenschein (JA 1979, 225), auf die sich der Beklagte beruft, geben dem Senat keinen Anlass, von diesem gefestigten Rechtsgrundsatz abzugehen. Da der Konsul ersichtlich kein persönliches Interesse an der Prüfung der Kreditwürdigkeit der Firma P hatte, lag zumindest dann, wenn ein Handeln des Konsuls im fremden Namen verneint wurde, die Annahme nahe, dass der zukünftiger Kreditgeber in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen werden sollte. Das Berufungsgericht hätte den geltend gemachten Anspruch auch unter diesem Gesichtspunkt prüfen müssen.

Das Berufungsgericht führt in diesem Zusammenhang noch aus: In dem Gutachten sei erkennbar eine erwartete Entwicklung - Erteilung erforderlicher Genehmigungen, Aufteilung, Verkauf- vorweggenommen und unterstellt worden, obwohl die Bebaubarkeit des Grundstücks rechtlich noch nicht gesichert gewesen sei. Die Schätzung eines erst erwarteten Wertes habe aber für Dritte, insbesondere für Kreditinstitute, nicht ohne weiteres von Interesse sein können. Auf S. 2 des Gutachtens, das Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, bemerkte der Beklagte jedoch ausdrücklich, dass sein Auftrag dahinging, den derzeit gültigen Verkehrswert zu ermitteln. Bei der Erledigung dieses Gutachtensauftrags durfte der Beklagte allerdings die zukünftige Entwicklung nicht außer acht lassen; denn der (gegenwärtige) Verkehrswert eines Grundstücks wird nach der Verkehrsauffassung nicht nur durch die derzeitigen tatsächlichen Verhältnisse, sondern auch durch die Erwartung zukünftiger Ereignisse (z. B. der Ausweisung als Bauland) bestimmt. Es liegt auch auf der Hand, dass ein Kreditinstitut, das ein zu gewährendes Darlehen durch Grundpfandrechte absichern will, sich für den Verkehrswert des zu beleihenden Grundstücks interessiert. Der Konsul hat auch nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts dem Beklagten gegenüber zu erkennen gegeben, dass seine Auskunft für die Entscheidung über die Kreditvergabe benötigt werde. Er hat sich nicht mit der fernmündlichen Auskunft begnügt, sondern um schriftliche Bestätigung gebeten; dadurch hat er ihm vor Augen geführt, dass seine sachverständige Äußerung als Grundlage für schwerwiegende Entscheidungen dienen sollte. Ob der Beklagte in seinem Gutachten mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht hat, dass die für die Entwicklung des begutachtenden Gebiets erforderlichen planungsrechtlichen Entscheidungen noch nicht getroffen waren, kann zwar für das Verschulden des Beklagten und ein etwaiges mitwirkendes Verschulden der Kläger von Bedeutung sein, nicht jedoch für die Frage, inwieweit die Kläger aus einer Verletzung des Auskunftsvertrages überhaupt Rechte herleiten kann.

2. Das Berufungsgericht hält es für denkbar, dass der dänische Konsul beim Abschluss des Auskunftsvertrages als Vertreter des dänischen Staates gehandelt haben könnte. Von diesem Standpunkt aus stellt sich die Frage, ob dem dänischen Staat aus der Verletzung des Auskunftsvertrages Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zustehen. Nach dem Sachvortrag der Kläger hatte der dänische Exportkreditrat - soweit bisher ersichtlich, in Vertretung des dänischen Staates - gegenüber der Kläger eine Bürgschaft für den gewährten Kredit übernommen. Die Kläger behauptet, dass der Exportkredit- rat die etwaigen Schadensersatzansprüche des dänischen Staates gegen den Beklagten an die Kläger abgetreten habe; die Kläger macht hilfsweise auch diesen Schadensersatzanspruch geltend. Durch die Zurückverweisung erhält die Kläger Gelegenheit, insoweit ihren Sachvortrag zu ergänzen, insbesondere näher darzulegen, inwieweit dem dänischen Staat ein Schaden erwachsen ist. Es wird zweckmäßig sein, wenn sie sich dabei auch über die rechtliche Stellung des Exportkreditrats erklärt, vor allem darüber, ob es sich bei ihm um ein Staatsorgan handelt, das die Bürgschaft im Namen des dänischen Staates übernommen und auch in dessen Namen den Schadensersatzanspruch an die Kläger abgetreten hat.