Verjährung

Die Verjährung wird auch dann nach § 639 II BGB gehemmt, wenn der Unternehmer nur das Werk eines Dritten prüfen will, seine Prüfung aber objektiv auch das eigene Werk betrifft und er damit rechnen muss, dass der Besteller von ihm auch die Prüfung des eigenen Werks erwartet (im Anschluss an BGH, NJW 1964, 647 = LM § 640 BGB Nr. 1).

Zum Sachverhalt: Der kl. Verein errichtete in den Jahren 1960 bis 1964 eine Kirche. Planung und Bauleitung lagen bei dem Beklagten S (im Folgenden: der Architekt). Zeitliche Beschränkungen seiner Haftung waren nicht vereinbar. Der über eine Treppe erreichbare Eingang zur Kirche wurde als offene Halle ausgestaltet. Der Boden der Eingangshalle war als begehbares Flachdach konstruiert. Die hierfür erforderlichen Dachdecker- und Klempnerarbeiten wurden im Dezember 1963 dem Beklagten K (künftig: der Dachdecker) übertragen und von ihm noch im selben Monat ausgeführt. Die Kirche wurde am 1. 9. 1964 geweiht. Seine Schlussrechnung für das gesamte, auch andere Aufträge des Klägers umfassende Bauvorhaben erteilte der Architekt am 27. 1. 1967, und zwar aufgrund einer Besprechung, die am 12. 9. 1966 stattgefunden hatte. Schon bald nach der Fertigstellung der Kirche trat in den Räumen unterhalb der Eingangshalle Feuchtigkeit auf. Der Kläger wandte sich an den Architekten, der seinerseits den Dachdecker zur Mängelbeseitigung heranzog. Gestützt auf ein im Januar 1973 erstattetes Sachverständigengutachten hat der Kläger im Oktober 1973 Klage erhoben. Die Beklagte haben sich u. a. auf Verjährung berufen.

LG und Oberlandesgericht haben der Klage teilweise stattgeben. Die Revision hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: II. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Anspruch nicht verjährt. Der Kläger könne dem Architekten entgegenhalten, dass die Verjährung zumindest bis zum September 1972 gemäß § 639 II BGB gehemmt gewesen sei. Auch das hält den Angriffen der Revision stand.

1. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass die Verjährung eines aus Mängeln des Architektenwerks hergeleiteten Ersatzanspruchs nicht schon dann gehemmt wird, wenn der Architekt den Bauherrn bei der Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Bauunternehmer unterstützt (Senat, NJW 1964, 647 [648] = LM § 640 BGB Nr. 1; VersR 1972, 640 [641]; NJW 1978, 1311 = LM § 94 BGB Nr. 18).

2. Sodann stellt es fest, dass der Architekt bereits seit Mai 1965 mit der Prüfung und Behebung der hier in Rede stehenden Mängel befasst gewesen sei. Am 22. 3. 1966 habe der für ihn tätige Architekt K zusammen mit dem Dachdecker und Vertretern des Klägers die Schadensstelle besichtigt. Ende September 1966 hätten K und der Dachdecker zwar nach Entfernung von drei Stufen der Haupteingangstreppe gesehen, dass das Wasser oberhalb der Isolierung hinter das Kupferblech gelange und dann in das darunter liegende Mauerwerk dringe; die Mängel seien aber nicht hinreichend behoben worden. Auf Aufforderung des Klägers hätten deshalb beide Beklagten sich weiterhin um die Ermittlung der Ursachen und die Beseitigung der Schäden bemüht. Am 2. 10. 1970 hätten der vom Architekten beauftragte Architekt F und die Plattenleger gefunden, dass die Isolierung an drei Stellen nicht aufgekantet war und die Durchfeuchtung vom Oberflächenwasser stammte. Sei eine abschließende Beurteilung danach auch noch nicht möglich gewesen, so habe man doch bereits vorgeschlagen, den Plattenbelag zu entfernen und die Isolierung ordnungsgemäß bis zu seiner Oberkante hochzuführen. Noch am 20. 9. 1972 habe F mit dem Dachdecker und Vertretern des Klägers über die hier denkbaren Schadensursachen verhandelt. Der Architekt habe allerdings immer wieder den Dachdecker für den Schaden verantwortlich gemacht, so dass der Kläger sich insoweit eine Zeitlang an diesen gehalten habe. Die Parteien hätten aber die Mängel nicht übereinstimmend allein dem Dachdecker zur Last gelegt; sie hätten vielmehr damit gerechnet, dass der Architekt gleichfalls dafür einzustehen habe. Die vorgelegten Urkunden ergäben, dass der Kläger auch von ihm Ersatz verlangen wollte, sofern ihm Planungs- oder Aufsichtsfehler unterlaufen seien. Aus den Aktennotizen des Rechtsanwalts B vom 20. 9. 1972 und des Architekten F vom 10. 10. 1972 gehe nicht hervor, dass der Architekt eine Beteiligung an der Mängelbeseitigung abgelehnt habe. Eine derartige Ablehnung sei auch vorher nicht erfolgt.

