Verträge im Namen der GmbH

Der Beklagte hat die Verträge im Namen der GmbH abgeschlossen. Indessen ist in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt, dass auch ein Vertreter für ein Verschulden bei Vertragsverhandlungen jedenfalls dann haften kann, wenn er wirtschaftlich selbst stark an dem Vertragsabschluss interessiert ist und aus dem Geschäft eigenen Nutzen erstrebt oder in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat. Die Feststellung des Berufsgericht, dass der Beklagten als Alleingesellschafter und Geschäftsführer der auf die Holzlieferungen angewiesenen GmbH an den Geschäften mit der Kläger wirtschaftlich stark interessiert gewesen sei, wird von der Revision nicht angegriffen und lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

Auch die Ansicht des Berufsgericht, der Vertreter einer GmbH, die Kredit und damit das Vertrauen des Vertragspartners in Anspruch nimmt, könne im Einzelfall verpflichtet sein, den Gegner über die maßgebenden Umstände des Kreditbedarfs aufzuklären, steht in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ist zu billigen. Zwar ist ein Käufer in der Regel nicht verpflichtet, dem Geschäftspartner seine Vermögenslage und Kreditwürdigkeit zu offenbaren. Anders liegt es jedoch, wenn der Vertragspartner - wie im Falle des Warenkredits - vorleistet und der Vertreter der GmbH weiß oder wissen muss, dass die GmbH die begründeten Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann. Hier gebieten die schutzwürdigen Belange des Vertragsgegners

- jedenfalls im vorliegenden Falle einer langjährigen Geschäftsbeziehung - eine Aufklärung über die wirtschaftliche Bedrängnis des Käufers, weil dieser Umstand den Vertragszweck zu vereiteln geeignet ist. Die Berufung auf die alleinige Haftung der GmbH stellt dann einen Missbrauch der rechtlichen Selbständigkeit der Gesellschaft dar.

Das Berufsgericht geht davon aus, dass eine Aufklärungspflicht des Beklagten jedenfalls dann bestand, wenn - für ihn erkennbar - die GmbH in einem Ausmaß überschuldet war, das dies Zahlungsunfähigkeit zur Folge haben musste. Weitergehend muss sogar eine Pflicht zur Offenbarung für den Geschäftsführer einer GmbH, die Kredit in Anspruch nimmt, immer dann bejaht werden, wenn die Gesellschaft - erkennbar

- überschuldet oder zahlungsunfähig ist. Denn über das Vermögen der GmbH findet das Konkursverfahren außer in dem Falle der Zahlungsunfähigkeit auch in demjenigen der Überschuldung statt. Der Geschäftsführer ist dann unter den Voraussetzungen des § 64 I 1 GmbHG verpflichtet, die Eröffnung des Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu beantragen. Dies zeigt die bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit gegebene besondere Gefährdung der Vertragsdurchführung, die eine Offenbarungspflicht rechtfertigt.

Die Revision rügt aber zu Recht, dass das im ersten Rechtszug eingeholte Sachverständigengutachten und das auf ihm fußende angefochtene Urteil eine Überschuldung der GmbH zum Ende des Jahres 1976 und damit eine Erkennbarkeit dieses Zustandes für den Beklagten zum Zeitpunkt des August 1977 nicht fehlerfrei festgestellt haben.

