Verkehrsunfall verursacht

Die Vorschrift des § 839 I 2 BGB ist nicht anwendbar, wenn ein Amtsträger bei der dienstlichen Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr jedenfalls soweit er Sonderrechte nach § 35 StVO nicht in Anspruch nimmt - schuldhaft einen Verkehrsunfall verursacht (Änderung der bisherigen Rechtsprechung).

Anmerkung: Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt (gekürzt) zu Grunde: Der Pkw des Ehemanns der Kläger stieß auf einer Landstraße mit einem auf einer Dienstfahrt befindlichen Straßenmeistereifahrzeug des beklagten Landes zusammen. Die im Pkw mitfahrende Kläger erlitt dabei Verletzungen. Ihr Ehemann und der Fahrer des beklagten Landes verursachten den Unfall fahrlässig zu gleichen Teilen. Die Schmerzensgeldklage der Kläger hatte in sämtlichen Rechtszügen Erfolg.

I. 1. Der III. ZS geht davon aus, dass der Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes (§ 847 BGB) nur nach den Vorschriften über die Amtshaftung (§ 839 BGB, Art. 34 GG) zustehen kann.

Insoweit (Anwendung der Amtshaftungsnormen) bestätigt er seine ständige Rechtsprechung (vgl. BGHZ 42, 176 [179]) = LM vorstehend Nr. 15). Bereits in dem in BGHZ 42, 176 = LM vorstehend Nr. 15 beurteilten Berufungsurteil hatte das dortige BerGer. die Teilnahme eines Amtsträgers am allgemeinen Verkehr in Dienstausübung haftungsrechtlich schlechthin aus jedem Zusammenhang mit der Aufgabenwahrnehmung, in deren Rahmen die Teilnahme am allgemeinen Verkehr erfolgt, herauslösen wollen; es hatte diese Tätigkeit in keinem Fall mehr als in Ausübung eines öffentlichen Amtes angesehen und die haftungsrechtlichen Folgen von Pflichtwidrigkeiten insoweit nicht mehr nach den besonderen Amtshaftungsbestimmungen (§ 839 BGB/Art. 34 GG), sondern nach den allgemeinen Normen der §§ 823 ff. BGB beurteilt.

Der III. Zivilsenat ist dieser Auffassung bereits in BGHZ 42, 176 = LM vorstehend Nr. 15 in eingehenden Ausfuhrungen (S. 177-180) entgegengetreten. Jetzt begründet der Senat diese Auffassung unter Bezug auf diese frühere Entscheidung kurz. Er sieht bei der jetzigen Regelung der Amtshaftung bewusst davon ab, in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung die Ausübung eines öffentlichen Amtes enger zu verstehen (BGHZ 68, 217 [218/219]). Die Akzente sind vielleicht etwas anders gesetzt: Für ihn ist jetzt ersichtlich entscheidend, dass bei einer Abkehr von dieser Rechtsprechung an die Stelle der Amtshaftung die persönliche Haftung des Beamten nach allgemeinen deliktsrechtlichen Grundsätzen (§§823ff. BGB) träte, diese Rechtsfolge aber mit zum Teil ungewissen, jedenfalls Rechtsunsicherheit erzeugenden weiteren Auswirkungen in anderen Bereichen (Fragen zu Art. 34 GG, einer Entlastungsmöglichkeit des Staates oder der sonstigen Anstellungskörperschaft nach § 831 1 2 BGB, einer Freistellung des persönlich haftenden Amtsträgers durch die Anstellungskörperschaft und eines Versicherungsschutzes für den Amtsträger) verbunden sei. Auf den vier Seiten der Begründung in BGHZ 42, 176 ff. klingt dieser Gedanke Seite 178 ab Mitte an, während den weiteren Raum dort andere (systematische/begriffliche) Erwägungen einnehmen.

