Vergütung Zug um Zug

Wenn der Besteller nach Abnahme des Werks die Beseitigung eines Mangels verlangen kann und er deswegen gegenüber der Klage des Unternehmers auf Entrichtung der Vergütung die Einrede nach § 320 BGB erhebt, so ist er zur Zahlung der Vergütung Zug um Zug gegen Beseitigung des Mangels zu verurteilen.

Anmerkung: Der Senat hat sich im Bauvertragsrecht zuletzt mit Fragen zu § 320 BGB in zwei Entscheidungen zu befassen gehabt. Einmal hat er in dem Urteil vom 14. 1. 1971 (BGHZ 55, 198 = Nr. 44 zu VOB Teil B) entschieden, dass dann, wenn der Schuldner ein ihm zustehendes Zurückbehaltungsrecht geltend macht, die Forderung des Gläubigers i. S. des § 291 Satz 1 Halbsatz 2 BGB nicht fällig ist. Dem Gläubiger stehen solange keine Prozesszinsen zu. In dem Urteil vom 22. 2. 1971 (BGHZ 55, 354 = vorstehend Nr. 11) hat er dann ausgesprochen, dass der Mängelbeseitigungsanspruch aus § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB (B) dem Auftraggeber gegenüber dem Werklohnanspruch des Auftragnehmers auch dann noch die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gewährt, wenn er die Gewährleistungsansprüche an Dritte abgetreten hat. An die insbesondere in der letztgenannten Entscheidung eingehend aufgezeigten Grundsätze zum Zurückbehaltungsrecht bei einem Werkvertrag konnte er nun anknüpfen, als es die Frage zu entscheiden galt, ob die nach Abnahme des Werks vom Besteller mit seinem Anspruch auf Mängelbeseitigung begründete Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 BGB) zu seiner Verurteilung Zug um Zug gegen Beseitigung der Mängel oder zur Abweisung der Klage des Unternehmers führt, weil dessen Anspruch auf die vereinbarte Vergütung z. Z. noch nicht begründet ist.

Letzteres hatte das Berufungsgericht angenommen und dabei den Standpunkt vertreten, dass trotz Abnahme des Werkes ein Fall des § 322 Abs. 2 BGB vorliege (vgl. auch Schneider, Betrieb 69, 115). Dem ist der BGH nicht gefolgt und bei der bisher stets vertretenen Ansicht geblieben, dass in einem solchen Fall der Auftraggeber zur Zahlung der Vergütung Zug um Zug gegen Beseitigung des Mangels zu verurteilen ist (vgl. insbesondere BGHZ 26, 337, 339 = Nr. 5 zu § 324 BGB; BGHZ 55, 354, 358 = vorstehend Nr. 11; Korintenberg, Erfüllung und Gewährleistung beim Werkvertrag, 1935, S. 182; IngenstauKorbion, VOB, 6. Aufl., § 13 VOB [B], Rdnr. 85). Er hat dazu auf folgendes verwiesen:

1. Die Meinung des Berufungsgerichts steht im Widerspruch zu der gesetzlichen Regelung des § 322 Abs. 1 BGB und würde praktisch dazu führen, diese Bestimmung für den Bereich des Werkvertrages außer Kraft zu setzen. § 322 Abs. 2 BGB ist im Gegensatz zu § 322 Abs. 1 BGB nur anwendbar, wenn der klagende Teil vorzuleisten hat. Das hat der Unternehmer aber nur bis zur Abnahme des Werkes. Vom Zeitpunkt der Abnahme ab sind die gegenseitigen Verpflichtungen Zug um Zug abzuwickeln. Dabei ist von besonderer Bedeutung, dass die Vorleistungspflicht des Unternehmers gemäß § 641 Abs. 1 BGB nicht nur bei Abnahme eines mangelfreien Werkes entfällt. Nach st. Rechtsprechung des Senats bedeutet die Abnahme der Werkleistung nur die Anerkennung des Werkes als eine der Hauptsache nach vertragsgemäße Erfüllung (vgl. u. a. BGHZ 48, 257, 262 = Nr. 9 zu § 638 BGB; BGHZ 50, 160, 162 = Nr. 3 zu § 4 VOB Teil B; BGHZ 54, 352, 354 - Nr. 43 zu VOB [B]).