Eine Überschuldung der GmbH liegt vor, wenn ihr Aktivvermögen die Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Davon geht auch der Sachverständige zutreffend aus. Im Folgenden hält sich das Gutachten aber nicht an die selbst gestellte Frage. In einem Überschuldungsstatus sind auf der Aktivseite alle im Falle alsbaldiger Konkurseröffnung als Massebestandteile verwertbaren Vermögenswerte - wobei hier dahinstehen kann, ob sie nach Liquidations- oder Fortführungswerten einzusetzen sind - denjenigen Verbindlichkeiten auf der Passivseite gegenüberzustellen, die Konkursforderungen begründen können. Zwar ist die Feststellung der Überschuldung im Einzelnen strittig und in der Praxis oft schwierig. Das von dem Landgericht eingeholte Sachverständigengutachten genügt den Anforderungen aber schon in den Grundsätzen nicht. Bereits seine Definition des Vermögensbegriffes als Fähigkeit des Unternehmens, durch eigene Leistungen und den Absatz dieser betrieblichen Leistungen Erträge zur Abdeckung der Schulden zu erbringen, begegnet Bedenken. Zwar soll nach einer im Schrifttum vorgeschlagenen Prüfungsmethode der Ermittlung der rechnerischen Überschuldung eine Fortbestehensprognose folgen, bei der auch die Finanz- und Ertragslage des Unternehmens Berücksichtigung finden kann. Dem muss jedoch - wovon auch die Parteien in der Revisionsinstanz ausgehen - immer eine Feststellung der rechnerischen Überschuldung der GmbH zugrunde liegen, also die Verneinung der Frage, ob das Vermögen der GmbH die aus haftendem Kapital zu begleichenden Verbindlichkeiten noch deckt. Daran fehlt es in dem Gutachten des Sachverständigen. Die als goldene Bilanzregel bezeichnete Gegenüberstellung des Anlagevermögens einerseits und des Eigen- und langfristigen Fremdkapitals andererseits ersetzt dies ebenso wenig wie der folgende Vergleich der Warenschulden und kurzfristigen Verbindlichkeiten mit den flüssigen Mitteln und den Warenforderungen der GmbH. Der letztere Vergleich, der mit der Feststellung endet, dass die kurzfristigen Verbindlichkeiten am 31. 12. 1976 nur zu rund 73% durch flüssige Mittel und kurzfristige Forderungen abgedeckt waren, lässt auf der Passivseite die Kundenanzahlungen und das Darlehen der Volksbank, auf der Aktivseite insbesondere das Anlagevermögen und den Wert der unfertigen Arbeiten außer Betracht und besagt damit - wie die Revision zu Recht beanstandet - wohl etwas über die Liquidität, aber nichts über die Überschuldung der GmbH. Dass Teile des Anlagevermögens bereits zum Bilanzstichtag, wie es der Beklagten für den Zeitpunkt des Antrages auf Konkurseröffnung vorgetragen hat, sicherungsübereignet waren, hat das Berufsgericht nicht festgestellt.

Auch die abschließenden Betrachtungen des Sachverständigen ermöglichen die vom Berufsgericht getroffene Feststellung nicht: Wenn das Gutachten meint, dass auch durch den in der Zeit vom 1. 1. 1977 bis 14. 2. 1978 eingetretenen weiteren Verlust in Höhe von über 125000 DM die Überschuldung der GmbH bewiesen werde, so rechtfertigt dies die Annahme des Berufsgericht, der Beklagten habe jedenfalls bei Vorliegen der Bilanz im August 1977 das Ausmaß der Überschuldung erkennen können, solange nicht, wie nicht geklärt war, in welchem Umfang die weiteren Verluste bereits zu diesem Zeitpunkt eingetreten waren. Die mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen bestätigen, dass er für die Feststellung einer im August 1977 erkennbaren Überschuldung die in den Jahren 1977 und 1978 eingetretenen Verluste für wesentlich gehalten hat, obwohl die Höhe der bis August 1977 entstandenen Verluste nichtaufgeklärt worden ist.

Vor allem die vom Berufsgericht unterlassene Berücksichtigung der unfertigen Arbeiten, deren Wert die Bilanz zum 31. 12. 1976 mit 145000 DM angibt, lässt aufgrund des vorliegenden Zahlenmaterials eine hinreichend sichere Feststellung der Überschuldung nicht zu. Der hierauf bezogene Vortrag des Beklagten ist verfahrensfehlerhaft übergangen worden. In der Einrichtung der Bilanz und dem unter Beweis gestellten Vortrag, das Sachverständigengutachten habe zu Unrecht einen in der Differenz zwischen den unfertigen Arbeiten und den Kundenanzahlungen bestehenden Vermögenswert außer Ansatz gelassen, lag eine hinreichend substantiierte Behauptung, zu der sich der Sachverständige auch bei der mündlichen Verhandlung vom 16. 11. 1980 nicht geäußert hat. Wenn das Berufsgericht insoweit von dem Beklagten eine Darlegung erwartete, nach welchen Grundsätzen die unfertigen Arbeiten bewertet worden seien, bleibt ungeklärt, ob die Überprüfung der in der Bilanz genannten Zahlen dem Sachverständigen nicht bereits aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen möglich gewesen wäre.

Die weitere Begründung des angefochtenen Urteils, der Wert der unfertigen Arbeiten könne keine Erhöhung des vom Sachverständigen dargelegten Liquiditätsgrades begründen, ist unzutreffend, soweit damit zugleich die Feststellung der Überschuldung gerechtfertigt werden soll.