Zu beachten ist, dass nach der jetzigen Argumentation zu § 839 I 2 BGB in dieser Gruppe (Teilnahme am Straßenverkehr) - siehe unten - es weniger denn je selbstverständlich ist, die verletzten Pflichten als Amtspflichten im Sinne des § 839 BGB und nicht als in § 823 BGB sanktionierte Pflichten zu qualifizieren (siehe Staatshaftungsgesetz vom 26. 6. 1981 - BGBl I, 553 zu § 17, insbesondere Abs. 2 Nr. 2). Der Senat hat diesen Weg - wie bereits ausgeführt - bewusst vermieden. Die Folge wäre gewesen, dass der Beamte (im haftungsrechtlichen Sinn) ohne den Schutz des Art. 34 GG gestanden hätte, ein (Neben-)Ergebnis, das sicherlich den Intentionen des Gesetzgebers widersprochen hätte. Anders als der Gesetzgeber kann die Rechtsprechung, konnte der Senat nicht sich daraus ergebende rechtspolitisch unerwünschte Folgen vermeiden, indem diese zugleich durch zusätzliche Normierungen geregelt werden.

2. Der Senat geht weiter davon aus, dass hier die Voraussetzungen von § 839 BGB Art. 34 GG erfüllt sind.

II. Der Schwerpunkt der Entscheidung liegt, wie bereits der Leitsatz zeigt, in einem anderen Punkt, nämlich in der Anwendung des § 839 I 2 BGB ( Verweisungsklausel).

1. Das Berufungsgericht hatte angenommen, der Kläger stehe keine andere Ersatzmöglichkeit zu, weil es ihr nach den besonderen Umständen nicht zuzumuten sei, ihren Ehemann auf Schadensersatz (Schmerzensgeld) in Anspruch zu nehmen. Diese Frage hält der Senat hier nicht für erheblich, weil er schon aus anderen Gründen den Schadensersatzanspruch der Kläger nicht davon abhängen lässt, dass sie nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag (Verweisungsklausel, Subsidiaritätsklausel): Er hält diese Vorschrift für nicht anwendbar, wenn ein Amtsträger bei der dienstlichen Teilnahme am Straßenverkehr durch seine Pflichtwidrigkeit Körperschäden und/oder Sachschäden verursacht.

2. Damit hält der Senat an seiner früheren Rechtsprechung zur Anwendung der Verweisungsklausel in diesem Bereich nicht fest, siehe u. a. BGHZ 42, 176 [181] = LM vorstehend Nr. 15. Dort hatte der Senat noch sehr vorsichtig gesagt: Mag diese Bestimmung bei mancherlei Fallgestaltungen auch heute nicht mehr stets zu sachgerechten Ergebnissen fuhren, mag sie deshalb auch mit einer gewissen Berechtigung als antiquiert bezeichnet werden (vgl. Scheuner, DÖV 1955, 545 [548] ...), und mag eine Gesetzesreform insoweit notwendig erscheinen, ... so ist der Richter doch nicht befugt, dem Gesetz von sich aus die Beachtung zu versagen; vgl. auch BGHZ 61, 101 = LM § 1359 BGB Nr. 4.

Mit der hier besprochenen Entscheidung beginnt die Rechtsprechung des III. ZS die seit langem kritisierte sog. Verweislingsklausel des § 839 I 2 BGB einer ausdrücklichen Restriktion zu unterziehen. Schon vorher war ein restriktives Verständnis der Verweisungsklausel zu beobachten (Leistungen des Arbeitgebers aufgrund des Lohnfortzahlungsgesetzes: BGHZ 62, 380; Leistungen nach § 31 BVG: BGHZ 62, 394, s. Zusammenstellung i.e. bei Eßer, DRiZ 1981, 370).

a) Zu der hier beginnenden Änderung der Rechtsprechung zur Anwendung der Verweisungsklausel sei, nachdem unterdessen eine gewisse Konsolidierung eingetreten ist, darauf hingewiesen, dass der Senat unterdessen in zwei Bereichen diese Vorschrift für nicht anwendbar hält:

