Verschulden bei Vertragsschluss

Eine Gemeinde kann wegen Verschuldens bei Vertragsschluss haften, wenn sie bei Verhandlungen über den Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages, der auf eine enge Zusammenarbeit mit einem Verband der freien Wohlfahrtspflege bei dem Bau und dem Betrieb von Einrichtungen der Altenpflege angelegt ist, den anderen Teil nicht auf Bedenken gegen die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens hinweist.

Zum Sachverhalt: Der Kläger, ein Verband der freien Wohlfahrtspflege, verlangt von der beklagten Stadt den Ersatz von Kosten, die er für den geplanten Bau eines Sanatoriums vergeblich aufgewendet hat. Die Parteien schlossen nach längeren Vorverhandlungen, in die auch der Architekt des Klägers eingeschaltet war, am 18. 7. 1968 einen schriftlichen Vertrag. Darin erklärte sich die Beklagten gemäß Beschluss ihrer Stadtverordnetenversammlung vom 21. 5. 1968 grundsätzlich bereit, dem Kläger ein ca. 10000 qm großes, am Rande ihrer Kurparks gelegenes Gelände im Erbbauwege auf die Dauer von 99 Jahren gegen Zahlung eines symbolischen Erbbauzinses zu überlassen. Der Kläger verpflichtete sich in dem Vertrag, zur Ausnutzung des Erbbaurechts auf den Grundstücken ein Altenheim mit 94 Plätzen und ein Altenpflegeheim mit 40 Plätzen sowie ein Sanatorium mit etwa 40 Betten und ferner eine Frauenfachschule für medizinisch-technische Assistentinnen zu errichten und zu betreiben. Der Kläger gab die vertragliche Zusage, diese Verpflichtungen nach Maßgabe eines noch abzuschließenden Erbbaurechtsvertrages bis spätestens zum 31. 12. 1971 zu erfüllen und räumte der Beklagten das Recht ein, einen Teil des Alten- und des Altenpflegeheims zu belegen. Die Beklagte sagte ihrerseits vertraglich zu, sich an den Baukosten für das Alten- und Altenpflegeheim mit einem festen Betrag von 1250000 DM zu beteiligen. Das fragliche Gelände war in dem bei Vertragsabschluss gültigen Flächennutzungsplan 1960 als Grünland ausgewiesen. Ein Bebauungsplan war damals für dieses Gelände nicht aufgestellt. Der Grundbesitz liegt in unmittelbarer Nähe von Heilquellen. Durch Vertrag vom 24. 5. 1968 beauftragte der Kläger einen Architekten mit allen Architektenaufgaben für den Neubau des Gesamtprojekts einschließlich der Innenausstattung und Einrichtung. Ferner schloss der Kläger am selben Tag mit einem anderen Architekturbüro einen Baubetreuungsvertrag für den Gesamtkomplex ab. Mit notariellem Vertrag vom 27. 9. 1968 bestellte die Beklagten dem Kläger ein Erbbaurecht bis zum 31. 12. 2068 zu einem jährlichen Erbbauzins von 10 DM. Zugleich verpflichtete sich der Kläger, die im Vertrag vom 18. 7. 1968 genannten Einrichtungen mit den angegebenen Platz- und Bettenzahlen zu errichten und bis zum 31. 12. 1971 in Betrieb zu nehmen. Als der Kläger 1969 erfuhr, dass Beschränkungen der beabsichtigten Baumaßnahmen wegen Erfordernissen des Quellenschutzes möglich und wahrscheinlich sein würden, erklärte er sich mit der Änderung des Erbbaurechtsvertrages einverstanden und reichte einen Bauantrag für das Altenheim und Altenpflegeheim ein. Ohne Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erteilte die Beklagten 1970 die Baugenehmigung für dieses Vorhaben, das im November 1972 fertig gestellt wurde. Während dieses Vorhaben noch lief, beschloss der Magistrat der Beklagten 1972, in einer Änderung des Flächennutzungsplanes die fraglichen Grundstücke als Sondergebiet ausweisen zu lassen. Die Stadtverordnetenversammlung beschloss dementsprechend am 20. 4. 1972 die Änderung des Flächennutzungsplanes und einen Bebauungsplan, der die Gesamtkonzeption des Klägers berücksichtigte, und ferner am 11. 7. 1972 als Voraussetzung für die Genehmigung des Bauvorhabens die Einholung eines amtlichen Gutachtens zum Quellenschutz. Zwischenzeitlich hatte der Kläger am 19. 5. 1972 einen Bauantrag für das geplante Sanatorium eingereicht, und erklärte sich nach Einholung eines Gutachtens zu dem Bebauungsplan unter Berücksichtigung des Heilquellenschutzes 1973 bereit, eine Umplanung vorzunehmen, die die Bedenken des Gutachters berücksichtigte. In einer daraufhin am 30. 1. 1973 durchgeführten Besprechung der Parteien wurde Einigkeit darüber erzielt, dass der Kläger zunächst eine förmliche Bauvoranfrage wegen des Sanatoriums einreichen solle, die dann dem zuständigen Regierungspräsidenten zusammen mit dem Bebauungsplanentwurf gemäß §§ 33, 36 BBauG vorgelegt werden sollte. Mit Beschluss vom 13. 3. 1973 billigte die Stadtverordnetenversammlung das geänderte Bauvorhaben des Kläger Diesem wurde empfohlen, alsbald eine förmliche, die Gesichtspunkte des Quellenschutzes berücksichtigende Bauvoranfrage vorzulegen, die dann jedoch im Oktober 1973 abschlägig beschieden wurde, weil inzwischen der Regierungspräsident Flächennutzungs- und Bebauungsplan wegen durch die Gebietsreform bedingter Verfahrensmängel ungenehmigt zurückgegeben hatte und eine Baugenehmigung nach § 34 BBauG nicht in Aussicht gestellt werden könne. In diesem Stadium erörterten die Parteien den Plan, das Alten- und Altenpflegeheim durch einen Anbau zu erweitern in der Hoffnung, dass die Stadtverordnetenversammlung einen neuen Flächennutzungsplan unter dieser Einschränkung eher zustimmen würden. Mit Beschlüssen vom 14. 2. 1974 und 10. 5. 1975 lehnte die Stadtverordnetenversammlung indessen eine Änderung des Flächennutzungsplanes ab und beschloss, dass das vorgesehene Baugebiet weiterhin als Grünfläche auszuweisen sei.

Der Kläger begehrt aus dem Gesichtspunkt der Vertragsverletzung und der Amtshaftung Ersatz der für die Planung des Sanatoriums vergeblich aufgewendeten Auslagen für den Architekten, den Baubetreuer, den Statiker, den Verfasser der Pläne für die Be- und Entwässerungsanlagen sowie die Heizungs- und Lüftungsanlagen nebst weiteren Einzelkosten. Hilfsweise stützt er die Klage darauf, dass ihm nutzlose Mehraufwendungen für im Altenheim vorgenommene Einbauten, die zugleich dem geplanten Sanatorium hätten dienen sollen, entstanden seien. Er hat beantragt, die Beklagten zur Zahlung von 449038,24 DM nebst Zinsen zu verurteilen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr in Höhe von 61084,53 DM nebst Zinsen stattgegeben.

Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung und Zurückverweisung, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt worden war.