3. Danach hat das Berufungsgericht jedenfalls im Ergebnis mit seiner Auffassung recht, dass die Verjährung zumindest bis zu jener Verhandlung vom 20. 9. 1972 gehemmt gewesen ist.

a) In seinem Urteil NJW 1964, 647, hat der Senat freilich betont, dass der Unternehmer sein Werk im Hinblick auf die vom Besteller gerügten Mängel überprüfen oder deren Beseitigung versuchen müsse, wenn die Verjährung nach § 639 II BGB gehemmt werden solle. Hier wäre daher zunächst zu klären gewesen, ob der Architekt bei der Prüfung der Schadensursachen auch die eigene Planung und Bauaufsicht, nicht nur das Werk des Dachdeckers und des Plattenlegers auf Mängel hin untersucht hat.

b) Das Berufungsgericht hat diese Frage zwar nicht ausdrücklich gestellt; die sie bejahende Antwort ergibt sich aber aus den von ihm getroffenen Feststellungen. Danach kamen schon seit dem 22. 3. 1966 mangelhafte Planung und Aufsicht des Architekten als vorrangige Schadensursachen in Betracht. Auch jede der sich anschließenden Ermittlungen des Architekten hätte bei folgerichtiger Beurteilung sogleich dessen eigene Fehler aufdecken müssen. Der Architekt suchte die Ursache zwar allein bei den Unternehmern; objektiv prüfte er aber - wie von ihm erwartet - sein eigenes Werk mit.

c) Das ist entscheidend. Betrifft die Prüfung objektiv auch das eigene Werk und muss der Unternehmer - hier der Architekt - damit rechnen, dass der Besteller - hier der Kläger - von ihm auch die Prüfung des eigenen Werks erwartet, so kann der Unternehmer sich nicht darauf berufen, dass er nur das Werk anderer Unternehmer - hier des Dachdeckers und des Plattenlegers - habe prüfen wollen. Die Hemmung der Verjährung wird mithin in derartig gelagerten Fällen nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Unternehmer sich - für den Besteller nicht erkennbar - auf die Prüfung solcher Mängel beschränkt, die einem Dritten zur Last gelegt werden könnten. Der fahrlässig handelnde Unternehmer würde sonst einen gegen Treu und Glauben verstoßenden Vorteil gegenüber solchen Unternehmern erlangen, die ihre Prüfungspflicht mit der gebotenen Sorgfalt erfüllen und damit in bezug auf die gegen sie selbst gerichteten Ansprüche jedenfalls eine Hemmung der Verjährung herbeiführen.

4. Auf die Frage, wann der Kläger das Werk des Architekten abgenommen hat, kommt es danach nicht mehr an. Auch wenn die Abnahme, wie die Revision meint, bereits im September 1964 erfolgt sein sollte, wäre die fünfjährige Verjährungsfrist des § 638 I BGB infolge der zumindest vom März 1966 bis zum September 1972 währenden Hemmung bei Klageerhebung im Oktober 1973 noch nicht abgelaufen gewesen.