Einmal im Bereich des Straßenverkehrs. Die hier besprochene Entscheidung BGHZ 68, 217; Urteil vom 15. 3. 1979 - 111 ZR 140/77 = NJW 1979, 1602 = LM vorstehend Nr. 33, die der Senat in diese Gruppe - Teilnahme am Straßenverkehr - einordnet mit der Bemerkung, dieser Grundsatz gelte auch bei Fehlen eines Zweitschädigers, dagegen dahinstehen lässt, ob der Anspruch des geschädigten Kindes gegen den Unfallversicherer als anderweiter Ersatz anzusehen ist; Urteil vom 28. 9. 1978 - III ZR 203/74 = VersR 1979, 348 und Beschluss vom 22. 5. 1980 - III ZR 121/79 = LM § 839 (Fk) BGB Nr. 5 = VersR 1980, 939 und Urteil vom 30. 10. 1980 - III ZR 132/ 79 = LM NATO-Truppenstatut/ZA Nr. 3 = NJW 1981, 681: Angehörige der Stationierungsstreitkräfte bei dienstlicher Fahrt mit einem Militärfahrzeug, für das die deutschen Zulassungsvorschriften grundsätzlich nicht gelten. Zu dieser Fallgruppe rechnet der Senat auch Personen- und Eigentumsverletzungen im Zusammenhang mit der Verletzung der Straßenverkehrssicherungspflicht, sofern sie als Amtspflicht in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit ausgestaltet ist (BGHZ 75, 134 = LM nachstehend Nr. 38 c und dortige Anm.). Dazu weiter: Urteil vom 29. 11. 1979- III ZR 154/78 = VersR 1980, 282; Urteil vom 10. 7. 1980- III ZR 58/79 = LM § 823 [Ea] BGB Nr. 64 = NJW 1980, 2194; Urteil vom 30. 10. 1980 - III ZR 80/79 = LM vorstehend Nr. 37 = NJW 1981, 682 und - III ZR 116/79 = LM vorstehend Nr. 38 = VersR 1981, 335.

Zum andern die Fallgruppen, in denen der an sich nach § 839 BGB/ Art. 34 GG anspruchsberechtigte Geschädigte einen Anspruch auf Schadensausgleich durch Versicherungsleistungen hat, und zwar - so unterdessen - gegenüber einem Sozialversicherungsträger (SVT) oder einem Privatversicherer. Siehe Urteil vom 10. 11. 1977-111 ZR 79/75 = BGHZ 70, 7 = LM nachstehend Nr. 38b und dortige Anm. (französische Unfallversicherung); Urteil vom 20. 11. 1980- III ZR 122/79 = BGHZ 79, 26 = NJW 1981, 623 (gesetzliche Krankenversicherung); Urteil vom 20. 11. 1980- III ZR 31/78 = BGHZ 79, 35 = NJW 1981, 626 (private Krankenversicherung).

b) Zu der hier besprochenen Entscheidung BGHZ 68, 217 (Teilnahme am Straßenverkehr):

aa) Vorweg ist daran zu erinnern, dass das mit dieser Entscheidung begründete Verständnis des § 839 I 2 BGB im Bereich des Straßenverkehrs teilweise schon bisher zu einer haftungsrechtlichen Gleichbehandlung der für den Amtsträger haftenden Körperschaft mit anderen Haftpflichtigen geführt hat: Die ersatzpflichtige Körperschaft kann den Ersatzberechtigten nicht auf eine Halterhaftung der öffentlichen Hand verweisen. Als Kraftfahrzeughalterin steht sie anderen Haftpflichtigen gleich: Der Geschädigte braucht nicht andere Ersatzmöglichkeiten zuerst zu suchen; mit anderen Ersatzpflichtigen haftet sie als Gesamtschuldnerin; sie ist mit anderen Ersatzpflichtigen im Innenverhältnis einander nach § 17 StVG zum Ausgleich entsprechend ihren Verantwortungsanteilen verpflichtet.

Damit war aber nach der bisherigen judikatur die Verweisungsklausel in den nicht geringen Fällen der Haftung im Straßenverkehr noch von Bedeutung, in denen die Haftungshöchstgrenzen des StVG überschritten sind und insbesondere in denen Schmerzensgeld gefordert wird.

