Vertanem Urlaub

Wird bei einem Klinikaufenthalt in landschaftlich reizvoller Gegend zwar der mit der stationären Behandlung bezweckte Heilerfolg erreicht, ist aber durch Störungen bei der Unterbringung die zugleich erhoffte und mit angestrebte Erholung ausgeblieben, kann der Patient gleichwohl nicht Schadensersatz wie bei vertanem Urlaub fordern.

Anmerkung: Das Urteil bringt eine notwendige Ergänzung zu den Grundsatzentscheidungen BGHZ 63, 98 = LM vorstehend Nr. 37 und BGHZ 77, 116 = LM vorstehend Nr. 55 über den Schadensersatzanspruch wegen vertaner Urlaubszeit.

Der Beklagten hatte sich im Jahre 1977 zur stationären Behandlung eines Leidens an der Halswirbelsäule in die im Allgäu gelegene Fachklinik der Kläger begeben. Gegen die medizinischen Leistungen hatte er nichts einzuwenden. Unzufrieden war er dagegen mit der Unterbringung. Er beanstandete, dass der Innenausbau des Gebäudeteils, in dem sich sein Zimmer befand, noch nicht fertig gestellt gewesen sei. Die ständigen Bauarbeiten hätten zu einer empfindlichen Lärm-, Geruchs- und Rauchbelästigung geführt. Dadurch sei - bei an sich erfolgreicher Behandlung seiner Beschwerden an der Halswirbelsäule - die in erster Linie beabsichtigte Erholung ausgeblieben. Wegen des somit vertanen Klinikaufenthalts hat er im Wege der Widerklage von der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 4000 DM verlangt. Das Landgericht hat die Widerklage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Beklagten das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Die Revision der Klägerin führte zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Der BGH hebt zunächst hervor, dass er an seiner bisherigen Rechtsprechung zum vertanen Urlaub festhält, solange und soweit es nicht möglich ist, auf die am 1. 10. 1979 in Kraft getretene Regelung des § 651 f II BGB zumindest in entsprechender Anwendung zurückzugreifen. Der zur Behandlung einer Erkrankung erforderliche stationäre Klinikaufenthalt ist aber einem Erholungsurlaub nicht gleichzusetzen, auch dann nicht, wenn mit dem Aufenthalt in der Klinik als Nebenwirkung bis zu einem gewissen Grad Erholung erstrebt wird.

Bei der klinischen Heilbehandlung stehen medizinische Leistungen im Vordergrund. Das gilt auch dann, wenn sich - wie es im Streitfall war - das Krankenhaus in einer reizvollen, häufig zu Urlaubszwecken aufgesuchten Gegend befindet und die Krankenzimmer wesentlich wohnlicher als sonst üblich ausgestattet sind. Auch dann geht es vorrangig um die Genesung des Patienten und nicht um seine Erholung, was nicht immer dasselbe ist. Die Annehmlichkeiten, die sonst bei einem Urlaub zur Erholung beitragen können, werden nur nebenher in die gesamte Betreuung mit einbezogen. Sein Gepräge erhält der Krankenhausaufnahmevertrag aber durch die ärztliche Versorgung. Andernfalls würden die Krankenkassen die Kosten eines solchen Aufenthalts schwerlich tragen. Auch der Beklagten hatte Leistungen seiner Krankenkasse in Anspruch genommen.

Wird in einem derartigen Fall der mit der stationären Behandlung bezweckte medizinische Erfolg erreicht, ist der Klinikaufenthalt nicht nutzlos gewesen, die dafür aufgewendete Zeit also nicht vertan, selbst wenn die zugleich erhoffte und mit angestrebte Erholung ausgeblieben ist. Ein darauf gegründeter Schadensersatzanspruch scheidet daher aus. Das bedeutet nicht, dass der Patient überhaupt keinen Anspruch gegen die Klinik hätte, wenn sie durch mangelhafte Leistungen der Unterbringung oder schuldhafte Verletzung anderweitiger vertraglicher Pflichten die neben der Heilbehandlung erstrebte Erholung vereitelt oder wesentlich beeinträchtigt hat. Er kann nur nicht Schadensersatz wie bei vertanem Urlaub fordern.

Der BGH hat in seiner Rechtsprechung zum Reiserecht wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass in aller Regel Mängel der Reiseleistungen den Urlaub als solchen nicht - auch nicht teilweise - als vertan erscheinen lassen. Die Mängel sind vielmehr meist durch Minderung der Vergütung oder durch Schadensersatzzahlungen auszugleichen, die dem Wertunterschied zwischen der versprochenen und der erbrachten Leistung entsprechen.. Erst wenn der Zweck des Urlaubs gänzlich oder doch in sehr erheblichem Umfang verfehlt wird, ist eine Herabsetzung des Reisepreises als Schadensausgleich unzureichend. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn der hauptsächliche Vertragszweck, die Heilung oder Linderung eines bestimmten Leidens, erreicht und nur Erholung in gewissem Umfang als erstrebte Nebenwirkung durch Störungen beim Klinikaufenthalt ausgeblieben ist. Dann genügt zum Ausgleich der geltend gemachten Leistungsmängel eine Herabsetzung der Vergütung. Hier hatte die Klinik dem dadurch Rechnung getragen, dass sie auf den täglichen Aufpreis von 40 DM für ein Einbettzimmer in der ersten Pflegeklasse verzichtet hat. Das reichte den Umständen nach aus.