Versicherungsvertrag

Die Entscheidung des Berufsgerichts über den Anspruch des Klägers auf Erstattung der Differenz zwischen dem Neuwert und dem Zeitwert der beschädigten Einrichtungsgegenstände ist frei von Rechtsfehlern zum Nachteil der Beklagte Nach den dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Besonderen Bedingungen für die Feuer-, Einbruchs-, Diebstahl- und Leitungswasserversicherung von Geschäftsbetrieben erwirbt der Versicherungsnehmer den Anspruch auf den dem Zeitwertschaden übersteigenden Teil der Entschädigung nur, wenn er Gebäude wiederhergestellt, sonstige Sachen wiederbeschafft oder die Wiederbeschaffung sichergestellt hat. Unterbleibt die Wiederherstellung oder die Wiederbeschaffung, gleichviel aus welchem Grund innerhalb einer Frist von drei Jahren nach dem Versicherungsfall, so beschränkt sich der Entschädigungsanspruch auf den Zeitwertschaden. Nach der Auffassung des Berufungsgerichts sind die bedingungsmässigen Voraussetzungen des Anspruchs auf Neuwertentschädigung jetzt nicht mehr gegeben, weil inzwischen seit dem Versicherungsfall mehr als drei Jahre verstrichen sind. Die Beklagte könne sich jedoch im vorliegenden Fall auf den Ablauf der Dreijahresfrist nicht berufen, weil sie selbst den Kläger durch ihr eigenes Verhalten an der Einhaltung der vereinbarten Frist gehindert habe. Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsirrtum erkennen. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ist auf allen Rechtsgebieten, demnach auch gegenüber der Berufung auf Klauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen zulässig. Er kann noch nicht einmal durch Individualvereinbarungen, geschweige denn durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ausgeschlossen werden. Wenn der Ausdruck gleichviel aus welchem Grund dahin zu verstehen wäre, dass damit dem Versicherungsnehmer auch die Berufung auf den das ganze Rechtsleben beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben verwehrt sein soll, wäre die Klausel insoweit nichtig. Als unzulässige Rechtsausübung kann sich die Berufung auf Ausschlussfristen insbesondere dann darstellen, wenn der Berechtigte durch das Verhalten des Verpflichteten an der Fristwahrung gehindert worden ist. So war es hier. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, hat die Beklagte bis Dezember 1973 jegliche Ersatzpflicht geleugnet. Sie hat dann zwar schriftsätzlich erklärt, dass sie auch den Anspruch auf Ersatz des Neuwertschadens dem Grunde nach nicht mehr bestreite. Bereits zwei Monate später hat sie jedoch die Ersatzpflicht hinsichtlich der Differenz zwischen Zeit- und Neuwert erneut in Abrede gestellt, diesmal mit der Begründung, die Dreijahresfrist sei verstrichen. Wie das Berufungsgericht weiterhin in tatsächlicher Hinsicht feststellt, war es dem Kläger bei seiner finanziellen Lage nicht möglich, ohne sichere Aussicht auf eine ausreichende Brandentschädigung die abgebrannte Gaststätte oder ein vergleichbares Lokal neu zu errichten. Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, dass sie, solange die strafrechtliche Untersuchung gegen den Kläger lief, gemäß § 17 AFB zur Aufschiebung der Zahlung berechtigt war. Die Berufung auf eine Ausschlussfrist kann auch dann gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn der Berechtigte durch ein Verhalten des Verpflichteten, das diesem nicht zum Vorwurf gereicht, an der rechtzeitigen Wahrnehmung seiner Rechte gehindert war. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend erkannt, dass das für den Kläger durch das Verhalten der Beklagte gesetzte Hindernis erst in dem Augenblick wegfällt, in dem die Entschädigungspflicht zum Neuwert rechtskräftig festgestellt wird; denn erst damit erlangt der Kläger die sichere Aussicht auf eine ausreichende Brandentschädigung. Ihm musste daher eine angemessene, vom Zeitpunkt der Rechtskraft des Feststellungsausspruchs an laufende Nachfrist zur Wiederbeschaffung der Gaststätteneinrichtung eingeräumt werden. Fehlerhaft war es jedoch, wenn das Berufungsgericht geglaubt hat, es müsse die Nachfrist auf den gleichen Zeitraum wie die Frist selbst, also auf drei Jahre erstrecken. Kann sich der Verpflichtete nach Treu und Glauben auf den Ablauf einer Ausschlussfrist nicht berufen, weil der Berechtigte an der Wahrung der Frist gehindert war, so beginnt mit dem Wegfall des Hindernisses die Frist nicht erneut zu laufen. Dem Berechtigten muss vielmehr lediglich ausreichend Zeit zur Nachholung der versäumten Handlung gegeben werden. Wenn es um die Wiederherstellung einer zerstörten Gaststätte geht, muss allerdings eine geräumigere Nachfrist gewährt werden als in den Fällen, in denen lediglich die rechtzeitige Klageerhebung versäumt wurde. Keinesfalls benötigt aber der Kläger eine Nachfrist von drei Jahren; seinen Interessen ist ausreichend Genüge getan, wenn ihm zur Erfüllung der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Besonderen Bedingungen eineinhalb Jahre zugebilligt werden.

Die Revision meint, es sei auf jeden Fall fehlerhaft gewesen, dass das Berufungsgericht die Zusatzentschädigung schon jetzt auf 40115,60 DM festgesetzt habe. Es habe verkannt, dass der Versicherungsnehmer den Anspruch auf Neuwertentschädigung nur erwerbe, wenn und soweit er wiederbeschaffe. Hierbei übersieht die Beklagte, dass nach dem im Berufungsurteil enthaltenen Feststellungsausspruch die Beklagte nur dann zur Zahlung von 40115,60 DM verpflichtet ist, wenn der Kläger innerhalb von drei Jahren nach Rechtskraft des Urteils eine Gaststätteneinrichtung wiederbeschafft oder die Wiederbeschaffung sicherstellt, welche der durch Brand zerstörten vergleichbar ist.