bb) Nach der jetzigen Auffassung des Senats widerspricht die Verweisungsklausel - ebenso wie andere gesetzliche Haftungsprivilegien - einem tragenden haftungsrechtlichen Grundsatz im Straßenverkehr, der sich seit der Einfuhrung des Gesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. 5. 1909 (RGBl I 437) zunehmend zu einem eigenständigen Haftungssystem entwickelt hat: Nämlich dem Grundsatz der haftungsrechtlichen Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer. Einen gesetzlichen Niederschlag für diesen Grundsatz erblickt der Senat in § 636 1 RVO (und bereits früher im Gesetz über die erweiterte Zulassung von Schadensersatzansprüchen bei Dienst- und Arbeitsunfällen vom 7. 12. 1943- RGBl 1, 674) - gesetzlicher Vorrang der haftungsrechtlichen Gleichbehandlung der Verkehrsteilnehmer vor dem unfallversicherungsrechtlichen Ausschluss der Unternehmerhaftung. Das Urteil weist ferner auf die (neuere) in die gleiche Richtung weisende Judikatur des BGH zu den Haftungsprivilegien des Ehepartners (§ 1359 BGB) und des Gesellschafters (§ 708 BGB) hin (vgl. BGHZ 46, 313 [317ff.] = LM §708 BGB Nr. 1; BGHZ 53, 352 [353ff.] = LM § 1359 BGB Nr. 3; BGHZ 61, 101 [104ff.]) = LM § 1359 BGB Nr. 4). Dem wird der Grundsatz entnommen: Im Straßenverkehr mit seinen gleichen Sorgfaltsanforderungen an alle Verkehrsteilnehmer kann ein auf persönlichen Beziehungen beruhender milderer Haftungsmaßstab keine Geltung beanspruchen.

Der Senat hält den Vorrang der haftungsrechtlichen Gleichbehandlung vor dem Verweisungsprivileg des § 839 I 2 BGB sachlich gerechtfertigt durch den Umstand, dass Rechte und Pflichten im Straßenverkehr für alle Verkehrsteilnehmer gleich sind: Die Amtspflichten des Amtsträgers als Teilnehmer am Straßenverkehr (Beachtung der zum Schutz der Verkehrsteilnehmer bestehenden Verkehrsregeln) stimmen mit den Sorgfaltspflichten jedes anderen Verkehrsteilnehmers überein, der Schutzzweck dieser Amtspflichten entspricht der Schutzfunktion der Verkehrsregeln im allgemeinen Recht der unerlaubten Handlungen.

An einem Sachgrund für die Anwendung des § 839 I 2 BGB im Ordnungsbereich des Straßenverkehrs fehlt es somit. Das Urteil erwähnt - ersichtlich bewusst unbetont -, dass der ursprüngliche Zweck der Verweisungsklausel, die Entschlussfreude des Beamten bei Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben zu stärken, trete ohnehin zurück, wenn der Amtsträger wie jeder andere Verkehrsteilnehmer den für alle gültigen Verkehrsregeln unterworfen sei und insoweit den anderen Verkehrsteilnehmern gleichstehe.

cc) Zu erwägen ist auch, wie - auf der Grundlage des soeben skizzierten Grundsatzes - § 839 I 2 BGB die Interessen des Geschädigten und eines Mitschädigers (Zweitschädiger) berührt:

Auf den ersten Blick wird der Geschädigte allerdings nicht beeinträchtigt; denn er erhält Ersatz entweder vom anderen Schädiger oder von der haftpflichtigen Körperschaft. Trotzdem sind auch Nachteile für ihn nicht zu übersehen: Er muss zunächst den u. U. zeitraubenden und kostspieligen Versuch unternehmen, eine andere Ersatzmöglichkeit zu verwirklichen (vgl. Bender, Staatshaftungsrecht 2. Aufl. Rdnr. 113). Zudem muss er es (anders als andere Geschädigte) hinnehmen, dass von ihm und von anderen zu seinen Gunsten bezahlte Versicherungen sich im Ergebnis zugunsten des Schädigers auswirken.

Wesentlicher ist die Auswirkung für einen Mitschädiger (Zweitschädiger): Das bisherige Verständnis der Verweisungsklausel ließ ihn nicht nur gegenüber dem Geschädigten allein haften. Vielmehr wurde ihm auch ein Ausgleich gegenüber der öffentlichen Hand verwehrt. Er hatte endgültig den gesamten Schaden zu tragen ohne Rücksicht darauf, welchen Teil er neben dem Amtsträger zur Rechtsgutverletzung beigetragen hat (hier übrigens in gleicher Höhe, aber auch dann wenn der Zweitschädiger nur zu einem geringen, der Amtsträger aber zu einem ganz überwiegenden Bruchteil zum Unfall beigetragen hat).