2. Daraus, dass der Anspruch des § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB auf Mängelbeseitigung allgemein als Erfüllungsanspruch des Bestellers auf Herstellung des versprochenen Werkes angesehen wird (zu § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB [B] vgl. BGHZ 55, 354 = vorstehend Nr. 11) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Daraus folgt allein, dass dem Besteller, der die Mängelbeseitigung verlangen kann, gegenüber dem Vergütungsanspruch das Leistungsverweigerungsrecht des § 320 BGB noch nach Abnahme des Werkes zusteht, wie das in BGHZ 26, 337 = Nr. 5 zu § 324 BGB im einzelnen dargelegt worden ist.

3. Bei einer Verurteilung Zug um Zug gegen Beseitigung der Mängel kann der Unternehmer die Vergütung nur verlangen und aus einem erwirkten Zahlungstitel vollstrecken gegen Nachweis der erfolgten Nachbesserung (§ 756 ZPO). Das hat zwar zur Folge, dass sich damit die Prüfung, ob ordnungsgemäß nachgebessert worden ist, in das Vollstreckungsverfahren verlagert. Das ist aber eine zwangsläufige Folge der in § 322 Abs. 1 BGB getroffenen gesetzlichen Regelung.

4. Die im Gesetz getroffene unterschiedliche Regelung für die Zeit vor und nach der Abnahme (mit der Abnahme geht die Gefahr auf den Besteller über (§ 644 Abs. 1 BGB) - beachte jedoch die Sonderregelung für die VOB in § 7 Nr. 1 VOB (B) -, die Beweislast für die vertragsgemäße Erfüllung kehrt sich zu seinen Lasten um, weil er von nun an das Vorhandensein von Mängeln zu beweisen hat) zeigt, dass der Unternehmer nach der Abnahme in angemessener Weise besser gestellt sein soll als vorher. Dieser gesetzgeberische Zweck lässt sich aber nur durch eine Zug um Zug Verurteilung des Bestellers verwirklichen.

5. Das ist auch die sachgerechtere und bessere Lösung, weil sie die umfassendere Erledigung des Streites in einem Prozess ermöglicht. Der Besteller wird gezwungen, sein gesamtes Verteidigungsvorbringen zu konzentrieren, weil er spätere Einwendungen gegen den Anspruch des Unternehmers auf Zahlung der Vergütung nur unter den strengeren Voraussetzungen des § 767 Abs. 2 ZPO geltend machen kann.

6. Auch die Möglichkeit eines nach durchgeführter Nachbesserung etwa verbleibenden Minderwertes spricht nicht gegen eine Zug um Zug Verurteilung. Der Besteller kann seine Rechte durch eine Feststellungsklage wahren, wenn ein solcher Minderwert zu erwarten ist, dessen Höhe aber vor der durchgeführten Nachbesserung nicht bewertet werden kann.

7. Im Gegensatz zur Zug um Zug Verurteilung führt die Klageabweisung mangels Fälligkeit zu keiner Beschränkung des Verteidigungsvorbringens des Bestellers. Jede neue Klage des Unternehmers auf Zahlung der Vergütung müsste dann abgewiesen werden, wenn sich herausstellen sollte, dass die Mängel immer noch nicht vollständig beseitigt sind. Es könnte sich so eine Kette von Prozessen entwickeln. Das würde aber dem Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit widersprechen.

Gründe mit nichtamtlichem Leitsatz bei Nr. 47 a zu Allg. Geschäftsbedingungen.