Verfallklausel

Der Gläubiger verstößt nicht gegen Treu und Glauben, wenn er sich auf die in einem Vergleich vereinbarte Verfallklausel beruft, weil der Schuldner die letzte Rate von 4% der Vergleichssumme am festgesetzten Tag schuldhaft nicht gezahlt hat.

Zum Sachverhalt: Der Kläger ist im Jahre 1977 rechtskräftig zur Zahlung von 28000 DM nebst Zinsen an die Beklagte , die jetzt durch ihren Konkursverwalter vertreten wird, verurteilt worden. In einem später abgeschlossenen außergerichtlichen Vergleich verpflichtete sich der Kläger, in der Zeit ab Februar 1978 bis November 1978 auf seine Schuld monatliche Raten von je 1200 DM und für Dezember 1978 eine letzte Rate von 500 DM, insgesamt also 12500 DM zu bezahlen. Der Kläger übergab bei Vergleichsabschluss dementsprechend der Beklagte elf vordatierte Schecks, ausgestellt auf sein damaliges Konto bei der Kreissparkasse G, über die von ihm zu zahlenden Raten. Die Schecks waren jeweils auf den 20. des Fälligkeitsmonats datiert. Im Falle der Nichteinlösung eines Schecks sollte, das hatten die Vertreter der Beklagte dem Kläger mitgeteilt, der Vergleich unwirksam werden und die volle Hauptforderung nebst Zinsen und Kosten - abzüglich bereits geleisteter Zahlungen - wieder aufleben. Die Beklagte legte durch ihre Anwälte in der Folgezeit in monatlichen Abständen die Schecks jeweils am 20. des Monats vor. Diese wurden eingelöst. Das Konto des Klägers bei der Kreissparkasse G war zwar schon im Sommer 1978 aufgelöst worden. Der Kläger hatte aber jeweils einige Tage vor der Fälligkeit der einzelnen Schecks den zur Einlösung erforderlichen Betrag bei der Kreissparkasse einbezahlt. Der letzte Scheck vom 20. 12. 1978 wurde am 22. 12. 1978 wiederum bei der Sparkasse vorgelegt und von ihr jedoch nicht eingelöst, sondern am 27. 12. 1978 zurückgegeben. Der Scheck wurde den Vertretern der Beklagte am 29. 12. 1978 mit Spesen rückbelastet. Am 3. 1. 1979 erhielten die Vertreter der Beklagte vom Kläger einen auf den 20. 12. 1978 rückdatierten Postscheck, den sie unter Hinweis darauf, dass seine Vorlegungsfrist nach dem Scheckgesetz schon abgelaufen war, an den Kläger am 5. 1. 1979 zurückgaben. Sie machten für die Beklagte gleichzeitig die Unwirksamkeit des Vergleichs geltend und forderten den Kläger zur Zahlung der gesamten rechtskräftig der Beklagte zuerkannten Summe abzüglich seiner bezahlten Raten auf. Am 8. 1. 1979 übersandte der Klägersodann den Anwälten der Beklagte als Restrate aus dem Vergleich nebst den angefallenen Spesen für die Scheckrückgabe 507,40 DM in bar.

Der Kläger hat Vollstreckungsabwehrklage erhoben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Die - zugelassene - Revision der Beklagte hatte Erfolg.

Aus den Gründen: I. 1. a) Das Berufungsgericht stellt fest, dass hier eine Verfallklausel Inhalt des Vergleichs der Parteien war, in der in Form einer auflösenden Bedingung, bei deren Eintritt die ursprüngliche Forderung der Beklagte wieder aufleben sollte, festgelegt war, dass alle vom Kläger gegebenen Schecks eingelöst werden mussten. Das Berufungsgericht stellt weiter fest, dass die Beweisaufnahme die Behauptung des Klägers nicht bestätigt hat, ihn treffe an der Nichteinlösung des letzten Schecks kein Verschulden.

b) Das Berufungsgericht meint, die Zwangsvollstreckung der Beklagte sei hier unzulässig, weil sie gegen das Verbot der Rechtsausübung im Übermaß und damit gegen Treu und Glauben verstoße. Es sei treuwidrig, wenn sich die Beklagte wegen der geringfügig verspäteten Zahlung der letzten, 4% der Schuld ausmachenden Vergleichsrate durch den Kläger infolge der Nichteinlösung des letzten Schecks auf ihre durch die Verfallklausel ihr zuzustehende, formale Rechtsposition berufe, nachdem der Kläger die vorhergehenden Ratenzahlungen pünktlich geleistet und für die Scheckeinlösungen gesorgt hatte und nachdem er damit seine Bereitschaft zur Vergleichserfüllung bewiesen habe. Die letzte Zahlung sei bei ihm wahrscheinlich in Vergessenheit geraten. Er habe sie alsbald nachgeholt. Durch die Verzögerung dieser Zahlung sei die Beklagte kaum belastet worden.