Eine solche Belastung anderer im Bereich des Verkehrshaftpflichtrechts bedürfte einer besonderen Rechtfertigung (vgl. besonders zu diesem Gesichtspunkt: Keuk, AcP 168, 175 [192]; Waldeyer, NJW 1972, 1249 [1251]; Futter, Die Subsidiarität der Amtshaftung 1974 S. 56; Ruland, VSSR 1975, 92 [102ff]; ders. BayVBl 1976, 581 [583]). Einen derartigen Sachgrund sieht der Senat nicht. Ausdrücklich lehnt er hierzu den fiskalischen Gesichtspunkt ab, die haftende Körperschaft zu entlasten.

dd) Das Urteil weist zum Abschluss auf folgendes hin und spricht damit die Frage der Kompetenz fiir diese Änderung der Rechtsprechung an: Die Verweisungsklausel ist auf die besonderen Rechtsbeziehungen des Amtsträgers und der Körperschaft, in deren Dienst er steht, zum Bürger zugeschnitten. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bei ihrer Schaffung die Entwicklung des Straßenverkehrsrechts zu einem Ordnungsbereich mit eigenständigem Haftungssystem nicht vorausgesehen hat, auch nicht voraussehen konnte. Die inzwischen eingetretenen Veränderungen lassen keinen Raum mehr flir ihre Anwendung bei Teilnahme eines Amtsträger am Straßenverkehr. Daher - so der Senat - ist das Fehlen eines Sachgrundes für die Anwendung der Verweisungsklausel in diesem Bereich nicht nur für eine Reform des Staatshaftungsrechts zu beachten, vielmehr schon im Rahmen des geltenden Rechts maßgeblich.

III. Zusätzlich ist noch folgendes zu bemerken:

1. Im Leitsatz ist in Parenthese gesetzt„-jedenfalls soweit er Sonderrechte nach § 35 StVO nicht in Anspruch nimmt-. In den Entscheidungsgründen ist verdeutlicht, dass der Senat damit die Rechtslage bei Inanspruchnahme von Sonderrechten nach § 35 StVO dahingestellt lassen und nicht etwa ausdrücken will, dass er diese Gestaltung anders beurteilen will. Bisher ist der Senat in dieser Frage zu einer Stellungnahme nicht gezwungen gewesen.

2. Sieht man die Begründungen der neueren Urteile durch, die zur Restriktion der Verweisungsklausel ergangen sind, so findet man eine deutliche (gewollte) Zurückhaltung gegenüber dem Argument (vgl. BGHZ 68, 217, 222 zu 2b) cc) a.E.): dieser Klausel liege die Erwägung des Gesetzgebers zugrunde, der Beamte solle nicht durch eine allzu große Haftungsgefahr ängstlich und unentschlossen gemacht werden (Mugdan Prot. S. 1154/ 6 und RG Recht 11 Nr. 1747). Sicher ist nicht zu verkennen, dass dieser

Sachgrund deshalb sehr fraglich geworden, wenn nicht entfallen ist, weil (und soweit) die Haftung des Beamten nach dem 1.1. 1900 durch die öffentliche Hand übernommen worden ist (Art. 34 GG, früher Art. 131 WeimVerf., bereits vorher reichs- und landesgesetzliche Regelungen), auf den Beamten unterdessen nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit zurückgegriffen werden kann (Art. 34 S. 2 GG).

Die Zurückhaltung zur Verwendung dieses Arguments ist kaum dahin zu verstehen, dass der Senat diesen Sachgrund nicht gesehen und auch so gewertet hat. Näher liegt die Annahme, dass dafür andere Gesichtspunkte maßgebend waren. Einmal ist der Senat erkennbar in kleinen und mäßigen Schritten im Bereich dieser Rechtsentwicklung vorgegangen - wie es ihm bei der Rechtsfortbildung durch die Judikatur geboten erschien - mit der Folge, dass zunächst für diese (die jeweilige) Fallgruppe spezifische Gründe herangezogen wurden. Zudem wäre bei einem Abstellen auf den erwähnten zentralen Gesichtspunkt zunächst für die meisten Fallgruppen die Verweisungsklausel ausgeschaltet und das Anliegen entstanden, nun wieder Ausnahmen, d. h. Rücknahmen zu statuieren, ein Weg, der sich bei einer Rechtsentwicklung durch die Rechtsprechung meist nicht empfiehlt. Hinzukommt, dass bei einer solchen weitgehenden Korrektur die Frage der Kompetenz (Gesetzgeber!) erheblich schwerer wiegt.

