Verstöße

Zur Frage, ob es zulässig ist, aus wichtigem Grunde einen Vertrag wegen Verstößen gegen einen anderen, zwischen denselben Parteien bestehenden Vertrag zu kündigen, den angeblich verletzten Vertrag aber aufrechtzuerhalten.

Aus den Gründen: Mit Recht wendet sich die Rev. aber dagegen, dass das Berufungsgericht die Kündigung des Pachtvertrages als wirksam ansieht, obgleich der Kläger am Generalvertrag weiter festhält. Wenn der Kläger den Generalvertrag nicht gekündigt habe, so zeige das, trägt die Rev. vor, dass er trotz der behaupteten Vertragsverstöße der Beklagte die Fortsetzung dieses Vertrages für zumutbar halte. Dann aber sei es ihm auch zumutbar, am Pachtvertrag festzuhalten, der für sich allein weit weniger vertrauensvolle Zusammenarbeit erfordere als der Generalvertrag.

Das Berufungsgericht geht, wie ausgeführt wurde, rechtlich unangreifbar, davon aus, dass die im Generalvertrag begründete Verpflichtung zu vertrauensvoller Zusammenarbeit wegen der Bezugnahme hierauf im Pachtvertrag auch für diesen gilt. Dann aber können Verstöße gegen den Generalvertrag nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Pachtvertrages gesehen werden. Führen solche Verstöße dazu, dass wegen Zerstörung der Vertrauensbasis die Fortsetzung des Pachtverhältnisses dem Kläger nicht mehr zuzumuten ist, so muss dasselbe erst recht für den unmittelbar verletzten Generalvertrag gelten.

Nach Auff. des BO ist es nicht möglich, ein Pachtverhältnis nur hinsichtlich eines Teiles der Pachtgegenstände aufzulösen, es im Übrigen aber fortzusetzen, weil der Verpächter insoweit nicht kündigt. Das BO nimmt einen Wegfall des Kündigungsrechts mit der Begründung an, es sei nicht denkbar, dass die Frage der Zumutbarkeit ohne Rücksicht darauf entschieden werden könne, dass an dem Zusammenarbeiten der Parteien durch die Teilkündigung nichts geändert werde.

Der vom BO entschiedene Sachverhalt unterscheidet sich zwar vom vorliegenden dadurch, dass dort ein einheitliches Pachtverhältnis über verschiedene Pachtgegen- stände vorlag, das der Verpächter nur teilweise beenden wollte. Gleichwohl treffen die jener Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen auch den vorliegenden Fall.

Der Kläger hat während des gesamten Rechtsstreits die Kündigung aus wichtigem Grunde vor allem darauf gestützt, der Pachtvertrag habe der Verwirklichung der Ziele des Generalvertrages, nämlich der Förderung des Thermalbades F. gedient, und deshalb seien Verletzungen des Generalvertrages wie Verletzungen des Pachtvertrages zu behandeln. Der Kläger hat diese Auff. auch hinsichtlich einer ganzen Reihe von Vorfällen vertreten, die nichts mit dem Pachtverhältnis, sondern nur mit dem Generalvertrag zu tun haben wie beispielsweise die angeblichen Unzuträglichkeiten in der von der Beklagte betriebenen Thermalwasser-Freibadeanstalt oder die angeblich ungerechtfertigten Erhöhungen der Kurmittel- und Freibadepreise.

Wird die Zerstörung des für den Pachtvertrag wesentlichen Vertrauensverhältnisses damit begründet, der Beklagte habe den Generalvertrag allein oder jedenfalls zusammen mit dem Pachtvertrag verletzt, so kann die daraus gefolgerte Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung folgerichtig für den Generalvertrag nicht verneint werden. Deshalb wäre vom Berufungsgericht in erster Linie besondere Sorgfalt bei der Prüfung geboten gewesen, ob die angebliche Unzumutbarkeit wirklich vorliegt, obgleich der Kläger den Generalvertrag fottsetzen will. Keinesfalls kann die Frage der Zulässigkeit der auf einen Vertrag beschränkten Kündigung ohne Rücksicht auf Treu und Glauben beantwortet werden. Insbesondere kann es nicht hingenommen werden, dass der Kündigende sich der ihm lästigen Ver- tragsverpflichtungen entledigt und nur seinen Vertragspartner an den diesen drückenden Verbindlichkeiten festhält.

Gerade so liegt es indessen hier. Nach Auflösung des Pachtvertrages und der damit verbundenen Beseitigung der Verpflichtung des Klägers zur Gewährung von Gebrauch und Nutzung des KMH. blieben im Ergebnis nur noch Verpflichtungen der Beklagte bestehen. Nach § 3 des Generalvertrages ist sie nach wie vor dem Kläger gegenüber zur Abgabe einer bestimmten Menge Thermalwasser an andere Kurbetriebe und zur preislichen Beschränkung beim Thermalwasserverkauf verpflichtet. Nach § 4 hat sie auch in Zukunft an den Kläger 20% der Brutto-Einnahmen aus dem Thermalwasserverkauf zur Verfügung zu stellen. Demgegenüber fallen die Verpflichtungen des Klägers aus § 5 des Generalvertrages zur Anlegung von Wasser- und Abwasserleitungen und zur Schaffung von Straßen, soweit sie inzwischen nicht bereits erfüllt sind, als Vertragspflichten des- halb nicht ins Gewicht, weil es sich dabei um Aufgaben handelt, die der Kläger auf Grund seiner Satzung ohnehin wahrzunehmen hat. Die in § 1 Abp. 2 und 3 sowie § 2 des Generalvertrages geregelten gegenseitigen Konsultationspflichten sind unerheblich. Sie werden unstreitig seit Jahren weder vom Kläger noch von der Beklagte in Anspruch genommen bzw. erfüllt.

Bei dieser Sachlage ist es dem Kläger nicht gestattet, nur den für ihn unzumutbar gewordenen Pachtvertrag zu kündigen, den gleichfalls unzumutbaren, ihm jedoch günstigen Generalvertrag fortzusetzen.