Ausschlussfrist

LG und Oberlandesgericht haben einen auf § 51 BRAO gestützten Schadensersatzanspruch wegen Verjährung abgewiesen, weil die Kläger nicht binnen sechs Monaten nach der durch Streitverkündung eingetretenen Unterbrechung der Verjährung Klage auf Befriedigung oder Feststellung ihrer Rückgriffsansprüche erhoben hatten. Dem von den Kläger während der Frist des § 215 Abs. 2 BGB eingereichten Gesuch um Bestimmung des zuständigen Landgericht für die beiden in verschiedenen Landgerichtsbezirken wohnhaften, Beklagte und der rechtzeitig erhobenen Klage binnen drei Monaten nach Erledigung des Gesuches haben beide Instanzen keine die Verjährung unterbrechende Wirkung nach § 210 BGB beigemessen. Die Rev. führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Der Senat hat eine Anwendung des § 210 BGB auf die in § 215 Abs: 2 BGB gesetzte Ausschlussfrist für geboten gehalten. Die Frage, ob und inwieweit Vorschriften des Verjährungsrechtes dann auf Ausschlussfristen Anwendung finden müssen, wenn nicht ausdrücklich auf sie verwiesen ist, haben das RG und der BGH unterschiedlich von Fall zu Fall nach Sinn und Zweck der jeweiligen Einzelvorschrift entschieden. So hat das RG trotz der von der Rechtsprechung betonten wesensmäßigen Verschiedenheit der beiden Fristen in Bd. 142, 280, 285 angenommen, die Ausschlussfrist des § 215 Abs. 2 BGB sei dem Zusammenhang der Verjährung dergestalt eingefügt, dass es nicht gerechtfertigt erscheine, insoweit den Gegeneinwand der Arglist nur deshalb auszuschließen, weil hier der Ablauf der Verjährung durch Festsetzung einer Ausschlussfrist gefördert werde und es hat in Bd. 152, 330, 344 ausgeführt, dass beide Einrichtungen rechtsähnlich seien und im wesentlichen gleichen Zwecken dienten.

Der Senat hat erwogen, dass aus der Bezugnahme einzelner Vorschriften über die Hemmung der Verjährung in § 215 Abs.-2 BGB allenfalls ein Umkehrschluss auf die Nichtanwendbarkeit anderer die Frage der Hemmung betreffenden Vorschriften gezogen werden könne. Daraus hat sich aber kein Anhaltspunkt für die Frage ergeben, ob und gegebenenfalls welche Prozesshandlungen einer Klageerhebung im Sinne jener Vorschrift gleichzustellen sind. Diese Gesetzeslücke war unter Berücksichtigung der Interessen beider Teile nach dem Sinn und Zweck des § 215 Abs. 2 BGB zu schließen, dessen enge Begrenzung der Ausschlussfri5t und dessen Beschränkung der fristwahrenden Wirkung auf die Klageerhebung einerseits das Interesse des Anspruchsgegners an einer alsbaldigen Klärung der gegen ihn gerichteten Rechtsverfolgungsmaßnahmen deutlich machen; andererseits ist in Schrifttum und Rechtsprechung anerkannt, dass auch im Rahmen des § 215 Abs. 2 BGB einige der in § 209 Abs. 2 BGB aufgeführten Rechtsverfolgungsmaßnahmen der Klageerhebung gleichzustellen sind, so z. B. die Zustellung eines Zahlungsbefehls im Mahnverfahren. Ferner hat das RG für die gleichfalls auf sechs Monate bemessene Ausschlussfrist des § 212 Abs. 2 BGB allgemein die in § 209 Abs. 2 BGB genannten Prozesshandlungen zugelassen.

Da nun § 210 BGB für die Unterbrechung der Verjährung die Einreichung des Gesuches zur Bestimmung des zuständigen Gerichtes der Klageerhebung gleichstellt und § 210 BGB nach den Beratungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zu § 212 auf die Fälle des § 36 Nr. 6 ZPO Anwendung linden soll, bot es sich an, diese die Klage vorbereitende Maßnahme auch im Rahmen des § 215 Abs. 2 BGB einer Klageerhebung gleichzustellen, und zwar ohne Unterscheidung der verschiedenen Fälle des § 36 ZPO.

Kann der Kläger zur Zeit seiner Streitverkündung mit der Möglichkeit rechnen, dass ihm nicht der Beklagte, sondern nur der Streitverkündungsgegner hafte, so steht der Zulässigkeit der Streitverkündung nicht entgegen, dass zu diesem Zeitpunkt für einen Teil des im Vorprozess geltend gemachten Anspruchs statt einer alternativen auch eine kumulative Haftung beider in Betracht kommt.

Die alternativ in Betracht kommenden Ansprüche brauchen weder auf derselben Rechtsgrundlage zu beruhen noch ihrem sonstigen Inhalt und Umfange nach identisch zu sein. Es genügt, daB sie im Ergebnis auf dasselbe Ziel, hier: die Beseitigung desselben Schadens, gerichtet sind.