Damit ist nicht ausgeschlossen, dass hier - betrachtet man die Quantität und Qualität der von der Verweisungsklausel ausgenommenen Fallgruppen - wie bei derartigen Rechtsfortbildungen nicht selten am Ende in einer Gesamtschau die mehr punktuelle durch eine generelle Sicht und Begründung ergänzt oder gar ersetzt wird.

3. Es sei darauf hingewiesen, dass die Reduktion der Verweisungsklausel diese nicht praktisch bedeutungslos macht.

a) Sie hat Bestand, wenn sie dem Beamten in den Fällen zugute kommt, in denen eine Staatshaftung nach § 34 GG nicht eintritt (BGB-RGRK Kreft, Rdnr. 24 ff; vgl. BGHZ 76, 375 = LM Art. 14 [Ce] GrundG Nr. 57 und BGHZ 76, 387).

b) Abgesehen von den unterdessen durch die Rechtsprechung ausgeklammerten Bereichen hat der III. ZS die Verweisungsklausel nicht in Frage gestellt. Allerdings sei auf ein doppeltes aufmerksam gemacht:

Einmal findet sich - wenig beachtet - in BGHZ 68, 217 [220] für die Restriktion des § 839 I 2 BGB als Voraussetzung, wenn ein Amtsträger bei der dienstlichen Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr durch seine Pflichtwidrigkeit Körperschäden und/oder Sachschäden verursacht. Ob damit gesagt sein soll, dass sonst, d. h. bei (primären) Vermögensschäden die Verweisungsklausel Bestand hat, sei dahingestellt. Jedenfalls brauchte der Senat darüber in dem zu beurteilenden Sachverhalt nicht zu befinden. Die Bedeutung einer etwaigen Einschränkung bei dieser Fallgruppe (Teilnahme am Straßenverkehr) wäre allerdings gering: Bei Amtspflichtverletzungen im Bereich des Straßenverkehrs werden kaum Sachverhalte vorkommen, in denen primär (nur) Vermögensschäden eintreten.

Andererseits kann man die Frage aufwerfen, ob die in BGHZ 68, 217 im Bereich des Straßenverkehrs bejahte Restriktion des § 839 I 2 BGB nicht über diese Fallgruppe hinaus überall dort anzuerkennen ist, in denen auch ein allgemeiner Deliktstatbestand erfüllt ist. Anders: Ob der Verweisungsklausel nur dort noch Bedeutung beizumessen ist, wo zwar § 839 BGB, aber nicht ein allgemeiner Deliktstatbestand erfüllt ist (z. B. fahrlässige Vermögensbeschädigung). Tragender Sachgrund für eine solche Auffassung könnte sein, dass insoweit dem Geschädigten gegenüber dem Amtsträger/der öffentlichen Hand mehr an Anspruch gewährt wird als gegenüber einem anderen Schädiger, und der Anspruch deshalb durch die Verweisungsklausel beschränkt ist. Uni Missverständnisse zu vermeiden: etwas derartiges hat der III. ZS bisher nicht tragend ausgesprochen. 4. Von Interesse ist auch die Frage, welche Folgen die Änderung der höchst- richterlichen Rechtsprechung hat. Im Urteil vom 18. 10. 1979- IIlZR 137/78 = LM Finanzvertrag Nr. 50 = NJW 1980, 883 hat der III. ZS ausgesprochen, dass ein Geschädigter an einem unanfechtbaren, unterdessen aber nach der geänderten Rechtsprechung unrichtigen Festsetzungsbescheid nach dem Finanzierungsvertrag vom 30.3. 1955 (BGBl II, 301 [381]) jedenfalls fur die Zukunft nicht festgehalten werden kann, sofern nicht ganz unerhebliche Rentenleistungen noch ausstehen, die geleisteten Zahlungen den Schadensfall also noch nicht abschließend geregelt haben.