Verkehrswert

Die Neufassung des §3 Abs. 1 BauGB-MaßnahmenG 1993 zeigt eine 4. Parallele zum früheren § 24 Abs. 1 Nr.2 BBauG, der nicht in das BauGB 1986 übernommen wurde. Danach erfasste das Vorkaufsrecht u. a. alle Grundstücke im Bereich eines Bebauungsplanaufstellungsbeschlusses; es konnte aber erst ausgeübt werden, wenn der Verwendungszweck des Grundstücks mit ausreichender Sicherheit bestimmbar war, was nach der Rechtsprechung die Planreife des Bebauungsplans nach § 33 voraussetzte. Das neue Vorkaufsrecht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 BauGB-MaßnahmenG 1993 umfasst u. a. ebenfalls Grundstücke im Bereich eines planreifen Bebauungsplans nach § 33 BauGB. Der Unterschied zur früheren Regelung des BBauG liegt in der Beschränkung des Vorkaufsrechts auf unbebaute Wohnbaugrundstücke. §3 Abs. 3 BauGB-MaßnahmenG 1990 regelt die Ausübung zum Verkehrswert. Die Vorschrift enthält Elemente des früheren §28a BBauG, der eine generelle, freilich auch umstrittene Preislimitierung vorsah. Da sie nach Ansicht des Gesetzgebers ein Fremdkörper im System des BBauG war, wurde sie 1986 nicht in das BauGB übernommen. In § 28 Abs. 3 BauGB findet sich lediglich die im Grundsatz bereits in § 28 a BBauG enthaltene Regelung für Grundstücke mit öffentlicher Zweckbestimmung, die auch enteignet werden konnten. Nach der neuen Vorschrift bemißt sich der von der Gemeinde zu zahlende Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks im Zeitpunkt des Verkaufsfalls, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert in einer dem Rechtsverkehr erkennbaren Weise deutlich überschreitet. Die Ausübung zum Verkehrswert löst ein uneingeschränktes Rücktrittsrecht des Verkäufers aus. Der wesentliche Unterschied zum früheren § 28 a BBauG besteht - neben der Beschränkung der Preislimitierungsmöglichkeit auf die Fälle des § 3 Abs. 1 BauGB-MaßnahmenG - darin, dass der Kaufpreis den Verkehrswert deutlich überschreiten muss. Neu ist gegenüber dem früheren § 28 a BBauG eine Vereinfachung des Verfahrens, ferner, dass die Gemeinde dem Verkäufer die Differenz zwischen vereinbartem Kaufpreis und Verkehrswert zu erstatten hat, wenn sie das durch die Ausübung des Vorkaufsrechts erworbene Grundstück nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung verfolgten Zweck zugeführt hat. Mit dem neuen, durch das BauGB-MaßnahmenG 1993 eingefügten Abs. 4 übernahm der Gesetzgeber Elemente des früheren § 27 BBauG, dessen Anwendungsbereich allerdings wesentlich weiter reichte. Abs. 4 regelt die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten eines Dritten, die in eng begrenzten Fällen bereits nach § 28 Abs. 4 BauGB zulässig ist. Die neue Vorschrift erweitert diese Möglichkeit für die Vorkaufsfälle des § 3 Abs. 1 BauGB-MaßnahmenG, um unnötige Zwischenerwerbsvorgänge durch die Gemeinde zu vermeiden. Neben der nur einmal anfallenden Grunderwerbssteuer können Zwischenfinanzierungskosten gespart werden. Die Ausübung des Vorkaufsrechts setzt voraus, dass das Grundstück einer Nutzung für sozialen Wohnungsbau oder der Wohnbebauung für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf zugeführt werden soll und der Begünstigte in der Lage ist, das Grundstück binnen angemessener Frist entsprechend zu bebauen, wozu er sich verpflichten muss. Für das Verfahren gelten die Absätze 2 und 3 entsprechend, d. h. insbesondere, dass die Gemeinde das Vorkaufsrecht auch zugunsten des Dritten zum Verkehrswert ausüben muss, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert deutlich überschreitet. Erfüllt der Dritte seine Verpflichtung nicht, soll die Gemeinde die angestrebte Nutzung dadurch erzwingen, dass sie nach den Grundsätzen der Rückenteignung die Rückübertragung des Grundstücks an sich oder einen Bauwilligen verlangt. Die Gemeinde haftet gegenüber dem Verkäufer gesamtschuldnerisch neben dem Dritten für die Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag und hat außerdem bei nicht fristgerechter Nutzung des Grundstücks dem Verkäufer die Differenz zwischen Kaufpreis und festgesetztem Verkehrswert zu zahlen.

Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB-MaßnahmenG sind auf das neue Vorkaufsrecht § 25 Abs. 2, die §§ 26 und 27 Abs. 1, § 28 Abs. 1, 2, 5 und 6 und § 89 BauGB entsprechend anzuwenden. Gegen Verwaltungsakte nach den Absätzen 3 und 4 ist nur der Rechtsweg vor den Baulandgerichten gegeben. Für Verwaltungsakte nach Abs. 2 gilt die allgemeine Regelung. Für das Verhältnis des neuen Vorkaufsrechts zu den übrigen 4! gemeindlichen Vorkaufsrechten gilt nach §3 Abs. 2 Satz 2 BauGBMaßnahmenG 1993 folgendes: Die Vorkaufsrechte nach den §§24 und 25 bleiben unberührt. Umgekehrt ist das neue Vorkaufsrecht nicht anwendbar in städtebaulichen Entwicklungsbereichen und in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten, in denen die Anwendung der §§ 152 bis 156 BauGB nicht ausgeschlossen ist. Die Überleitungsvorschrift des § 12 BauGB-MaßnahmenG 1993 be- 51 stimmt, welche Gesetze jeweils für die Vorkaufsfälle aus der Zeit vor dem 1.6. 1990, bis 30.4.1993 und bis 31. 12.1997 anzuwenden sind.