Ein Teilurteil stellt nur dann eine rechtskräftige Entscheidung im Sinne des § 215 BGB dar, wenn es den für die Streitverkündung vorgreiflichen Prozessstoff vollständig aus dem Vorprozess ausscheidet.

Anmerkung zu Leitsatz 3: Wird die Verjährung durch Streitverkündung unterbrochen, so beginnt eine neue Verjährungsfrist, sobald der Rechtsstreit rechtskräftig entschieden oder anderweit erledigt ist. Der Streitverkünder muss aber binnen 6 Monaten nach Beendigung des Prozesses Klage erheben; sonst fällt die Unterbrechung weg. Der BGH stand nun vor der Frage, ob die 6-Monatsfrist auch durch den Erlass eines Grund- oder Teilurteils in Lauf gesetzt wird.

Im Vorprozess hatte der Bauherr gegen den Isolierer auf Ersatz der Nachbesserungskosten für die Erneuerung einer fehlerhaften Mauerwerksisolierung und auf Feststellung der Ersatzpflicht für alle weiteren Kosten und Schäden geklagt, die aufgrund dieser Mängel entstehen würden. Er hatte der Maurerfirma, die die Betonsohle und die Fundamente hergestellt hatte, den Streit verkündet. Das Berufsgericht hatte ein rechtskräftiges Grundurteil über den Zahlungsanspruch gefällt und durch Teilurteil die erbetene Feststellung getroffen, da der Beton wegen mangelhafter Festigkeit als Dichtungsträger ungeeignet gewesen sei und die Isolierfirma das hätte erkennen müssen. Wegen der Kosten der Neuherstellung der Betonsohle und der Fundamente, die durch das Urteil nicht erfasst worden waren, klagte der Bauherr nunmehr gegen den Maurer. Bei Klageerhebung schwebte der Vorprozess noch im Betragsverfahren.

Dass der Erlass eines Grundurteils nicht die durch Klageerhebung unterbrochene Verjährung des eingeklagten Anspruchs neu beginnen lässt, entspricht schon der vom Schrifttum gebilligten Ansicht des RG. Wird die Verjährung nicht durch Klage, sondern durch Streitverkündung unterbrochen, so gilt nach der vorliegenden Entscheidung nichts anderes. Bevor aber die Unterbrechung endet, kann die 6-Monatsfrist des § 215 I 1 BGB nicht beginnen. Der Streitverkünder darf also warten, bis sein Anspruch auch der Höhe nach feststeht.

Hinsichtlich des Teilurteils hat der BGH die Parallele zwischen § 211 I BGB und § 215 I BGB dagegen nicht gezogen. Er geht zwar mit der gängigen Kommentarliteratur davon aus, dass das Teilurteil die Verjährungsunterbrechung für den betreffenden Teil des Anspruchs beendet. Gegenüber dem Anspruch, der im Folgeprozess gegen den Streitverkündungsgegner erhoben wird, habe das Teilurteil diese Wirkung jedoch nur, wenn es den dort vorgreiflichen Prozessstoff vollständig aus dem Vorprozess ausscheide.

Die in § 211 I BGB und § 215 I BGB geregelten Sachverhalte sind insoweit auch ganz verschieden. Wird über einen Teil des eingeklagten Anspruchs rechtskräftig entschieden, so ist der Rechtsstreit insoweit fraglos endgültig erledigt. Das Teilurteil im Vorprozess betrifft aber nicht den im Folgeprozess geltend gemachten Anspruch. Seine Bedeutung liegt vielmehr in der Beurteilung des vorgreiflichen Prozessstoffs. Ob es diesen endgültig erledigt hat, wird, wie der BGH im Einzelnen ausführt, aber oft zweifelhaft sein. Diese Unsicherheiten will das vorliegende Urteil vermeiden, ohne dabei unnötigerweise soweit zu gehen, dass es stets auf die endgültige Erledigung des ganzen Rechtsstreits abstellt.

Damit wird hier zwar die noch für das Grundurteil angenommene Übereinstimmung zwischen den Begriff der rechtskräftigen Entscheidung in § 211 I BGB und § 215 I BGB aufgegeben. Das vom BGH gefundene Ergebnis hätte sonst aber nur auf die Annahme gestützt werden können, die neue Verjährungsfrist laufe zwar bereits ab Rechtskraft des Teilurteils, die 6-Monatsfrist des § 215 II 1 BGB könne jedoch auch später beginnen. Das aber hätte für die Beteiligten zusätzliche Unsicherheiten mit sich gebracht.

Im vorliegenden Fall hat der BGH die endgültige Erledigung des vorgreiflichen Prozessstoffs - das war die Mangelhaftigkeit der Betonarbeiten - verneint, weil er in dem noch anhängigen Betragsverfahren weiterhin eine Rolle spielte. An das vollständige Ausscheiden des maßgeblichen Prozessstoffs werden danach strenge Anforderungen zu stellen sein.