2. Diese Meinung des Berufungsgerichts greift die Revision mit Erfolg an. Ist in einem Vergleich vereinbart, dass der teilweise Erlass einer Forderung von der auflösenden Bedingung abhängt, Zahlungen an bestimmten Terminen zu leisten, so liegt in der Geltendmachung der ursprünglichen Forderung durch den Gläubiger auch bei nur geringfügigem Überschreiten des Zahlungstermins in der Regel keine treuwidrige Wahrnehmung einer formalen Rechtsposition (Senat, NJW 1980, 1043 = LM § 242 [Cd] BGB Nr. 225 = WM 1980, 215). Hier hatte die Beklagte auf einen erheblichen Teil der ihr rechtskräftig gegen den Kläger zuerkannten Forderung unter der auflösenden Bedingung verzichtet, dass die vom Kläger für den Rest der Forderung gegebenen, jeweils auf den 20. des Monats lautenden Schecks für die einzelnen Raten pünktlich eingelöst würden. Bei einer solchen Fallgestaltung ist es, ebenso wie bei einer Termins überschreitung bei der Zahlung einer fest vereinbarten Vergleichsrate, grundsätzlich verfehlt, die an den Eintritt der auflösenden Bedingung im Vergleich geknüpften Folgen über eine Anwendung von § 242 BGB wieder aufzuheben, wenn die Verhinderung des Bedingungseintritts allein im Belieben des leistungspflichtigen Teils lag und die andere Partei keinen unzulässigen Einfluss auf den Eintritt der Bedingung genommen hat (§ 162 BGB). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann nur in Frage kommen, wenn der Leistungspflichtige ohne eigenes Verschulden an der Erfüllung der ihn nach dem Vergleich treffenden Pflicht gehindert war. Dass hier der Kläger an der Nichteinlösung des letzten Schecks nicht schuldlos war, hat das Berufungsgericht festgestellt.

3. Es kommt auch nicht darauf an, dass die Beklagte durch die verspätete Zahlung des Klägers kaum belastet war, wie das Berufungsgericht meint; denn der durch eine Verfallklausel in einem Vergleich Begünstigte braucht nicht ein besonderes Interesse an der Einhaltung der Vergleichsbedingungen darzulegen (Senat, NJW 1980, 1043 = LM § 242 [Cd] BGB Nr. 225). Weiter kommt es nicht darauf an, dass nur der für die letzte Vergleichsrate gegebene Scheck nicht vereinbarungsgemäß eingelöst wurde, die anderen zehn Raten aber jeweils pünktlich durch Einlösung der Schecks bezahlt waren. Haben nämlich Parteien in einem Vergleich eine Verfallklausel dieser Art vereinbart, dann kann diese auch nicht in einem letzten Teil zur Disposition des Verpflichteten stehen.

4. Zu Unrecht bezieht sich das Berufungsgericht zur Unterstützung seiner Rechtsmeinung, hier liege eine Rechtsausübung im Übermaß vor, auf die Rechtsprechung, die bestimmte, schwerwiegende Rechtsfolgen bei nur geringfügigen Mietrückständen (RGZ 86, 334 [335]; Landgericht Berlin, NJW 1972, 1324), bei Prämienrückständen (BGHZ 21, 122 [136] = LM § 38 VVG Nr. 2 = NJW 1956, 1634) oder sonstigen geringfügigen Zahlungsrückständen (RGZ 169, 140 [143]; 152, 251 [258]), oder bei geringfügigen, die Stellung eines Versicherers nicht beeinflussenden Verletzungen der Obliegenheitspflicht durch den Versicherten (BGH, NJW 1969, 1384 [1385] = LM § 6 VVG Nr. 26 [L]; BGH, NJW 1969, 1385 = LM § 7 AVB f. KraftfVers. Nr. 18) nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht eintreten lässt. Den erstgenannten drei Fällen von Rückständen mit einer Verpflichtung ist gemeinsam, dass jeweils nur ein geringfügiger Teil der geschuldeten Leistung nicht fristgerecht erbracht worden war. Bei sanktionslos gebliebenen Verletzungen von Obliegenheitspflichten durch den Versicherungsnehmer ist von der Rechtsprechung gefordert worden, dass diese nur geringfügig seien und die Stellung des Versicherers nicht verschlechtern dürfen. Alle diese Fälle, in denen der Eintritt einer notwendigen Rechtsfolge nach dem Übermaßverbot nach Treu und Glauben als nicht geschehen betrachtet worden ist, können nicht damit verglichen werden, dass die vergleichsweise als Bedingung übernommene Pflicht, die eine termingebundene Zahlung gewährleisten soll, nicht eingehalten wird. Der Sinn solcher Regelungen ist es gerade, feste Fristen und Termine zu schaffen, durch deren Nichteinhaltung Rechtswirkungen im Sinne auflösender oder aufschiebender Bedingungen ausgelöst werden. Derjenige, der in einem Vergleich auf einen Teil seiner Forderung gegen die Zusicherung verzichtet, dass nunmehr der Restbetrag genau und pünktlich unter den festgesetzten Bedingungen an ihn gelangen würde, hat ein Interesse daran, dass nunmehr auch sein Gegner diese ausgehandelten Zahlungsbedingungen einhält. Es mag sein, dass diese Frage anders zu beurteilen wäre, wenn es sich um einen Minimalbetrag handeln würde, der aus irgendeinem Grunde von der Vergleichssumme offen geblieben ist. Hier handelte es sich aber um die gesamte letzte Rate der Vergleichssumme, die in elf Raten mit Schecks zu festen Terminen von Kläger zu bezahlen war. Wenn der Kläger die Vergleichssumme auf einmal an einem bestimmten Termin hätte zahlen müssen, dann hätte er auch nicht einen um 4% verminderten Betrag leisten können, ohne die Wirkung der vereinbarten Verfallklausel auszulösen, obwohl er auch in diesem Falle seine grundsätzliche Bereitschaft zur Vergleichserfüllung hätte erkennen lassen und im übrigen der vereinbarte Termin eingehalten worden wäre.